EU-Reiseregeln haben sich nur teils gelohnt

Foto: Freepik/Prostooleh
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LUXEMBURG: In der Pandemie galten in Europa zeitweise strikte Reiseregeln. Das digitale Covid-Zertifikat der EU hatten viele Bürgerinnen und Bürger auf dem Handy. Aber wie sinnvoll waren andere EU-Instrumente?

Während der Corona-Pandemie haben die meisten EU-Maßnahmen nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofs nur geringfügig das Reisen und die Nachverfolgung von Corona-Infektionen erleichtert. Einzig das europaweite Covid-Zertifikat zum Nachweis einer Impfung, eines Tests oder einer überstandenen Infektion sei von den Mitgliedstaaten stark genutzt worden und deshalb ein effektives Mittel gewesen, stellten die Rechnungsprüfer in Luxemburg in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht fest. So seien Reisebeschränkungen nach der Einführung des digitalen Nachweises europaweit vereinheitlicht und für Zertifikat-Inhaber später sogar vollständig aufgehoben worden.

Andere Instrumente wurden von den Mitgliedstaaten dagegen kaum genutzt. Das digitale Reiseformular zur Kontaktnachverfolgung zum Beispiel sei nur in vier EU-Staaten zum Einsatz gekommen, hieß es. Zudem sei die überwiegende Mehrheit der knapp 27 Millionen Formulare, die bis Februar 2022 erstellt wurden, allein von einem Land ausgestellt worden - Italien. Auch eine Plattform für den Austausch der Formulare und ein Dienst zum Abgleich von Daten habe wenig Anklang gefunden.

Während der Pandemie war das Reisen in Europa und weltweit zeitweise nur unter strikten Auflagen wie Quarantäne- und Testpflichten möglich. Im März 2020 verhängten erste EU-Staaten Reiseverbote. Um Bürgerinnen und Bürgern das Reisen einfacher zu machen, versuchten die 27 EU-Staaten, sich auf europäischer Ebene abzustimmen. Für die Entwicklung von insgesamt vier technischen Hilfsmitteln stellte die EU-Kommission dem Rechnungshofs zufolge 71 Millionen Euro zur Verfügung.

Der Europäische Rechnungshof wacht über die Einnahmen und Ausgaben der EU-Institutionen und prüft, ob das Geld für die vorgesehenen Zwecke verwendet wird. Die Rechnungsprüfer loben in ihrem Bericht, dass die EU-Kommission rasch auf die Reisebeschränkungen der einzelnen Länder reagiert habe. Der Dienst zum Abgleich von Kontaktdaten zum Beispiel sei bereits sieben Monate nach Beginn der Pandemie einsatzbereit gewesen. Das Formular, das Reisende etwa zur Erfassung der Aufenthaltsdauer in einem Land ausfüllen sollten, sei zu spät gekommen - einige Länder hätten zu diesem Zeitpunkt bereits eigene Lösungen gefunden.

In Deutschland wurden den Angaben zufolge das Covid-Zertifikat und der Dienst zur Kontaktverfolgung genutzt. Abgesehen vom Covid-Zertifikat hätten die Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg erzielt, sagte Baudilio Tomé Muguruza vom Rechnungshof am Mittwoch.

Das Covid-Zertifikat ermöglichte es während der Reisebeschränkungen, dass etwa ein Impfnachweis aus Deutschland etwa auf dem Handy auch an der Grenze zu Frankreich oder in einem Restaurant in Italien anerkannt wurde. Mittlerweile nutzen neben den 27 Mitgliedstaaten auch 49 Nicht-EU-Länder und -Gebiete das Zertifikat.

In Deutschland sind dem Bericht zufolge knapp 220 Millionen Covid-Zertifikate ausgestellt worden (Stand März 2022). Weil das Zertifikat sowohl als Nachweis für eine Corona-Impfung als auch für ein negatives Testergebnis oder eine Genesung von einer Infektion gilt, kann eine Person mehrere Zertifikate besitzen.

Apps zur Kontaktnachverfolgung wie die Corona-Warn-App wurden den obersten Rechnungsprüfern zufolge in vielen EU-Ländern heruntergeladen. Sie ermöglichen es Nutzerinnen und Nutzer etwa, einen positiven Coronatest zu melden, um andere vor einer möglichen Ansteckungsgefahr zu warnen. In keinem anderen Land wurde diese Form der digitalen Kontaktnachverfolgung so intensiv genutzt wie hierzulande: In der gesamten EU kamen allein 83 Prozent der über Apps erfassten Daten aus Deutschland.

Mittlerweile sind Corona-Regeln und Einreisebeschränkungen in vielen europäischen Ländern weitestgehend abgeschafft. Auch ein Impf- oder Testnachweis muss nur noch selten vorgezeigt werden.

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