Brasilien feiert Karneval

​Fest des Lebens und der Demokratie 

Für das Nachrichtenportal DER FARANG ist der Schweizer Tom Rubin mit seiner Frau und Freunden live am Karneval in São Paulo dabei. Fotos: Lily und Tom Rubin
Für das Nachrichtenportal DER FARANG ist der Schweizer Tom Rubin mit seiner Frau und Freunden live am Karneval in São Paulo dabei. Fotos: Lily und Tom Rubin

SAO PAOLO/RIO DE JANEIRO: Die berühmten Umzüge im Sambodrom und der Straßenkarneval in Rio sind zurück. Die «größte Party der Welt» zeigt sich dabei in vielen Facetten, feiert das Leben und die Demokratie.

Knappe Kostüme, fantasievolle Wagen, heiße Rhythmen: In Rio haben die weltberühmten Umzüge im Sambodrom die Zuschauer mitgerissen. Die Sambaschulen widmeten ihre Umzüge am Freitag und Samstag dabei etwa der Geschichte des Wettbewerbs, afrikanischen Gottheiten und dem Amazonasgebiet. Die Schule «Porto da Pedra» wurde dafür zur besten Schule der Aufstiegsklasse gewählt. Mit der Schule «Arranco do Engenho de Dentro» defilierte zum ersten Mal ein Mann als Fahnenträger. Die zwölf Top-Schulen sollten am Sonntag und Montag bis in den frühen Morgen auftreten. Gewürdigt werden sollten unter anderem bekannte Samba-Komponisten und -Sänger.

Zehntausende auf den Tribünen und in Logen sowie Millionen vor dem Fernseher in Brasilien und weltweit verfolgen für gewöhnlich die Umzüge auf dem überdimensionalen Laufsteg. Auch in anderen brasilianischen Metropolen wie Recife, Salvador und São Paulo begeistert der Karneval die Massen.

Der Karneval von Rio gilt als «größte Party der Welt». Die Stadt erwartet Einnahmen von umgerechnet rund 810 Millionen Euro, die Tourismus-Agentur Riotur bis zu 5,5 Millionen Karnevalsfans in der Stadt. Die Hotels verzeichneten eine Auslastung von 91,5 Prozent.

Nach zwei Jahren, in denen die Corona-Pandemie das Fest verhindert oder eingeschränkt hatte, sagte Bürgermeister Eduardo Paes: «Dank der Wissenschaft, der Medizin, des öffentlichen Gesundheitssystems und derjenigen, die sich geimpft haben, können wir wieder das Leben feiern, uns im Karneval von Rio treffen.» In den vergangenen beiden Jahren war der Straßenkarneval abgesagt worden, die Umzüge im Sambodrom hatten nach einer Verschiebung zumindest im April 2022 schon einmal wieder stattgefunden.

445 Umzüge von Karnevalsgruppen - sogenannten Blocos - genehmigte die Stadt in dieser Saison - von Nachbarschaftsgruppen bis zu Mega-Blocos, die wie am Samstag im Zentrum Hunderttausende anziehen. Es gebe viel unterdrückte Energie aus den vergangenen Jahren, sagte Fernando Pellon. Er gehe mit seiner Partnerin bevorzugt am frühen Morgen zu den Blocos. Auf der Südhalbkugel ist Hochsommer, derzeit ist es besonders heiß - die gefühlten Temperaturen können etwa wegen der Luftfeuchtigkeit gar bei über 50 Grad liegen.

Aber der Karneval von Rio ist auch mehr als heiße Party: Nach dem Sturm auf das Regierungsviertel in Brasília am 8. Januar rief Bürgermeister Paes den «Karneval der Demokratie» aus. Es sei notwendig, die Demokratie zu feiern, sagte Paes bei der Eröffnung am Freitag.

Jede Sambaschule nimmt mit in eine andere Welt - für gewöhnlich in eine, in der alles in Ordnung ist. Die Schule «Acadêmicos de Vigário Geral» etwa nahm mit dem Thema «Die Fantasie - Fabrik der Freude» viele mit in die Kindheit. Politische Kommentare gab es aber in den vergangenen Jahren auch, die Siegerschule «Mangueira» 2020 etwa kritisierte die Regierung des damaligen Präsidenten Jair Bolsonaro.

Die Blocos bilden seit jeher einen parallelen Karneval zu den streng reglementierten Umzügen, bei denen eine Jury wie beim Eiskunstlauf Noten vergibt. In diesem Jahr sind sie allerdings ebenfalls auffallend organisiert: Sie hatten viel Zeit zur Vorbereitung.




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