EU-Ratsvorsitz: Von der Leyen ermahnt slowenischen Regierungschef

Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen hält eine Pressekonferenz. Foto: epa/Francois Lenoir
Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen hält eine Pressekonferenz. Foto: epa/Francois Lenoir

LJUBLJANA: Der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa ist einer der umstrittensten Staats- und Regierungschefs in der Europäischen Union EU. Jetzt übernimmt sein Land den EU-Ratsvorsitz. Politische Gegner sind besorgt - auch in Deutschland.

Überschattet von scharfer Kritik an Regierungschef Janez Jansa hat Slowenien am Donnerstag den alle sechs Monate wechselnden EU-Ratsvorsitz übernommen. Die frühere jugoslawische Teilrepublik will sich in ihrer Präsidentschaft unter anderem für schnellere Fortschritte bei EU-Beitrittsgesprächen mit den noch nicht aufgenommenen Balkanländern einsetzen. Wegen des umstrittenen politischen Kurses von Jansa muss das Land allerdings fürchten, dass andere Themen die Präsidentschaft überschatten.

Der rechtsnationale Jansa steht unter anderem in der Kritik, weil er die Arbeit der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft behindert, indem er die Entsendung zweier slowenischer Ankläger blockiert. Zudem werden ihm Angriffe gegen die Pressefreiheit und eine Unterstützung des ungarischen Gesetzes zur Einschränkung von Informationen über Homosexualität vorgeworfen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mahnte Jansa am Donnerstag bei einem Besuch in Ljubljana mit deutlichen Worten, sich an rechtsstaatliche Standards zu halten. Vertrauen sei das wertvollste Kapital der EU, sagte sie. Dazu gehörten auch das Vertrauen in ein unabhängiges Justizsystem und in unabhängige und ausreichend finanzierte Medien sowie das Vertrauen darauf, dass die Rechtsstaatlichkeit und die europäischen Werte immer gewahrt blieben.

Als kleines Land mit nur rund 2,1 Millionen Einwohnern hat Slowenien bei europäischen Entscheidungsprozessen normalerweise keinen besonders großen Einfluss. Als EU-Vorsitzland kommt ihm nun aber für eine halbes Jahr eine wichtige Vermittlerrolle bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den EU-Staaten zu. Zudem kann es eigene politische Schwerpunkte setzen. Das an Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien grenzende Land übernimmt die Funktion von Portugal. Es ist seit 2004 Mitglied der EU und auch der Nato.

Wegen der Behinderung der Europäischen Staatsanwaltschaft forderten Europapolitiker die EU-Kommission zum Start der Ratspräsidentschaft auf, ein neues EU-Sanktionsinstrument zu nutzen, um Zahlungen an Slowenien aus dem Gemeinschaftshaushalt auszusetzen. Die jüngsten Entwicklungen im Land erforderten ein sofortiges Handeln der EU, heißt es in einem Brief, der von den deutschen Grünen-Abgeordneten Daniel Freund, Franziska Brantner und Sergey Lagodinsky initiiert wurde.

Scharfe Kritik kam auch von dem linken Europaabgeordneten Martin Schirdewan. «Der jetzige Regierungschef Jansa schüchtert im eigenen Land Journalistinnen und Journalisten ein und streicht nicht regierungstreuen Medienhäusern Gelder», sagte er. Ein inhaltliches Programm für die Ratspräsidentschaft, das über «sicher aus der Pandemie» hinaus gehe, gebe es hingegen nicht.

Der Vizechef der SPD-Fraktion im Bundestag, Achim Post, sagte: «Natürlich gilt es jetzt, die slowenische EU-Ratspräsidentschaft so gut es geht dabei zu unterstützen, dass Europa in der Krise weiter zusammenhält.» Das dürfe aber keineswegs bedeuten, dass man Jansa in den nächsten Monaten mit Samthandschuhen anfasst.

Jansa weist die Anschuldigungen zurück. So verteidigt er beispielsweise sein Veto gegen die Entsendung zweier slowenischer Staatsanwälte für die neue Europäische Staatsanwaltschaft damit, dass die Staatsanwaltschaft in der Vergangenheit immer wieder falsche Anschuldigungen gegen Politiker aus seinem rechtsnationalen Lager erhoben habe.

Zum Auftakt der Präsidentschaft warb Jansa am Donnerstag um Unterstützung für seine Prioritäten der Präsidentschaft. Die EU-Erweiterung sei eine strategische Antwort auf wichtige Herausforderungen, sagte er. Wenn die EU sich nicht erweitere, würden das andere tun, warnte er mit Blick auf Interesse von Ländern wie China und Russland auf dem Balkan.

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