Facebook schürt Kulturkampf um «Zwarte Piet»: Bann gegen Blackface

Ein Facebook-Logo an einer Ausstellung in Paris. Foto: epa/Franck Robichon
Ein Facebook-Logo an einer Ausstellung in Paris. Foto: epa/Franck Robichon

AMSTERDAM: Mitten im tropischen Hochsommer streiten die Niederländer über einen Brauch aus der Vorweihnachtszeit: Der Nikolaus und seine schwarz angemalten Helfer. Bei Facebook kocht die Wut über «Zwarte Piet».

Noch mehr als 100 Tage sind es bis zum Nikolausfest, doch schon jetzt wütet in den Niederlanden der Kulturkampf um die schwarz geschminkten Nikolaushelfer - die «Zwarten Pieten». Für die einen sind sie nur lustige Kinderfreunde, die am 5. Dezember die Geschenke bringen. Für andere sind sie der Inbegriff von Rassismus. Der heftige Streit ist am Mittwoch von Facebook neu angefacht worden. Das Unternehmen geht gegen Rassismus und auch Antisemitismus vor und will nun «Blackface»-Abbildungen auf Facebook und Instagram verbieten - wie eben die vom niederländischen «Schwarzen Peter».

Schwarz geschminktes Gesicht, extra dicke Lippen, Kraushaar-Perücke sind «Blackface»-Stereotypen, die Facebook nun verbietet. Genau so sieht der Nikolaushelfer traditionell aus. Nun können Fotos oder Videos von den stereotypen Pieten nach Hinweisen von Nutzern von Facebook und Instagram entfernt werden. «Solche Inhalte verstießen schon immer gegen den Geist unserer Regeln», betonte die zuständige Facebook-Managerin Monika Bickert.

Kaum wurde der Facebook-Bann bekanntgegeben, brach auf den sozialen Netzwerken der Sturm der Entrüstung los. Allen voran poltert der Rechtspopulist Geert Wilders: «Der totalitäre Staat der intoleranten drauf los hämmernden linken Antirassisten kommt immer näher.»

Dagegen loben Anti-Rassismus-Organisationen Facebook. «Ein großer und guter Schritt», sagt Giselle Schellekens, Direktorin der Anti-Diskriminierungsstelle Radar. «Zwarte Piet ist eine Karikatur, die passt zur Diskriminierung von Schwarzen». Das sehen viele ebenso, für sie ist der Bann dann auch ein positives Signal.

«Facebook findet es nicht hinnehmbar, dass Menschen sich durch bestimmte Beiträge diskriminiert und nicht sicher fühlen», erklärte das Unternehmen. «Sinterklaas ist ein Fest für alle.»

Sinterklaas heißt der Nikolaus in den Niederlanden und Belgien. Jedes Jahr kommt er nach der Tradition Mitte November ins Land mit seinen «Zwarten Pieten». Mit schwarzer Schminke im Gesicht, krausen Perücken, Ohrringen und bunten Fantasiekostümen ausstaffiert ziehen sie drei Wochen lang durch Städte und Dörfer.

Seit Jahren wird in den Niederlanden heftig um den «Zwarte Piet» gestritten. Während man gerade in den Provinzorten und ländlichen Gebieten an der Tradition festhält, lehnen viele in den Großstädten diese Darstellung des Piet als rassistisch ab. Vor allem schwarze Niederländer bekämpfen die Karikatur von Afrikanern.

Durch die internationalen Anti-Rassismus-Proteste nach dem gewaltsamen Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyd kam auch Facebook ins Visier. Mehr als 100 Firmen boykottierten die Plattform, um Maßnahmen gegen Hass-Reden zu erzwingen. Nun reagierte Facebook mit den neuen Regeln gegen «Blackface»-Darstellungen.

Die Befürworter der Pieten fühlen sich in die Enge getrieben. Ein alter Brauch werde von einem amerikanischen Unternehmen kaputt gemacht, sagen sie und sprechen von einem «Angriff auf die Meinungsfreiheit». «Das ist Zensur», klagte Marc Giling, der Vorsitzende der Sint&Pietengilde, die Nikoläuse und Pieten für Auftritte vermittelt.

Dagegen sind gerade Organisationen, die Rassismus bekämpfen, froh. «Das ist sehr positiv, sehr ermutigend», lobt Jerry Afriyie, führender Aktivist der Gruppe «Kick Out Zwarte Piet». «Rassismus ist keine Meinungsfreiheit.»

Facebook will nicht alle Abbildungen verbieten. Alles hängt vom Kontext ab, erklärt das Unternehmen. Ein Foto bei einem journalistischen Beitrag soll weiter erlaubt sein. Aber der Schnappschuss vom Enkelkind auf dem Schoss des schwarz angemalten Piet eben nicht. Aber wenn der Piet ein buntes Gesicht hat oder Rußflecken, dann hat Facebook kein Problem.

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