EU-Erklärung zur Lage in Hongkong gescheitert

Foto: Pixabay/Dimitris Vetsikas
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BRÜSSEL: Ungarn blockiert die von der EU geplante Verurteilung der Wahlrechtsreform in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong. Bei einer Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten habe der ungarische Botschafter am Mittwoch ein Veto gegen eine geplante EU-Erklärung eingelegt, bestätigten mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur. Die eigentlich zum EU-Außenministertreffen an diesem Montag vorgesehene Veröffentlichung sei damit nicht möglich.

Als ein Grund für die ungarische Ablehnung der Erklärung gilt nach Angaben von EU-Diplomaten, dass das Land stark von Investitionen aus China profitiert. Bei den Verhandlungen argumentierte Budapest den Angaben zufolge unter anderem, dass die EU nicht auf jede einzelne Entwicklung in China reagieren müsse. Die Vertretung Ungarns bei der EU war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Die Wahlrechtsreform für Hongkong war Ende März vom Ständigen Ausschusses des chinesischen Volkskongresses offiziell verabschiedet worden. Sie hat aus Sicht der EU zur Folge, dass der Einfluss der Opposition auf politische Entscheidungen deutlich geschmälert wird und das Volk noch weniger über direkte Wahlen mitbestimmen kann.

Die Hongkonger Demokratiebewegung gerät dadurch weiter in die Defensive. Bereits im Juni 2020 hatte Peking ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong in Kraft gesetzt. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die China als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 «ein hohes Maß an Autonomie» und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von «Ein Land, ein System».

Mit der Erklärung wollten die EU-Staaten nach Angaben von Diplomaten auch bekräftigen, dass sie mit Hongkong abgeschlossene Auslieferungsabkommen für Straftäter vorerst nicht mehr anwenden. Dies hätte ein weiteres starkes Signal an Peking sein können - auch wenn zum Beispiel Deutschland seine entsprechende Vereinbarung bereits im vergangenen Sommer auf Eis gelegt hatte. Die Bundesregierung hatte den Schritt bekannt gegeben, nachdem die Hongkonger Regierung im Juli in einem umstrittenen Schritt die Parlamentswahl verschoben hatte.

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Leserkommentare

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Frank Matthias 07.05.21 03:30
Pfeife
Wenn man nicht auf Dauer nach Chinas Pfeife tanzen will muss man Grenzen ziehen, auch wenn das wirtschaftliche Folgen hat.
Ein "weiter so" wäre fatal.
Wenn solche Entscheidungen immer auf dem Altar der unbedingen Einstimmigkeit in der EU geopfert werden ist etwas faul am System.
Wenn ein Regime ,wie das ungarische, bei jeder Gelegenheit auf die Bremse treten kann und diese Entscheidungen torpediert, muss es geändert werden, z.B. mit 2/3 Entscheidungen.
Marc Deschamps 07.05.21 01:29
..Land von Investitionen aus China abhängig ist..
Ungarn: Dieser eine Satz sagt eigentlich schon alles. Hongkong und das Brechen von Verträgen, die noch Jahrzehnte Gültigkeit haben ist nicht das gleich wie "nicht auf jede jede Entwicklung in China reagieren". Es geht um Dominanz, Vertragsbruch, Vertrauensverlust und um Protektionismus, Opportunismus, Kronyismus und ultimativ um emotionale, ethische oder sogar um finanzielle Korruption! China ist der Gorilla im Käfig und wenn sie glauben, dass der Rest der Welt das akzeptier, dann ist da wohl falsch erwartet!
Viel meiner Freunde in China sagen (gedanklich) dasselbe!