THAILAND: Mit der ihm eigenen, bräunlichen Melange, einer unwiderstehlichen Magie und spannenden Mythen strömt der Mekong auf 850 Kilometern durch den Nordosten Thailands. Bei einem Vorstoß in die direkt am Ufer des mitreißenden Flusses liegenden, von Ausländern bisher nur wenig besuchten Orte Khong Chiam, Mukdahan und Nakhon Phanom lassen sich überraschend faszinierende Eindrücke, Erlebnisse und Erkenntnisse gewinnen.
Wenn westliche Ausländer den Isaan als tiefe Provinz empfinden, wie erst ist dann der äußerste Nordosten zu bewerten, der als Randgebiet des Königreichs die Grenze zu Laos markiert…? Doch wer sich ganz furchtlos auf den langen Weg dorthin macht und – immer schön entlang am Mekong – die Orte Khong Chiam, Mukdahan und Nakhon Phanom erkundet, dürfte äußerst angenehm überrascht sein.
Erkundungstouren in den Nordosten Thailands erweisen sich stets als besonders ergiebig – ist der größte Landesteil des Königreichs doch gespickt mit unzähligen Naturwundern, spannenden kulturhistorischen Stätten und einem Höchstmaß an Authentizität – wie sich nichtzuletzt am originären Alltagsleben oder der aufrichtigen Freundlichkeit der Einheimischen festmachen lässt. Vortrefflich erlebbar ist das zum Beispiel bei einer Visite im verborgenen Khong Chiam, rund 670 nordöstlich von Bangkok und erreichbar über Ubon Ratchathani – wobei der letzte Abschnitt über den einsamen, von Werkstätten für zeremonielle Gongs und Glocken flankierten H2222 führt.
Khong Chiam
Schon 2,5 km vor dem Ort lauern die ersten Attraktionen: Von dem mit fotogenen Bauten, farbenfrohen Blumen-Arrangements und imposanten Wurzelstöcken gespickten Wat Tham Khuha Sawan eröffnet sich ein bestechender Blick auf den Mekong und die bunten Wellblechdächer von Khong Chiam. Zuallererst jedoch fällt der neue, gigantische Gong ins Auge: Als größter der Welt bringt er es auf einen Durchmesser von 20 m – auch wenn er nur aus 18 t Zement besteht. Eher im Verborgenen finden sich der üppig vergoldete, gläserne Schrein des mit 92 Jahren verstorbenen Mönchs Long Pu Kam Kanung oder ein im Hang liegendes Höhlen-Heiligtum mit acht Buddhas.
Das kleine, auf einer idyllischen Halbinsel liegende Khong Chiam (Khong Jiam) lässt sich zu den reizvollsten Orten Thailands zählen und wird gern gerühmt für das Naturschauspiel des Mae Nam Song Si – des „zweifarbigen Flusses“. Denn hier vereint sich das trübe Braun des Mekong mit den grünlichen Fluten des Moon. Bei sinkendem Wasserpegel gibt das Flussbett malerische Sandbänke frei, bizarre Felsen und Inselchen. Die am Ufer entlang führende Promenade wird flankiert von schattenspendenden Baumriesen, preiswerten Verkaufsständen und Schnappschuss-Spots mit bunten Kitschfiguren sowie allerlei Anbietern von Bootstouren.
Beschaulich und behaglich
Rund vier km flussabwärts hat der Aachener Pé Diederen seinen Lebenstraum verwirklicht: Das erst 2016 eröffnete, kleine aber feine Khong Chiam Orchid Riverside Resort (www.khongchiamresort.com) empfiehlt sich als ultimatives Hideaway. Es bietet sechs Wohlfühl-Zimmer (2.500 Baht, am Wochenende 3.000 Baht) mit perfekten Terrassen, ein professionelles Restaurant und sogar einen kleinen Pool – alles mit Mekong-Blick und umrahmt von zwei Baumriesen, bunt blühenden Sträuchern und viel Rasen. Wer könnte erahnen, dass er hier auf ehemaligem, unzugänglichem Sumpfland wohnt? Dieses war auch der Hauptgrund, warum der ehemalige Resort-Betreiber vom Kai Bae Beach auf Koh Chang – dieses Filetstück am Mekong überhaupt erwerben konnte. Erst eine Aufschüttung mit 980 Lkw-Ladungen Boden à 500 Baht hat die Nutzung ermöglicht.
Als ebenso unwiderstehlicher Anlaufpunkt entpuppt sich das im Ortskern liegende Once Upon A Time (10–19 Uhr www.experincekhongchiam.com). Ein originäres, detailreich ausstaffiertes Holzhaus, das nicht nur ein nostalgisch anmutendes Restaurant mit außergewöhnlicher Speisekarte beherbergt, sondern auch vier einfache Zimmer mit rustikalem Boutique-Flair (300–350 Baht) und ein soziales, museal präsentiertes Dorfprojekt für Webarbeiten. Schließlich kommen seit einigen Jahren immer mehr Besucher nach Khong Chiam – nichtzuletzt auch wegen der verlockenden Umgebung.
Nicht weit entfernt sprudeln die Stromschnellen Kaeng Tana Rapids des Moon, 75 km sind es zu den Sam Pan Bok des Mekong, die als fotogene Löcher im Flussbett gähnen (Dezember bis April). Nur etwa 20 km müssen zurück gelegt werden bis zum Pha Taem-Nationalpark (8–17 Uhr, Eintritt 400 Baht) mit seinen prähistorischen Felszeichnungen von Menschen, Tieren, Werkzeugen oder Reusen und 25 km bis zur neuesten Attraktion der Region – dem „Leucht-Tempel“ von Chong Mek: Teilweise mit fluoreszierenden Farben bemalt, beginnt Wat Sirindhorn Wararam (Wat Phu Prao) nach Beginn der Dunkelheit zu strahlen. Ein Phänomen, das sich als perfektes Foto jedoch nur – je nach Mondlicht – mit viel Geduld einfangen, sich aber bereits mit Handy-Lampen austesten lässt. Zudem bemerkenswert erscheinen der phantastische Ausblick oder auch die einzigartig anmutende, im Boutique-Stil konzipierte Groß-Toilette.
Mukdahan
Rund 215 km nördlich von Khong Chiam ist Mukdahan erreicht – bekannt vor allem als Grenzübergang nach Laos bzw. die 2007 als zweite Brücke der Freundschaft über den Mekong geschlagene Verbindung nach Savannakhet, von wo eine gut ausgebaute Landroute bis Vietnam führt. Dass sich die 70 Millionen US-Dollar für das 1,6 km weite und 12 m breite Bauwerk gelohnt haben, scheint der üppig bestückte Indochina-Markt zu beweisen. Zwar ist er sagenhafte 1,2 km lang, bietet mit seinen zahlreichen Geschäften und Ständen aber leider ein eher gleichsames Sortiment. Dass die meisten Bewohner von „Mukda“, wie die Stadt gern abgekürzt wird, vietnamesische Wurzeln aufweisen, zeigt sich auch auf dem ungleich spannenderen Frischmarkt Pornphet. Hier herrscht reges Leben, wie es sogar für das Warenangebot gilt: An den Ständen mit Insekten wird noch viel gekrabbelt und auch die Fischhändler lassen einen großen Teil ihrer Todeskandidaten noch möglichst lange in Wasserbottichen dümpeln.
Einen weitläufigen Blick über die Region garantiert das 5 km südöstlich der Stadt auf einem Hügel liegende Wat Phu Manorom – schon von Weitem sichtbar durch seinen 60 m hohen, weiß strahlenden Buddha im Schneidersitz. Im unterhalb liegenden, von allerlei Felsformationen und Wasserläufen durchzogenen Park erhebt sich eine ebenfalls erst 2018 vollendete, weitläufig verschlungene Naga-Skulptur. Sie fungiert als Glücks-Symbol und ob ihrer farbenfroh schillernden Gestaltung als denkbar beliebtes Fotomotiv. Gern fotografiert wird auch vom Mukdahan Tower (8–18 Uhr, Aufzug 50 Baht), der sich seit 1996 mit einer Höhe von 65 m aus der Stadt erhebt. Als dritte Alternative für einen Panoramablick lockt das markante River City Hotel (www.rivermuk.com): Sein 16 Stockwerke zählender Neubau-Flügel wird von einer Rotunde gekrönt, in der sich ein Restaurant dreht – mit eisgekühltem Fassbier und Livemusik (ab 19 Uhr) sowie sogar einer ultimativen Dachterrasse.
Passioniert und preiswert
Vortrefflich nächtigen lässt es sich im Riverfront Hotel (www.riverfrontmukdahan.com). Es liegt in der Samran Chai Khong Road bzw. direkt am Indochina-Markt, ist bestens geführt und verfügt über 76 geräumige, gut möblierte und dennoch preiswerte Balkon-Zimmer (ab 850 Baht). Einige bieten Flussblick – wie auch das Restaurant im 6. Stock, wo ein verblüffend reichhaltiges Frühstücksbuffet erbaut. Als beste Unterkunft am Ort versteht sich das erst kürzlich eröffnete, schicke Hotel de Ladda (ab 2.500 Baht, www.hoteldeladda.com), das den Beginn von Mukdahans Promenade am Mekong markiert. Besonders hier konzentriert sich passionierte Gastronomie – wie das Ood`s Chill Out Pub & Restaurant (9–22 Uhr, auf Facebook): Als rustikaler Mix aus Dschungelgrün, Holzterrassen und Antiquitäten wird es betrieben von einem Mitglied des freakigen Rockmusik-Clans Carabao. Bis zu vorgerückter Stunde und deutlich günstiger lockt der neue, legere Essensmarkt Night Box (8–24 Uhr): Containerartig konzipiert, bietet er facettenreiche Kost mit Livemusik… und dient als wohl wichtigster Treffpunkt der lediglich rund 100 in Mukdahan lebenden Farangs.
Nakhon Phanom
Nur 105 km lassen die Strecke von Mukdahan nach Nakhon Phanom wie einen Katzensprung erscheinen. Doch wer glaubt, dass sich diese mit Blick auf den Mekong zurücklegen lässt, wird auch hier enttäuscht (im Gegensatz z.B. zur Route vom nördlichen Nong Khai bis nach Chiang Khan). Das jedoch ändert sich bei der Ankunft in Nakhon Phanom, denn hier verläuft der H212 immerhin auf 4 km direkt am Mekong. Flankierend finden sich schöne Tempelanlagen wie Wat Maha That oder Wat Phrat That sowie die populäre Promenade: Vor wenigen Jahren erst wurde sie gewaltig aufgepeppt mit allerlei Blumenbeeten, Kandelabern, Sitzbänken und Marktständen sowie einer eigenen Fahrrad-Spur. Als Zugabe fasziniert das idyllische Panorama der gegenüberliegenden, laotischen Zuckerhut-Berge. Der meiste Betrieb herrscht hier zum stimmungsvollen Sonnenunter- bzw. Mondaufgang, wenn die Einheimischen zahlreich zu Leibesübungen herbei joggen.
Attraktiv und angenehm
Als Mittelpunkt von Nakhon Phanom fungiert das stets von Gläubigen frequentierte, abends wasserspeiende Naga-Heiligtum Paya Sri Satta Nakarat. Gleich gegenüber soll in einem klassizistischen, kolonialen Eckbau mit 30 Zimmern alsbald das Hotel Landmark eröffnen. Nebenan findet sich bereits das Chic Cidkong Boutique Hotel (890 Baht, 088-969 4265) dessen schmückender Beiname aber jeglicher Grundlage entbehrt. Das jedoch kann die attraktive bzw. liebenswürdige und eloquent Englisch sprechende Besitzerin Khun Fon mit ihrem Coffee-Shop (7–20 Uhr) durchaus kompensieren. Das rund 2 km weiter südlich am Mekong liegende The River Hotel, (www.therivernakhonphanom.com) indes begeistert auf der ganzen Linie: Es ist modern durchgestylt, professionell gemanagt und auch sonst denkbar angenehm – mit 72 üppig verglasten, geräumige Wohlfühl-Zimmern (790–990 Baht) sowie 3 netten Gastronomie-Spots.
Seit 2011 biegt sich die dritte Freundschafts-Brücke als Wahrzeichen der Neuzeit ferne 8 km nördlich des Zentrums über den Mekong, auch die Anbindung durch AirAsia und Nok Air hat der Stadt mehr Zulauf beschert. Zu den neu erschaffenen Attraktionen zählt rund 7 km westlich des Zentrums die sehenswerte Mekong Underwater World (042-530 780, 8.30–16.30 Uhr, Eintritt 30 Baht). Hier ist in zahlreichen Aquarien zu bewundern, was man beim Blick auf die breiten, bräunlichen Fluten des Stroms allenfalls ansatzweise erahnen kann – und rund um einen Unterwassertunnel ziehen sogar in Massen die sonst eher seltenen Scharen ihre Bahnen…
Volker Klinkmüller (www.stefan-loose.de)
Reizvolle RoutenAls wichtigste Route in den Isaan pulsiert der 600 km lange, im Vietnam-Krieg von den Amerikanern durch den Nordosten gewalzte Friendship Highway. Heute vielerorts monströs erweitert, verbindet er Bangkok mit den Metropolen Korat, Khon Kaen und Nong Khai, während unzählige Abzweigungen zu entlegenen Provinzorten führen oder auch ins Nirgendwo. Der im Osten verlaufende H212 indes verbindet die wichtigsten Orte entlang des Mekongs. Ideal im IsaanAm reizvollsten präsentiert sich die Region während oder kurz nach der Regenzeit von Mai bis September. Dann stehen das Land, die Wasserfälle und der Mekong voll im Saft, leuchten die geflutet grünenden Reisfelder bis zum Horizont, bilden sich allerorts von Lotus und Libellen gezierte Wasserflächen – ohne dass auf reichlich Sonnenschein verzichtet werden müsste! Und warum nicht einfach mal den Niedergang eines gewaltigen Monsunschauers als authentisches Naturerlebnis genießen? Ein Höchstmaß an Freiheit, Entspannung und Eindrücken garantiert das Bereisen des Nordostens auf eigene Faust. Die Busverbindungen sind vielfältig, flächendeckend und spottbillig, Selbstfahrer indes können auf gut ausgebaute Straßen und üppige Beschilderung zählen. Über die schönsten Reiseziele informiert die geniale Landkarte „Northeast by Car“: Seit 2016 gratis in TAT-Stützpunkten oder auch manchem Hotel erhältlich, bietet sie facettenreiche Details und plastische Symbole, umfassende Beschreibungen in Englisch und hilfreiche Telefonnummern. Ob klassischer Hotelkasten aus Zeiten des Vietnamkriegs, modernes Business-Hotel oder romantisches Boutique-Resort, einladendes Guesthouse, verborgene Bungalow-Anlage oder familiäres Homestay: Die Unterkünfte im Isaan sind facettenreich und allenfalls zu beliebten Festivals ausgebucht. Zimmer mit westlichem Standard finden sich bereits für 300 Baht, Luxushotels ab 700 Baht – stets umgeben von ebenso günstigen wie meist auch bestechend guten Restaurants. Magischer MekongMal schlängelt er sich geduldig durch ein Labyrinth aus bizarren Fels-Inselchen, Sandbänken oder gefluteten Bäumen, mal präsentiert er sich mit schäumenden Stromschnellen oder Strudeln, um sich andernorts überraschend breit und still wie ein großer See zu ergießen… Je nach Jahreszeit faszinierend und facettenreich strömen die melange-farbenen, stets 21 bis 28 Grad warmen Fluten des Mekongs, kaum jemand dürfte sich seiner Magie und den spannenden Mythen entziehen können… Auf dem rund 4.500 km langen Weg von der Quelle im tibetanischen Himalaya bis zur breitgefächerten Delta-Mündung in das Südchinesische Meer durchfließt der zwölftlängste Fluss der Welt insgesamt sechs Länder. Famose FischweltIm Amazonas tummeln sich zwar mehr Fischarten, doch bei Anrechnung der Ausdehnung ist die Vielfalt im Mekong größer: In ihm wurden bisher um 1.200 verschiedene Fische entdeckt, aber Wissenschaftler vermuten sogar noch 500 mehr! Eindeutig in Führung liegt der Strom bei den Großfischen – z.B. mit dem bis zu 1,5 m langen und 70 kg schweren Gigantischen Flusskarpfen, dem bis zu 4,3 m Spannweite erreichenden Frischwasser-Rochen oder dem endemischen Riesenwels, der 3 m lang und bis zu 300 kg schwer werden kann. Breite BrückenSüdlich des legendären Goldenen Dreiecks in der nordthailändischen Provinz Chiang Rai strömt der Unterlauf des Mekongs, um auf einer Länge von ca. 650 km die fließende Grenze zwischen dem Königreich und Laos zu bilden. Ein erster bilateraler Brückenschlag über den Strom erfolgte – rund 1,2 km lang und fast 13 m breit – im April 1994 zwischen Nong Khai und Vientiane, weitere, teils sogar noch imposantere Freundschaftsbrücken folgten zwischen Mukdahan und Savannakhet (2006-7), Nakhon Phanom und Thakhek (2011) sowie Chiang Rai und Huay Xay (2013). Eine fünfte ist zwischen Bueng Khan und Bolikhamsai geplant, eine sechste von der Provinz Ubon Ratchathani zum laotischen Salavan. Schädliche StaudämmeDie perfekt anmutende, landschaftliche Idylle vermag vielerorts hinweg zu täuschen über die extreme Gefährdung des Mekongs als Fluss und Ökosystem. In den zurückliegenden Jahren ist ein Wettlauf und den Bau von Staudämmen entbrannt, die den ständig steigenden Strombedarf Südostasiens decken sollen... Bereits sieben Fluss-Kraftwerke gibt es nun im südlichen Bereich, ebenso viele wurden am Oberlauf errichtet, wo China aber mutmaßlich sogar noch rund 20 weitere plant. Jedes Projekt versteht sich als erheblichen Eingriff in die Natur, verursacht Umsiedlungsaktionen, den Untergang von Dörfern und Traditionen sowie (stromabwärts) schwindenden Fischreichtum, Wassermangel, Dürre, Erosion der Ufer oder Versalzung von Böden. Hilfreiches HandbuchExotische Fahrrad-Wanderer vor einer Bergkulisse zieren den Titel des ab Februar erhältlichen Südostasien-Reiseführers aus der beliebten Stefan Loose-Edition. Die mittlerweile schon achte Neuauflage kostet 26,99 Euro, umfasst 904 Seiten und beschreibt alle wichtigen Routen entlang des Mekongs bzw. grenzübergreifendes Reisen zwischen Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam. |