EuGH urteilt über Möglichkeit eines britischen Brexit-Rückziehers

Foto: epa/Andy Rain
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LUXEMBURG/LONDON (dpa) - Vor der Brexit-Abstimmung am Dienstag im Londoner Parlament haben die Richter in Luxemburg das Wort. Das oberste EU-Gericht urteilt, ob Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen könnte.

Schicksalstage für Großbritannien und die EU: Vor der entscheidenden Abstimmung über das Brexit-Abkommen am Dienstagabend im Parlament in London richten sich die Blicke nach Luxemburg. Dort urteilt das oberste EU-Gericht am Montag, ob Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen könnte. Das oberste schottische Zivilgericht hatte den EuGH um diese Bewertung gebeten. (Rechtssache C-621/18).

Der zuständige EuGH-Generalanwalt meint, die Entscheidung liege allein in London. Folgen ihm die Richter, wäre die Schwelle für eine Abkehr vom Brexit viel niedriger als gedacht.

Großbritannien hatte der EU im März 2017 offiziell die Absicht zum Austritt mitgeteilt. Damit begann ein zweijähriges Verfahren, das nach jetzigem Stand mit dem Brexit am 29. März 2019 endet.

Das Urteil in Luxemburg fällt einen Tag vor der Abstimmung des britischen Parlaments über das von Regierungschefin Theresa May mit der EU mühsam ausgehandelte Brexit-Vertragspaket. Dafür zeichnet sich keine Mehrheit ab. Im Falle einer Niederlage sind auch ein Rücktritt Mays und Neuwahlen möglich.

«Wenn ihr den Brexit wollt, dann holt ihn euch, und darum geht es bei diesem Deal», sagte May der «Mail on Sunday». Oppositionsführer Jeremy Corbyn warte nur darauf, Neuwahlen zu erzwingen. Ein Nein zum Deal würde große Unsicherheiten mit sich bringen. Es bestünde dann auch die Gefahr, dass Großbritannien gar nicht mehr die EU verlasse.

Scheitert Mays Plan im Parlament, muss sie entweder noch einmal abstimmen lassen - oder es braucht einen Plan B. Aus der britischen Regierung und der Opposition mehren sich Signale, dass dann eine engere Anbindung an die EU erwogen werden könnte, zum Beispiel der Verbleib in Binnenmarkt und Zollunion. Nicht mehr undenkbar ist ein zweites Referendum.

Der sozialdemokratische Europawahl-Spitzenkandidat Frans Timmermans lud die Briten ausdrücklich ein, den Brexit zu stoppen. Die Welt und die EU hätten sich seit dem Brexit-Votum 2016 geändert, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission in Lissabon.

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Jürgen Franke 10.12.18 21:07
Das ist nun mal das Problem,
wenn die Wähler sich nicht vorher informieren, über was sie eigentlich zu entscheiden haben. Aber so funktioniert nun mal Demokratie. Die Aussage, dass sich die Welt seit 2016 geändert hat, kann nur von einem Politiker kommen, der noch nicht begriffen hat, dass sich die Welt mit jedem Tag ändert