Fans machen DFB und DFL Druck

​«Sommerpause muss Wendepunkt werden»

Christian Seifert, Geschäftsführer der DFL, nimmt nach der Generalversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Frankfurt an einer Pressekonferenz teil. Foto: epa/Arne Dedert
Christian Seifert, Geschäftsführer der DFL, nimmt nach der Generalversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Frankfurt an einer Pressekonferenz teil. Foto: epa/Arne Dedert

FRANKFURT/MAIN: Nicht irgendwann im Herbst, sondern unmittelbar nach der am Wochenende endenden Bundesligasaison wollen Fans Veränderungen im Fußball auf den Weg bringen. Die Anhänger haben schon recht konkrete Vorstellungen. Die DFL setzt auf die Einführung einer Task Force.

Für viele Fan-Szenen gibt es im deutschen Profifußball kein Weiter so. Zahlreiche Organisationen haben sich zu einem Bündnis «Unser Fußball» zusammengeschlossen und erhöhen den Druck auf DFL, DFB und die Clubs in der Debatte um einen Wertewandel im Bundesliga-Geschäft. «Wir wollen nicht zurück zu einem kaputten System. Wir fordern Vereine und Verbände auf, vor dem Beginn der kommenden Saison zu handeln», heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Aufruf.

Am Nachmittag zeigte sich die DFL offen für das neue Bündnis, verwies in einem Statement aber auch auf den aktuellen Zeitplan. «Auch die DFL hält Gespräche über mögliche Veränderungen im deutschen Fußball für notwendig. Hierzu wird es spätestens ab September eine Task Force Zukunft Profifußball unter Beteiligung unterschiedlichster Akteure, darunter auch Fanvertreter, geben», hieß es von der DFL. Die Fans fordern konkret «einen glaubhaften Grundsatzbeschluss sowie die Einleitung konkreter Reformen».

In welche Richtung diese gehen könnten, haben die Anhänger bereits recht genau im Blick. «Unser Fußball zeichnet sich durch eine gleichmäßigere Verteilung der TV-Gelder, die Einführung eines nationalen Financial Fairplays und die eindeutige Begrenzung von Investoreneinflüssen aus», erklärt das neue Bündnis.

Sein Fußball setze sich konsequent gegen Diskriminierung ein und bekämpfe Korruption ernsthaft. Und: «Als gesellschaftliches Vorbild handelt unser Fußball sozial nachhaltig und wird seiner ökologischen Verantwortung gerecht. Kurzfristiges Denken und schlechtes Wirtschaften müssen der Vergangenheit angehören.» Wirtschaftlich nachhaltiges Handeln und die Bildung von Rücklagen sollen fest in den Lizenzierungsverfahren verankert werden. Die Fans wünschen sich sozialverträgliche Ticketpreise, ein inklusives Stadion und fangerechte Anstoßzeiten.

Erstunterzeichner sind die großen bundesweiten Fanorganisationen wie «Unsere Kurve», «ProFans», «Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF)», «FC PlayFair!» und «Netzwerk Frauen im Fußball» sowie mehr als 1000 Fanclubs und -Gruppierungen - darunter auch zahlreiche Ultras. «Unser Fußball» sucht weitere Unterstützer und will die komplette Unterschriftenliste nach Saisonende der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) übergeben. Schon bis zum Mittwochnachmittag stieg die Zahl der teilnehmenden Gruppen und Fanclubs laut Bündnis-Website von etwa 1000 auf deutlich über 1100 an.

«Wir müssen die aktuelle Krise als Chance begreifen, um den Fußball grundlegend neu zu gestalten. Die Sommerpause muss zu einem Wendepunkt werden. Verbände und Vereine sind aufgefordert zu handeln und den Fußball neu aufzustellen: basisnah, nachhaltig und zeitgemäß», erklärt Manuel Gaber als Sprecher von «Unser Fußball». «Statt sich immer weiter von seiner Basis zu entfernen, müssen Fans als elementarer Bestandteil des Fußballs anerkannt werden», fordert das Bündnis.

Die DFL als Dachorganisation der 36 Proficlubs hat sich einer Grundsatzdebatte nicht verschlossen, legte zunächst aber einmal all ihre Konzentration darauf, den Geisterspiel-Betrieb durchzubekommen. Geschäftsführer Christian Seifert versprach, im Herbst eine Taskforce «Zukunft Profifußball» einzusetzen - doch den Anhängern ist das zu spät.

«Wir wollen nicht einfach nur irgendwie durch die Krise kommen und dann weitermachen wie bisher», hatte Seifert versprochen. «Wir werden ganz bestimmt aus dieser Situation einiges mitnehmen und uns sehr wohl Gedanken machen, wie künftig das wirtschaftliche, vielleicht aber auch das Wertefundament der Bundesliga aussehen kann.»

Gegen Spiele ohne Zuschauer hatte es zunächst heftigen Widerstand aus den Fan-Szenen gegeben, angesichts der wirtschaftlichen Probleme der Vereine akzeptierten viele Anhänger zähneknirschend die Geisterspiele. «Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne», hieß es damals in einer über die Ultra-Gruppen der Vereine verbreiteten Erklärung. Vor allem viele Ultras lehnen Geisterspiele nach wie vor strikt ab. Auch in der neuen Spielzeit müssen die Fans befürchten, zunächst aus den Stadien ausgeschlossen zu werden.

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