EU-Parlament bekommt neuen Generalsekretär 

Umstrittene Entscheidung

Das Europäische Parlament in Brüssel. Foto: epa/Olivier Hoslet
Das Europäische Parlament in Brüssel. Foto: epa/Olivier Hoslet

STRAßBURG: In einer umstrittenen Entscheidung ist der Italiener Alessandro Chiocchetti zum neuen Generalsekretär des Europaparlaments ernannt worden. Er folgt am 1. Januar auf den Deutschen Klaus Welle, der den Posten seit 2009 innehatte. Der Generalsekretär ist der ranghöchste Beamte des EU-Parlaments.

Der Ernennung war eine kontroverse Debatte um mögliche Hinterzimmerdeals vorausgegangen. Der Posten wird von den 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments sowie fünf sogenannten Quästoren vergeben - also von 19 Parteivertretern. Das Nachrichtenportal «Politico» berichtete, dass der Ernennung Chiocchettis ein Deal vorausgegangen sei, laut dem für die Linken ein Spitzenposten im Parlament geschaffen werden soll.

Einer Parlamentsmitteilung zufolge hatte der EVP-Kandidat Chiocchetti in dem Gremium eine «große Mehrheit» - wer genau für ihn stimmte, blieb aber offen.

Die Grünen und die Sozialdemokraten reagierten mit deutlicher Kritik auf die Postenvergabe. Der Leiter der Parlamentsverwaltung mit mehr als 8000 Mitarbeitern sei ausgewählt worden, nachdem sich jeder Kandidat zehn Minuten lang vorgestellt hätte, sagte Grünen-Vizeparlamentspräsidentin Heidi Hautala. «Dies ist völlig unzureichend und entspricht nicht einmal ansatzweise den Anforderungen für die Besetzung von Führungspositionen im Parlament.» Bislang war Chiocchetti Kabinettschef der Präsidentin des Europaparlaments Roberta Metsola.

Für andere EU-Institutionen sind Deals bei Postenvergaben keine Seltenheit, das Europaparlament war diesbezüglich bislang aber eher unauffällig. Im Februar 2018 stieg der damalige Kabinettschef von Ex-EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker blitzartig zum Generalsekretär der Brüsseler Behörde auf - dabei stand der Verdacht im Raum, Juncker habe seinem Vertrauten den Spitzenposten zugeschanzt. Das Europaparlament kam zu dem Schluss, die Art Berufung «könnte als putschartige Aktion» gesehen werden.

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Dirk Lange 13.09.22 12:20
EU - Generalsekretär
da bleibt die Demokratie auf der Strecke. Im Vorfeld wird gekungelt und ein Deal abgeschlossen, sodass am Ende beide Seiten zufrieden sind .
Hartmut Wirth 13.09.22 11:50
EU und Demokratie
Wer noch daran glaubt, dass die EU-Institutionen demokratisch agieren, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann und dass die Erde eine Scheibe ist.
Die "Wahl" der Frau Ursula von der Layen ist ein Beispiel.

Also nichts Neues aus dem Selbstversorgergremium.