Fall Gui Minhai: Schwedens Ex-China-Botschafterin freigesprochen

STOCKHOLM: Schwedens frühere Botschafterin in Peking, Anna Lindstedt, ist vom Vorwurf des eigenmächtigen Handelns bei Verhandlungen mit einem fremden Land freigesprochen worden. Der Staatsanwaltschaft sei es nicht gelungen, zu beweisen, dass die Angeklagte in einer diplomatischen Angelegenheit mit jemandem verhandelt habe, der die Interessen des chinesischen Staates vertreten habe, urteilte das Bezirksgericht von Stockholm am Freitag. Als Botschafterin wäre sie darüber hinaus in solch einem Fall zu solchen Verhandlungen berechtigt gewesen, erklärte das Gericht.

Staatsanwalt Henrik Olin hatte Lindstedt vorgeworfen, im Fall des von China inhaftierten Schweden Gui Minhai bei einem heimlichen Treffen in Stockholm ihre Befugnisse überschritten zu haben. Die Verteidigung hatte die Anklagevorwürfe zurückgewiesen und erklärt, Lindstedt habe im Rahmen ihres Amtes als Botschafterin gehandelt. Lindstedt selbst hatte ein Fehlverhalten abgestritten. Die Anklage wegen Verstoßes gegen die Sicherheit Schwedens erscheine unwirklich, wenn nicht gar kafkaesk, hatte sie vor Gericht gesagt.

Der Fall Gui Minhai hat diplomatischen Ärger zwischen China und Schweden ausgelöst, auch die Bundesregierung und die EU haben sich wiederholt für ihn eingesetzt. Gui Minhai ist einer von fünf Hongkonger Buchhändlern, die politisch heikle Bücher über China herausgegeben und vertrieben hatten, bis sie 2015 unter merkwürdigen Umständen verschwanden. Alle fünf tauchten später in China auf. Bis auf Gui Minhai kamen alle wieder auf freien Fuß.

Lindstedt wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, ohne Wissen ihrer Vorgesetzten mit China über eine Freilassung verhandelt zu haben. Laut Anklageschrift organisierte sie dafür im Januar 2019 in einem Hotel in Stockholm ein Treffen zwischen Guis Tochter Angela Gui und zwei chinesischen Geschäftsmännern mit politischen Kontakten. Angela Gui gab an, sie sei auf dem Treffen dazu gedrängt worden, nicht mehr in den Medien über ihren Vater zu sprechen.

Nach Bekanntwerden des Vorgehens wurde Lindstedt im Februar zurück in ihr Heimatland beordert. Gui Minhai wurde Ende Februar in China zu zehn Jahren Haft verurteilt.

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