EU-Kommission will Russland zu Reparationszahlungen zwingen

Wöchentliche Sitzung der EU-Kommissare in Brüssel. Foto: epa/Olivier Hoslet
Wöchentliche Sitzung der EU-Kommissare in Brüssel. Foto: epa/Olivier Hoslet

BRÜSSEL: Nach Beginn des Ukraine-Kriegs haben die EU-Staaten russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe eingefroren. Die EU-Kommission schlägt nun vor, wie die Gelder dem Land zugute kommen sollen - bleibt damit aber hinter ukrainischen Forderungen zurück.

Die EU-Kommission will eingefrorenes Vermögen der russischen Zentralbank nutzen, um Russland nach einem möglichen Ende des Kriegs gegen die Ukraine zu Reparationszahlungen zu zwingen. Wie Beamte am Mittwoch erklärten, könnte die Wiederfreigabe der Mittel an ein Friedensabkommen geknüpft werden, das auch russische Entschädigungen umfasst. Im Zuge der gegen Russland verhängten Sanktionen wurden demzufolge bereits etwa 300 Milliarden Euro an Zentralbank-Reserven blockiert. Moskau kündigte Vergeltung an, sollte in der EU Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger konfisziert werden.

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Erlöse aus eingefrorenen Vermögenswerten für den Wiederaufbau in der Ukraine genutzt werden können. Kurzfristig könne eine Struktur geschaffen werden, um durch Sanktionen blockierte Mittel zu verwalten und zu investieren, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Fortschritte gibt es nach Angaben aus der EU-Kommission auch bei der Rechtsgrundlage für die Enteignung russischer Oligarchen. Die Umgehung von Sanktionen - etwa wenn Vermögen auf Dritte übertragen wird - wurde jüngst in die Liste der EU-Verbrechen aufgenommen. Das soll es der Kommission im nächsten Schritt ermöglichen, Mindeststrafe vorzuschlagen. So sollen etwa Jachten, Hubschrauber, Immobilien und Kunstwerke von Menschen, die gegen EU-Sanktionen verstoßen, künftig leichter konfisziert werden können.

In welchem Maß die eingefrorenen Vermögenswerte russischer Oligarchen im Wert von knapp 19 Milliarden Euro davon betroffen sein könnten, blieb zunächst unklar. Die Regelung soll nicht rückwirkend gelten.

Die Vorschläge sollen nun mit den EU-Staaten sowie internationalen Partnern abgestimmt werden. «Der Schaden der Ukraine wird auf 600 Milliarden Euro geschätzt», sagte von der Leyen. «Russland und seine Oligarchen müssen die Ukraine für die Schäden entschädigen und die Kosten für den Wiederaufbau des Landes tragen.»

Die Vorschläge bleiben damit hinter den Wünschen aus der Ukraine zurück. Vertreter des Landes hatten in der Vergangenheit immer wieder gefordert, Vermögenswerte des russischen Staates zu beschlagnahmen und der Ukraine für den Wiederaufbau des Landes zur Verfügung zu stellen. In Europa werden neben rechtlichen Schwierigkeiten auch politische Risiken gesehen. So wird befürchtet, dass Länder wie Russland und China in Reaktion auf Enteignungen ein alternatives internationales Finanzsystem aufbauen könnten.

Mit den aktuellen Vorschlägen will die EU-Kommission sowohl das Recht auf Eigentum als auch die Staatenimmunität wahren. Letztere ist ein Grundsatz des Völkerrechts und schützt Staaten unter anderem vor der Zwangsvollstreckung seiner Guthaben und Vermögenswerte.

Russland werde mit «adäquaten Gegenmaßnahmen» reagieren, falls in der EU Vermögen des russischen Staates oder russischer Bürger und Firmen konfisziert werden sollte. Das sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Agentur Tass zufolge.

Im Namen der Europäischen Kommission schlug von der Leyen zudem vor, zur Verfolgung von Verbrechen in Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine ein spezialisiertes Gericht aufzubauen. «Wir sind bereit, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um dieses Fachgericht möglichst umfassend international zu unterstützen», sagte sie in Brüssel. Der russische Einmarsch in die Ukraine habe Tod, Verwüstung und unsägliches Leid gebracht.

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