​Debatte um Tennis-Gleichberechtigung

Ausstellung der Roland-Garros-Trophäen in der Herren- und Damen-Einzelkategorie während des French-Open-Tennisturniers in Roland Garros in Paris. Foto: epa/Teresa Suarez
Ausstellung der Roland-Garros-Trophäen in der Herren- und Damen-Einzelkategorie während des French-Open-Tennisturniers in Roland Garros in Paris. Foto: epa/Teresa Suarez

PARIS: Ein Finale kurz vor Mitternacht, ungleiches Preisgeld, eine kleinere Torte: Mehrere Vorfälle befeuern vor den French Open die Frage der Gleichberechtigung im Tennis. Eine Legende beschwichtigt.

Die Dauer-Debatte um Gleichberechtigung im Tennis wird kurz vor Beginn der French Open neu entfacht. Gleich mehrere Vorfälle in nur gut zwei Wochen befeuern die Frage, welche Wertschätzung die Spielerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen erhalten. Und auch im Stade Roland Garros wird von Sonntag an genau beobachtet, ob die Damen trotz gleichen Preisgelds wirklich auf gleichem Niveau behandelt werden.

Die beiden hochklassig-besetzten Turniere in Madrid und Rom vor dem Sandplatzklassiker in Paris «waren ein Fiasko für das Damentennis», schimpfte die amerikanische Legende und 21-malige Grand-Slam-Doppelturniersiegerin Pam Shriver gerade auf Twitter. «Es gibt keine Entschuldigungen, aber viele Gründe für diese Fiaskos.»

In Rom mussten die Finalistinnen Jelena Rybakina und Anhelina Kalinina erst am späten Samstagabend auf den Platz. Nach den beiden Herren-Halbfinals und mehreren Regenunterbrechungen den Tag über verloren sich nach Mitternacht nur noch wenige Zuschauer auf der Tribüne. Dass im Gegensatz zu den vier Grand-Slam-Turnieren Sieger Daniil Medwedew & Co. mehr als doppelt so viel Preisgeld kassierten, obwohl beide Turniere der vergleichbaren Kategorie angehören, sorgte ebenso für deutliche Kritik bei den Spielerinnen.

«Es ist wirklich frustrierend», sagte Wimbledon-Finalistin Ons Jabeur aus Tunesien der «New York Times» in Rom dazu. «Es ist Zeit für einen Wandel.» Im vergangenen Jahr berechnete die «Financial Times», dass abseits der Grand-Slam-Turniere auf der Herren-Tour insgesamt 75 Prozent mehr Preisgeld ausgeschüttet wird.

In Rom haben die Organisatoren für 2025 eine Angleichung versprochen. Für die gesamte Damen-Tour hat die organisierende WTA dies als langfristiges Ziel formuliert. WTA-Chef Steve Simon begründet die aktuellen Unterschiede mit der höheren Bewertung des Herren-Tennis am Werbemarkt und bei den TV-Rechten. «Es ist immer noch ein langer Weg, aber wir sehen einen Fortschritt.»

Doch auch kleinere Zeichen als das ganz große Geld erzürnen die Spielerinnen. Als in Madrid die Finalistinnen nach dem Doppelfinale nicht wie sonst üblich ihre Worte an das Publikum richten durften, räumten die Organisatoren anschließend einen «Fehler» ein.

Ein Foto von Lokalmatador Carlos Alcaraz vor einer mehrstöckigen Geburtstagstorte neben dem Bild der belarussischen Weltranglisten-Zweiten Aryna Sabalenka mit einem deutlich kleineren Exemplar, das sie ebenfalls von den Organisatoren erhalten hatte, kommentierte deren belarussische Kollegin Viktoria Asarenka: «Die Behandlung könnte nicht besser getroffen werden.» Turnierdirektor Feliciano López begründete den Unterschied, dass Alcaraz ja auf dem Centre Court in Spanien gewonnen habe. Auch der Däne Holger Rune habe sich über eine kleinere Torte gefreut.

Trotz der Beispiele sieht zumindest Boris Becker im Tennissport keinen Aufholbedarf bei der Gleichbehandlung von Spielerinnen und Spielern. «Wenn wir die anderen Sportarten anschauen, sind wir fast Vorreiter, was die Gleichberechtigung angeht. Bei den meisten großen Turnieren gibt es gleiche Preisgelder, auch die Spielansetzungen sind fast identisch», sagte der 55 Jahre alte Eurosport-Experte. «Grundsätzlich gesehen, ist Tennis ein Beispiel dafür, wie Gleichberechtigung im Sport funktioniert.»

Diese Aussage wird auch bei den French Open auf dem Prüfstand stehen. Im Vorjahr sah sich Turnierdirektorin und Ex-Weltklassespielerin Amelie Mauresmo zu einer Entschuldigung genötigt, nachdem sie Damentennis als weniger interessant als Herrentennis bezeichnet hatte. Bei neun von zehn Partien in der sogenannten Night Session spielten die Herren auf dem Court Philippe Chatrier.

Sie habe beinahe jeden Tag nach einer Partie bei den Damen gesucht, die es von der Konstellation her verdient gehabt habe, am Abend stattzufinden. «Ich muss zugeben, das war schwierig», gestand die frühere Wimbledon-Siegerin. Von Sonntag an wird sich zeigen, ob die Suche nach schillernden Namen angesichts der Rücktritte von Superstars wie Serena Williams und Ashleigh Barty in den vergangenen Jahren und der Pause von Naomi Osaka einfacher geworden ist.

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