BERLIN/BRÜSSEL (dpa) - Endlich tut sich auf europäischer Ebene etwas in Sachen Asylpolitik. Kommissionschef Juncker schlägt strengere Regeln vor. Das hat wohl auch mit den deutschen Christsozialen zu tun, die in diesen Tagen oft wirken wie ein gereizter Stier.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will Asylbewerber sanktionieren, die nicht in dem für sie zuständigen EU-Land bleiben. Der Vorschlag ist Teil eines von ihm formulierten Entwurfs für eine gemeinsame Erklärung, über die Regierungschefs von elf Mitgliedstaaten an diesem Sonntag in Brüssel beraten sollen.
Juncker sprach sich im Vorfeld des Treffens auch für einen besser funktionierenden Mechanismus aus, um die Schutzsuchenden dann in dieses Land zurückzuschicken. Damit kommt er der deutschen CSU entgegen. Denn die Christsozialen aus dem Bundesland Bayern wollen Schutzsuchende, die andernorts in der Europäischen Union bereits registriert wurden, an der deutschen Grenze abweisen.
«Wir haben die Sorge, dass Angela Merkel jetzt mit dem Scheckbuch durch Europa läuft. Sie braucht Griechenland und Italien für eine Lösung in der Flüchtlingsfrage», sagte CSU-Vorstandsmitglied Markus Ferber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mit Blick auf die Einigung zum Eurozonen-Budget, die Merkel mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron getroffen hatte. «Für die CSU ist klar: Es darf keinen Deal zu Lasten der deutschen Steuerzahler geben. Es geht nicht, Dinge zu vermischen, die nicht zusammengehören.»
Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), begrüßte den Gipfel zur Migration allerdings. «Ich bin froh, dass endlich Bewegung in der Migrationsdebatte ist, und Ergebnisse greifbar sind», sagte er der «Saarbrücker Zeitung». (Donnerstag).
Der Chef der gemeinsamen CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder (CDU) verteidigte am Donnerstag die Einigung mit Macron. Er sagte, es sei ein Erfolg der Kanzlerin, dass sich Frankreich hinter ihre Bemühungen gestellt habe, «durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Ländern Rücknahmen von Flüchtlingen zu organisieren, die in einem anderen Land registriert worden sind und dort bereits ein Asylverfahren begonnen haben».
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wies den Vorwurf zurück, es gehe ihm im Asylstreit um die bayerische Landtagswahl im Oktober. Er sagte im ZDF-«Morgenmagazin», ihm bereite nicht eine einzelne Wahl Sorge. Er mache sich Sorgen um die Demokratie in Deutschland. Merkel sagte in einer Diskussionsrunde mit Studenten in der jordanischen Hauptstadt Amman: «Wir müssen ein offenes Land sein», auch wenn die Migration natürlich geordnet und gesteuert werden müsse.
In Junckers Entwurf heißt es: «Wir werden einen flexiblen gemeinsamen Rücknahmemechanismus nahe an den Binnengrenzen einrichten.» Nach seinem Willen sollen Kanzlerin Merkel und die anderen Teilnehmer auch eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Weiterreise von Asylsuchenden zwischen EU-Staaten zu unterbinden. «Es gibt kein Recht, den Mitgliedsstaat, in dem Asyl beantragt wird, frei zu wählen», heißt es in dem Entwurf. Und: «Wir sehen einen großen Bedarf, Sekundärbewegungen signifikant zu reduzieren.»
An Bahnhöfen, Busbahnhöfen und Flughäfen sollen dem Entwurf zufolge Kontrollen stattfinden. Asylsuchenden sollen Strafen drohen, wenn sie nicht im Land ihrer ersten Registrierung bleiben. Außerdem sollen sie nur noch in dem für sie zuständigen EU-Land Sozialhilfe erhalten.
Zu dem Treffen am Wochenende werden neben Merkel die Staats- und Regierungschefs von Österreich, Italien, Frankreich, Griechenland, Bulgarien, Spanien, Tschechien, Malta, Belgien und der Niederlande erwartet.
Merkel steht innenpolitisch unter großem Druck. Die CSU von Innenminister Horst Seehofer hatte ihr zwei Wochen eingeräumt, um spätestens beim EU-Gipfel am 28. und 29. Juni bilaterale Vereinbarungen zu treffen, nach denen Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden können, wenn sie bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden. Italiens Innenminister Matteo Salvini machte am Mittwoch aber schon deutlich, dass seine Regierung keine Asylbewerber von Deutschland zurücknehmen will.
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