EU-Sozialgipfel tagt in Porto - Barley kritisiert Merkels Absage

Foto: Pixabay
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PORTO/BRÜSSEL: Vor vier Jahren gelobten die EU-Staaten feierlich, auch soziale Rechte verstärkt gemeinsam durchzusetzen. Aber das Thema bleibt für viele Regierungen nachrangig. Zum Sozialgipfel in Portugal kommen nicht alle.

Die SPD-Politikerin Katarina Barley fordert in der Corona-Krise von den EU-Staaten mehr Einsatz für sozialen Zusammenhalt. «Die EU muss endlich einen gemeinsamen Rahmen für armutsfeste Mindestlöhne beschließen und mehr in gleiche Lebensverhältnisse von Helsinki bis Palermo investieren», sagte die Vizepräsidentin des Europaparlaments der Deutschen Presse-Agentur vor dem EU-Sozialgipfel in Porto. Zugleich kritisierte Barley, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu dem Treffen nicht kommt.

In der portugiesischen Küstenstadt wollen die Staats- und Regierungschefs der EU, Verbände und Gewerkschaften beraten, wie die 2017 vereinbarte Stärkung sozialer Rechte umgesetzt werden kann. Am Rande der Beratungen wird es auch um die Corona-Pandemie und außenpolitische Themen gehen. Das informelle Treffen der Staats- und Regierungschefs dauert bis Samstag. Kanzlerin Merkel reist wegen der Pandemielage in Deutschland nicht an und schaltet sich nur zeitweise per Video zu.

Das kritisierte auch die Linken-Europapolitikerin Özlem Demirel. «Sozialpolitik spielt in der EU nur eine untergeordnete Rolle, und das muss sich ändern», erklärte Demirel der dpa. «Soziale Mindeststandards müssen endlich verbindlich werden.» Regierungen und die EU-Kommission verschlössen immer noch die Augen vor der brisanten Lage. «Statt lediglich auf die Wettbewerbsfähigkeit zu fokussieren, braucht es endlich soziale Bedingungen», forderte die Linken-Politikerin.

Die EU-Kommission hatte zur Stärkung sozialer Rechte einen Aktionsplan mit drei zentralen Zielen für 2030 vorgelegt. So soll eine Beschäftigungsquote von mindestens 78 Prozent in der EU erreicht werden, mindestens 60 Prozent der Erwachsenen sollen jährlich Fortbildungskurse belegen und die Zahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, soll um mindestens 15 Millionen reduziert werden.

Die gemeinsame Umsetzung dieser Ziele obliegt den 27 Mitgliedsstaaten. Viele nationale Regierungen wollen sich aber in der Sozialpolitik von Brüssel wenig reinreden lassen. Konkrete sozialpolitische EU-Pläne wie die Einführung örtlicher Mindestlöhne in allen 27 Staaten sind sehr umstritten.

Barley betonte: «Jeder soziale Fortschritt Europas muss mühsam gegen die Konservativen erkämpft werden.» Gerade jetzt brauche es europäische Investitionen in gute Bildung, ökologisches Wirtschaftswachstum und einen gemeinsamen Rahmen für gerechte Löhne. «Corona darf nicht zu einer neuen Generation der Perspektivlosen in Europa führen», sagte die frühere Bundesjustizministerin.

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