Ferrari-Pilot kann auch anders

​Vettel gibt sich auffallend ruhig

Sebastian Vettel. Foto: epa/Valdrin Xhemaj
Sebastian Vettel. Foto: epa/Valdrin Xhemaj

MONTRÉAL (dpa) - Was ist mit Sebastian Vettel los? Im Formel-1-Titelkampf mit Lewis Hamilton tritt der Ferrari-Pilot bemerkenswert gelassen auf. Von seiner Reizbarkeit vergangener Jahre ist nichts zu merken. Ist das der Schlüssel zum Titel?

Seit zwei Monaten hat er nicht mehr gewonnen. In der Formel-1-Wertung liegt er hinter seinem ärgsten Rivalen. Doch es scheint, als würde dies Sebastian Vettel nichts ausmachen. Im Gegenteil: Er ist entspannt. Zumindest wirkt der Ferrari-Pilot in dieser Saison so. Auch im Fahrerlager beim Großen Preis von Kanada in Montréal lächelt er, plaudert mit den Medien, scherzt. Von der Reizbarkeit vergangener Jahre ist bei dem viermaligen Weltmeister nichts zu spüren. Verbale Ausfälle gegen Kollegen oder Offizielle - in diesem Jahr Fehlanzeige.

Ist das Taktik, weil er seinen Rivalen, wie dem Titelverteidiger und WM-Führenden Lewis Hamilton, keine Nervosität zeigen will? Oder will er die leicht aufzuheizende Atmosphäre in Italien rund um die Scuderia nicht unnötig befeuern? Oder hat er tatsächlich mit 30 Jahren seine innere Ruhe gefunden - und möglicherweise den Weg zum ersehnten Titel mit Ferrari?

Noch vor einem Jahr war der Heppenheimer mit Wohnsitz Schweiz mit komfortablen 33 Punkten in der Fahrerwertung an die Strecke auf der Ile Notre-Dame im Sankt-Lorenz-Strom gereist. Er hatte zuvor auch das Prestige-Rennen in Monaco gewonnen. Doch die Gelassenheit, wie die Vettel-Ausgabe 2018 zeigt, mochte sich bei ihm damals nicht einstellen. «Jedes Jahr ist anders, das Auto ist ganz anders», meinte der 30-Jährige vor dem siebten von 21 Saisonrennen am Sonntag (20.10 Uhr MESZ) auf entsprechende Fragen nach den Unterschieden von 2017 zu 2018.

Und vor allem letzteres mag durchaus zu seinem derzeitigen Seelenzustand beitragen. Vettel scheint erstmals in seiner mittlerweile vierten Saison bei Ferrari die Gewissheit zu haben, einen zuverlässigen und titelreifen Dienstwagen zu fahren. «Wir haben ein Auto, das auf jeder Art Strecke schnell ist und einen guten Topspeed hat», betonte er.

Er sieht sich und sein Team endlich gleichauf mit Mercedes und dessen Chefpiloten Hamilton. Auch wenn der Brite derzeit mit 14 Punkten Vorsprung die Gesamtwertung vor ihm anführt und Vettel selbst seit seinen Erfolgen in Melbourne und Bahrain Ende März und Anfang April auf einen Sieg wartet.

«Alle drei Teams sind mehr oder weniger auf Augenhöhe», sagte Vettel und bezieht auch sein Ex-Team Red Bull mit dem zweimaligen Saisonsieger Daniel Ricciardo und Max Verstappen in die Favoritenrunde ein.

Der Deutsche ist aber auch bemüht, nicht zu große Erwartungen zu schüren. Wenn ihm Hamilton die Favoritenrolle zuschiebt, weist er sie pflichtschuldigst wieder zurück. Vor allem in Montréal fällt es dem sechsmaligen Kanada-Gewinner Hamilton leicht, Ferrari stark zu reden. Schließlich muss der 33-Jährige auf die angekündigten Verbesserungen an seinem Mercedes-Motor verzichten und noch zwei Wochen warten. Und das auf der Strecke, die viel Power erfordert.

Aber auch jetzt begeht Vettel nicht den Fehler, zu forsch aufzutreten. Er wisse nicht, wie groß der Schritt gewesen wäre, wenn Mercedes den neuen Motor schon nach Montréal gebracht hätte, meinte er. «Letztlich ist es auch irrelevant. Wir haben alles dabei, was wir haben. Wir werden das spätestens am Samstag offenlegen», erklärte der Heppenheimer mit Blick auf die Qualifikation. «Und dann sehen wir, wo wir sind.» Derzeit wirkt er, als sei er sehr bei ich.

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