«Antonia» sorgt für nächste Sturmnacht

Nachdem das Sturmtief Zeynep mit seinem Zentrum über die Nordseeküste gezogen ist, machen die Menschen an der aufgewühlten See einen Spaziergang. Foto: Volker Bartels/dpa
Nachdem das Sturmtief Zeynep mit seinem Zentrum über die Nordseeküste gezogen ist, machen die Menschen an der aufgewühlten See einen Spaziergang. Foto: Volker Bartels/dpa

BERLIN/OFFENBACH: Erst «Ylenia», dann «Zeynep», jetzt «Antonia»: Die Serie schwerer Stürme geht weiter und dürfte vielen Menschen in Deutschland eine unruhige Nacht gebracht haben. Doch die Wetteraussichten machen auch Hoffnung.

Die Serie heftiger Stürme über weiten Teilen Deutschlands ist in der Nacht weitergegangen. Sturmtief «Antonia» sorgte erneut für schwere Sturmböen, nachdem in den vergangenen Tagen bereits durch die Orkantiefs «Ylenia» und «Zeynep» reihenweise Bäume umgestürzt und Gebäude beschädigt worden waren. Für die deutsche Nordseeküste bestand wieder Sturmflutgefahr, warnte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. Bahnreisende müssen sich zum Wochenstart wegen erheblicher Schäden auf Beeinträchtigungen einstellen.

Für etliche Regionen von der Ostseeküste bis zum Alpenrand war die Warnkarte des DWD in der Nacht auf Montag orange bis rot eingefärbt - dort bestanden Unwetterwarnungen vor Sturm- und Orkanböen. Bäume könnten entwurzelt werden, Dachziegel oder andere Gegenstände herabstürzen. «Schließen Sie alle Fenster und Türen! Sichern Sie Gegenstände im Freien!», hieß es vom DWD für die betreffenden Regionen. «Vermeiden Sie möglichst den Aufenthalt im Freien!»

«Die Sturmlage müssen wir bis zum Montag noch durchstehen», hatte ein DWD-Meteorologe in Offenbach am Sonntag vorhergesagt. Erst ab dem Abend beruhige sich das Wetter. «Der Wind wird die Woche aber weiter Thema bleiben», erklärte er. «Allerdings wird das eine ganz andere Hausnummer als das, was wir in diesen Tagen erleben.»

Die Deutsche Bahn (DB) bat ihre Fahrgäste, sich zu informieren, ob die geplante Fahrt möglich sei. Dies gelte insbesondere für Pendler im Berufsverkehr. Wer könne, solle die Reise verschieben. Nach Angaben der Bahn waren nach den zurückliegenden Sturmtagen zwischenzeitlich insgesamt mehr als 6000 Kilometer des Streckennetzes nicht befahrbar. Rund 2000 Einsatzkräfte seien rund um die Uhr unterwegs, um umgestürzte Bäume zu beseitigen und Oberleitungen zu reparieren.

In Nordrhein-Westfalen stellte die Bahn wegen des Sturmtiefs «Antonia» am Sonntagabend den Regionalverkehr ein. «Wir schicken ab 20.00 Uhr keine neuen Züge mehr auf die Strecke», hatte eine Sprecherin gesagt. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme. Am Montagmorgen sollten Regionalzüge dann voraussichtlich den Betrieb wieder aufnehmen. Die Eisenbahngesellschaft Metronom, die viele Regionallinien in Niedersachsen, Hamburg und Bremen betreibt, wollte ihren Zugverkehr am Sonntag ebenfalls schrittweise einstellen. Voraussichtlich bis Montagnachmittag sei ein Bus-Notverkehr geplant.

Dennoch müssen sich Fahrgäste auch am Montag auf Einschränkungen im Bahnverkehr einstellen. Aufgrund von Unwetterschäden sei mit Verspätungen und Zugausfällen zu rechnen, teilte die Bahn mit. Demnach verkehren keine Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Rostock/Stralsund, zwischen Berlin und Rostock/Stralsund, zwischen Norddeich Mole/Emden und Köln und zwischen Siegen und Dortmund. Mit Beeinträchtigungen aufgrund des Unwetters bis Montagnachmittag rechnet die Bahn außerdem für den Regionalverkehr in Nordbaden, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Auch in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt bleibt der Bahnverkehr bis voraussichtlich Montagnachmittag eingeschränkt.

Wegen des erwarteten Unwetters in Teilen Bayerns und Einschränkungen im Zugverkehr soll im unterfränkischen Landkreis Miltenberg an diesem Montag teils der Unterricht ausfallen. Hintergrund sei, dass die Westfrankenbahn von Sonntagabend bis Montagmorgen den Zugverkehr im gesamten Streckennetz einstelle, teilte das Bayerische Kultusministerium mit.

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) verlangte von der Deutschen Bahn ein besseres Unwetter-Krisenmanagement. So mahnte er einen gründlicheren und früheren Grünschnitt an, um entlang der elektrifizierten Strecken Baumstürze auf Oberleitungen zu verhindern. Er werde dies noch einmal an DB-Vorstand Ronald Pofalla adressieren, kündigte er am Sonntagabend an.

Behinderungen gibt es nicht nur auf der Schiene, sondern zum Beispiel für Schiffsreisende auf der Ostsee zwischen Rostock und Dänemark. Wie die Fährreederei Scandlines mitteilte, sind die Fahrten zwischen Rostock und dem dänischen Hafen Gedser bis Montagmittag abgesagt.

Wegen des Unwetters und nach einem Autounfall ist die Zoobrücke in Köln am Sonntag gesperrt worden. Wegen des starken Windes hatte sich dort am Abend der leere Anhänger eines Autos aufgeschaukelt, wie ein Polizeisprecher sagte. Der Fahrer verlor demnach die Kontrolle über seinen Wagen und krachte durch die Mittelleitplanke der Brücke. Die Sperrung werde vermutlich wieder aufgehoben, sobald sich der Wind beruhigt habe.

In den vergangenen Tagen waren wegen der Orkantiefs «Ylenia» und zuletzt «Zeynep» mindestens sechs Menschen bei Unfällen in Deutschland gestorben. Tödliche Unfälle gab es auch in mehreren anderen Ländern Europas, etwa in Polen, den Niederlanden, Großbritannien und Belgien.

«Ylenia» und «Zeynep» dürften die Versicherer nach ersten Schätzungen mehr als 1,4 Milliarden Euro kosten. «Zeynep» habe versicherte Schäden von über 900 Millionen Euro verursacht, teilte die auf Versicherungsmathematik spezialisierte Unternehmensberatung Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) in Köln mit. Es sei der intensivste Sturm seit «Kyrill» im Jahr 2007 gewesen. Die versicherten Schäden des Sturms «Ylenia» schätzte das Unternehmen auf 500 Millionen Euro.

Allein die Feuerwehr in Berlin rückte zu rund 4000 wetterbedingten Einsätzen zwischen Donnerstagfrüh und Sonntagnachmittag aus. Somit sei es «der einsatzreichste Ausnahmezustand Wetter in der Geschichte der Berliner Feuerwehr» gewesen, teilte die Hauptstadtfeuerwehr mit. Bei einem solchen Ausnahmezustand werden zum Beispiel auch die freiwilligen Feuerwehren zum Dienst gerufen.

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