Söder und Kurz versuchen Druck hoch zu halten

Ministerpräsident Markus Söder (l.) und Österreichs Kanzler Sebastian (r.) Kurz. Foto: epa/Michael Gruber
Ministerpräsident Markus Söder (l.) und Österreichs Kanzler Sebastian (r.) Kurz. Foto: epa/Michael Gruber

LINZ (dpa) - Während in Berlin der Bruch der Regierung wegen des Asylstreits von CDU und CSU zumindest bis Ende des Monats vom Tisch ist, versuchen Österreich und Bayern den Druck hoch zu halten. Kann das gut gehen?

Es könnte doch so einfach sein. Zumindest aus der Sicht von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Österreichs Kanzler Sebastian Kurz. Wenn es nach dem Willen und den Vorstellungen der befreundeten Männer ginge, wären Streitigkeiten über Grenzkontrollen, Asylverfahren oder die Zurückweisung von Flüchtlingen, wie sie im Moment in Deutschland und europaweit für Ärger sorgen, kein Thema. Immerhin haben beide schon 2015 während der Flüchtlingskrise und damit zeitgleich zur Öffnung der deutschen Grenze für Flüchtlinge durch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) - stets vor einer Rückkehr der innereuropäischen Grenzkontrollen gewarnt. «Uns verbindet, dass wir diese Position schon immer vertreten haben», betont Söder.

Drei Jahre später heißt die deutsche Kanzlerin zwar immer noch Merkel, jedoch hat sich die Stimmung massiv verändert. Die 2015 gefeierte Willkommenskultur der Deutschen für tausende Flüchtlinge ist verflogen, stattdessen sind nationale Töne mit Slogans wie Sicherheit und Abschottung in aller Munde. Diese Position werde immer mehrheitsfähiger, sagt Söder und erhält nickende Zustimmung von Kurz.

Kurz nutzt seinerseits die Situation und macht erneut die deutsche Asylpolitik von 2015 für die innereuropäischen Grenzkontrollen verantwortlich: Diejenigen, die damals die Grenzen geöffnet hätten, «haben es verschuldet, dass es heute Grenzkontrollen gibt zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich, und die Situation vielleicht noch schlimmer wird.»

Die Tagesbotschaft ist damit schon vor der ersten gemeinsamen Sitzung der Kabinette aus München und Wien klar: Bei der Suche nach einer europäischen Lösung für die Zuwanderung hoffen die Merkel-Kritiker Söder und Kurz auf mehr politische Schlagkraft zur Durchsetzung ihrer «gemeinsamen Haltung im Geiste», wie Söder es nennt. Am Ende der Sitzung steht eine lange Vereinbarung zu Themen wie Europa, Migration und Digitalisierung, die im Vergleich zu den symbolträchtigen Bildern aber wohl kaum großen Widerhall erfahren wird.

Während Kurz diese Stimmung für die am 1. Juli startende Präsidentschaft Österreichs im Europäischen Rat braucht, hat Söder nur den 14. Oktober, die Landtagswahl in Bayern, im Blick. Und Söder weiß genau, dass der Ausgang des aktuellen Asylstreites am Ende auch maßgelblich über sein politisches Schicksal mitentscheiden wird.

Nachdem die CSU in Person von Söder und Parteichef sowie Bundesinnenminister Horst Seehofer die Fronten gegen Merkel in der Asylfrage klar abgesteckt hat, sind Kurz und Österreich der zweite Trumpf im Kampf für eine restriktivere Asylpolitik. «Wir setzen auf die Ratspräsidentschaft Österreichs und hoffen auf einen neuen Geist in der Europäischen Union», sagt Söder. Neben der von Merkel abgelehnten Zurückweisung aller Flüchtlinge an der Grenze, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, gehöre dazu der intensivierte Schutz der EU-Außengrenzen und die Einrichtung sogenannter Schutzzonen in Afrika.

Angesichts der gemeinsamen Ziele in der Asylpolitik spielen die eigentlichen Probleme zwischen Bayern und Österreich - allen voran die Blockabfertigung für Lastwagen auf den Autobahnen nach Österreich, gegen die Deutschland sogar Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht hat - kaum eine Rolle, auch wenn Kurz zu Beginn extra vor Kameras betont, dass Freunde sich auch in strittigen Punkten offen die Meinung sagen könnten. Bei den blockweisen Abfertigungen wird in einem bestimmten Zeitfenster nur eine begrenzte Zahl von Lkw durchgelassen, was auf deutscher Seite regelmäßig zu langen Staus führt.

Mit seinem Asyl- und Islamkritischen Wahlkampf konnte Kurz seine Partei ÖVP im Oktober 2017 im österreichischen Wahlkampf auf 31,4 Prozent und damit zum Gewinner der Wahl zu führen. Für Söder ist der Sachverhalt komplizierter. Und dies nicht nur, weil für die CSU Ergebnisse fernab der absoluten Mehrheit schon als Niederlage empfunden werden und ein Wahlkampf gegen Berlin unglaubwürdig erscheint, da die CSU selbst ein Teil der Bundesregierung ist.

Söder hat zudem das Problem, dass die AfD im gleichen Maße von der Asyldebatte profitiert wie sie für die CSU zu Schicksalsfrage wird. Ein Rückzieher würde die Partei und damit auch Söder als Spitzenkandidat im Wahljahr massiv beschädigen. «Das wäre ein Glaubwürdigkeitsverlust, von dem sich die CSU wohl auf Jahre nicht erholen würde», bringt es jüngst Seehofer auf den Punkt.

Für den Franken bleibt daher nur die Hoffnung, dass sich Merkel bis zum EU-Gipfel Ende des Monats entweder mit einer europäischen Lösung durchsetzen kann. Damit diese auch wirklich so aussieht, wie die CSU es einfordert, hält er den Druck auf die Kanzlerin konstant hoch. So auch an diesem Mittwoch, wo er in Linz beinahe nebenbei auch Merkels Absprache mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron infrage stellt.

«Wir können jetzt nicht zusätzliche Schattenhaushalte auf den Weg bringen oder versuchen, die Stabilität der Währung aufzuweichen. Oder gar am Ende mit deutschen Zahlungen versuchen, irgendwelche Lösungen zu erreichen», sagt Söder und warnt Merkel damit direkt davor, andere europäische Länder mit finanziellen Zusagen zu einer Zusammenarbeit in Asylfragen zu bewegen. Auch hierfür erhält er von seinem Freund Sebastian wohlwollendes Nicken.

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