Iran-Konflikt führte wohl zu Flugzeug-Absturz

Foto: epa/Stephanie Lecocq
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BRÜSSEL (dpa) - Mitten im militärisch ausgetragenen Konflikt zwischen den USA und dem Iran stürzt bei Teheran ein ukrainisches Flugzeug mit 176 Menschen an Bord ab. Die Außenminister der EU-Staaten reagieren bei einem Krisentreffen in Brüssel auf die brenzlige Lage.

Der Absturz einer ukrainischen Passagiermaschine bei Teheran hängt nach Überzeugung mehrerer EU-Länder eng mit dem kriegerischen Konflikt zwischen den USA und dem Iran zusammen. Bei einem Krisentreffen in Brüssel wegen der jüngsten Spannungen im Nahen Osten erklärten die Außenminister einiger EU-Staaten am Freitag, sie gingen von einem versehentlichen Raketenbeschuss des Flugzeugs mit 176 Menschen an Bord aus.

Bundesaußenminister Heiko Maas sagte, man müsse derzeit davon ausgehen, dass der Absturz «möglicherweise» vom irrtümlichen Abschuss einer Flugabwehrrakete verursacht wurde. Diese Annahme sei «plausibel», sagte auch der niederländische Ressortchef Stef Blok. Maas forderte wie mehrere seiner Amtskollegen eine lückenlose Aufklärung: «Es darf nichts unter den Tisch gekehrt werden, denn wenn das der Fall wäre, wäre das der Nährboden für neues Misstrauen.»

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn erklärte den «Unfall» eines Raketenbeschusses mit der «kriegerischen Nervosität» in der Region. «Es sind mutwillig 176 Leben vernichtet worden», sagte Asselborn vor dem Krisentreffen mit seinen Amtskollegen. «Diese kriegerische Nervosität muss aufhören.»

Die Spannungen im Nahen Osten hatten zuletzt stark zugenommen. Die USA hatten vergangene Woche den iranischen Top-General Ghassem Soleimani mit einem Luftangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad gezielt getötet. Der Iran reagierte in der Nacht zum Mittwoch mit Vergeltung. Kurz darauf stürzte die ukrainische Boeing nahe Teheran ab. Der Iran hatte sich nach der Tötung Soleimanis zudem weiter aus dem Atomabkommen von 2015 zurückgezogen. Die EU hält - entgegen Forderungen von US-Präsident Donald Trump - daran fest.

Zuletzt hatten sich die Hinweise auf einen Raketenbeschuss des Flugzeugs verdichtet. Die Regierungen in Kanada und Großbritannien haben nach eigenen Angaben entsprechende Informationen. Auch in den USA wird diese Theorie nach US-Medienberichten verfolgt. Bei dem Absturz kamen 176 Menschen ums Leben, 63 Opfer waren Kanadier.

Mehrere Außenminister betonten in Brüssel, man müsse am Atomabkommen mit dem Iran festhalten. Dies hindere den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen, sagte Maas. Der finnische Außenminister Pekka Haavisto sagte, das Abkommen biete einen wichtigen Gesprächskanal. Wichtig sei eine gemeinsame Haltung zum Abkommen mit dem Iran. Der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak sagte über das Abkommen: «Es ist nicht tot, wir müssen es wiederbeleben.» Mehrere Minister betonten, dazu müsse sich vor allem der Iran bewegen.

Maas meinte, die unmittelbare Kriegsgefahr im Nahen Osten sei erstmal gebannt. Sein Kollege Asselborn sagte, es gehe in der Region nun um die Frage, «wie kann man nachhaltig stabilisieren für die Zukunft». Aus Maas' Sicht ist es sinnvoll, den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in dem Land fortzusetzen. «Das jetzige Ende des Kampfes gegen den IS im Irak würde das Land ganz erheblich destabilisieren und neue Spielräume für den IS schaffen», sagte er.

Asselborn warnte, der Konflikt könnte auf Nachbarländer übergreifen: «Der Irak darf nicht Theater werden von diesen kriegerischen Auseinandersetzungen.» Möglicherweise könne die Nato dort eine größere Rolle spielen als bisher. Dies hatte US-Präsident Donald Trump jüngst gefordert.

Die Außenminister wollten sich auch mit der Lage in Libyen beschäftigen. «Wenn es uns nicht gelingt, in Kürze eine politische Lösung für Libyen zu finden, dann wird Libyen das zweite Syrien», sagte Maas. In dem nordafrikanischen Land herrscht seit Jahren Bürgerkrieg. Die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch kämpft mit dem einflussreichen General Chalifa Haftar um die Macht. Berlin bemüht sich seit Monaten mit Unterstützung anderer EU-Staaten um eine politische Lösung.

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