Flugzeugkatastrophe in Moskau

Ermittler werten Flugschreiber aus

Foto: epa/Russian Investigative Committee
Foto: epa/Russian Investigative Committee

MOSKAU (dpa) - Warum mussten 41 Menschen in einer Maschine auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo sterben? Spekuliert wird über Fehler der Piloten. Es gibt viele offene Fragen.

Nach der Flugzeugkatastrophe mit 41 Toten in Moskau dauert die Suche nach der Ursache für den Brand der Maschine an. Eine Regierungskommission müsse die technischen Aspekte der Tragödie untersuchen und Konsequenzen ziehen, sagte Ministerpräsident Dmitri Medwedew am Dienstag in Moskau. Experten werten nun die Daten der Flugschreiber aus, die bei dem Unglück stark beschädigt worden seien, teilte das russische Zwischenstaatliche Luftverkehrskomitee mit. Experten spekulieren über die Gründe für die Katastrophe.

Die Maschine der Fluggesellschaft Aeroflot war am Sonntagabend auf ihrem Weg nach Murmansk im Norden des Landes kurz nach dem Start wegen technischer Probleme zum Moskauer Flughafen Scheremetjewo zurückgekehrt. Beim Landeanflug prallte der Suchoi Superjet-100 mehrfach auf den Boden und ging in Flammen auf. Nur 37 Menschen konnten sich retten, darunter die Piloten.

Die Ermittler gehen bei der Suche nach Unglücksursache verschiedenen Möglichkeiten nach. Untersucht werde, ob die Piloten und das technische Personal ausreichend qualifiziert gewesen seien, hieß es beim staatlichen Ermittlungskomitee zuvor. Geprüft würden auch mögliche technische Ursachen an der Maschine sowie Wettereinflüsse. Die Rede war von einem Blitzeinschlag. Über Teile der russischen Hauptstadt war zum Unglückszeitpunkt ein kurzes Unwetter gezogen.

Der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag) zu möglichen Ursachen für den Brand, denkbar sei, dass sich durch die Wucht der Landung ein Teil des eigenen Fahrwerks gelöst und den Tank beschädigt haben könnte.

«Unter Piloten sagt man: Harte Landungen sind sichere Landungen, weil die Maschine dann auf dem Boden bleibt.» Für ihn stelle sich aber eine Frage, sagte Schellenberg: «Hat die Besatzung die Passagiere korrekt auf die bevorstehende Notlandung vorbereitet?»

Die russische Tageszeitung «Kommersant» hatte unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet, die Passagiere im hinteren Teil der Maschine seien bei dem Aufprall verletzt worden und hätten sich nicht allein aus dem brennenden Flugzeug retten können. Auch sei die Feuerwehr erst spät an der Unglücksstelle eingetroffen.

Nach dem Start hatte es Probleme bei der Funkverbindung gegeben. Der Pilot sagte russischen Medien, er habe den Superjet dann im Havariemodus steuern müssen. Feuer gefangen habe das Flugzeug erst nach der Bruchlandung.

Ein russischer Passagierverband forderte, dass sich im Notfall die oberen Gepäckablagen in Flugzeugen nicht mehr öffnen lassen sollten. Damit wolle man erreichen, dass Passagiere sich und andere schneller retten könnten, schrieb die Zeitung «Iswestija». In sozialen Medien häuften sich nach dem Unglück Berichte, wonach Fluggäste anderen den Weg zu den Notausgängen versperrten. Sie sollen sich lieber um ihre Rucksäcke, Handtaschen und Köfferchen in den Ablagen gekümmert haben.

Zur Klärung der Ursache wollen die Ermittler nun Überwachungskameras und mit Handys gedrehte Videos von Augenzeugen und Passagieren auswerten. Nach dem Unglück waren viele Videos von der brennenden Maschine im Internet zu sehen gewesen. Weil die Maschine vor dem Flug voll mit Treibstoff gefüllt war, brannten große Mengen Kerosin.

Zehn Verletzte wurden auch am Dienstag in Krankenhäusern wegen Verbrennungen, Rauchgasvergiftungen oder Prellungen behandelt. Drei von ihnen seien schwer verletzt worden, sagte Transportminister Jewgeni Ditrich. Medizinisch betreut würden auch die vier Besatzungsmitglieder. Ein Flugbegleiter war ums Leben gekommen.

Die Hinterbliebenen erhalten Ditrich zufolge insgesamt 9 Millionen Rubel (rund 123.000 Euro), darin inbegriffen sind bereits angekündigte Zahlungen von Aeroflot von 5 Millionen Rubel.

Unterdessen ist der Flughafen Scheremetjewo zum regulären Betrieb zurückgekehrt. Die Ermittlungen am Unfallort selbst sind nach Angaben des Airports abgeschlossen. Der Suchoi Superjet-100 sei zu einem abgelegenen Parkplatz auf dem Gelände des Flughafens gebracht worden. Somit stünden wieder zwei Start- und Landebahnen bereit.

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