Vor 40 Jahren endete der Falklandkrieg

​«Erinnerung einer Generation» 

40. Jahrestag des Falklandkrieges. Foto: epa/Matias Martin Campaya
40. Jahrestag des Falklandkrieges. Foto: epa/Matias Martin Campaya

STANLEY: Recht schnell eroberten britische Truppen die Falklandinseln von Argentinien zurück. Der Krieg, der vor 40 Jahren endete, hat die Inseln im Südatlantik stark verändert. Doch die alten Sorgen treiben die Bewohner auch heute um - neue Probleme könnten hinzukommen.

Stolz blickt Margaret Thatcher hinaus aufs Meer. Wohl an keinem anderen Ort der Welt ist die britische Ex-Premierministerin so beliebt wie hier - knapp 12.700 Kilometer entfernt von London. Auf den Falklandinseln ist die «Iron Lady» eine Heldin. Als argentinische Truppen die abgelegenen Inseln im Südatlantik besetzten, befahl Thatcher umgehend die Rückeroberung. Der Coup gelang - an diesem Montag (20. Juni) ist es 40 Jahre her, dass die Regierung in London den Falklandkrieg für beendet erklärte. Die Inseln blieben britisch.

Bei den Gedenkfeiern zum Jahrestag wird deutlich, wie viel der Sieg auch heute noch den Einwohnern bedeutet. Liza ist mit Ehemann Lee, den sie traf, als er bei den Royal Engineers diente, zum Gottesdienst in die Kathedrale von Stanley gekommen. Sie hat Tränen in den Augen, als sie sich an die 74 Tage der argentinischen Besatzung erinnert. «Wir gedenken jedes Jahr der tapferen Soldaten, die uns befreit haben», erzählt sie, die damals sechs Jahre alt war. «Wir sind ihnen so dankbar, dass wir das Leben so weiterführen können, wie wir es wollen.» Dann bricht ihre Stimme.

Gab es Ende der 1970er Jahre Überlegungen, die Hoheit über die weit entfernten Inseln mit Argentinien zu teilen oder sogar - nach dem Vorbild Hongkongs - nach 100 Jahren ganz aufzugeben, ist davon längst keine Rede mehr. Im Gegenteil: Die Bande mit dem Mutterland sind seit 1982 deutlich enger geworden. Eine «Luftbrücke» genannte Direktverbindung aus England - mit Tankstopp im westafrikanischen Inselstaat Kap Verde - bietet einfachere Reisen zu Freunden und Verwandten. «Früher konnten sich nur Wohlhabende einen Urlaub leisten», erzählt Liza. Zudem sind die Bildungschancen gestiegen. Wer auf den Inseln mit 16 seine mit der Mittleren Reife vergleichbare GSCE-Prüfung macht, kann in England auf eine weiterführende Schule gehen und anschließend weltweit studieren.

Auch die Wirtschaft hat enorm profitiert. Wenige Jahre nach dem Krieg richtete Großbritannien eine Exklusive Wirtschaftszone um die Inseln ein. Damit konnten falkländische Fischkutter nun Arten fangen, die deutlich mehr Gewinn brachten. «Vor 1982 waren wir ein kleines Land von Schafbauern, fast vollständig abhängig von Wolle», sagt John Birmingham, der seit Jahren in der Legislative Assembly sitzt, dem lokalen Parlament mit acht Mitgliedern. «Jetzt haben wir gleich drei Standbeine: Fischerei, Landwirtschaft und Tourismus.» Der Krieg, so sehen sie es hier bei aller Trauer um die 255 getöteten britischen Soldaten und Hunderten Verletzten, hat der sturmumtosten Region neue Wege geöffnet.

In London versichern Spitzenpolitiker wie Premierminister Boris Johnson und Außenministerin Liz Truss die klare Unterstützung. Wer sich auf den Falklandinseln umschaut, kann sich nur schwer vorstellen, über dem britischen Überseegebiet könnte eine andere Fahne wehen als der «Union Jack». Fast einstimmig haben Falkländerinnen und Falkländer 2013 in einem Referendum für den Status quo votiert.

Britische Fahnen wehen einträchtig neben den heimischen Flaggen an Häusern und Autos. Zum Gedenkgottesdienst ist der «Union Jack» über dem Altar drapiert. In der mit zahlreichen Fahnen geschmückten Stadthalle herrscht großer Andrang, als unter Fotos von Ex-Premier Thatcher und Queen Elizabeth II. eine britische Militärkapelle aufspielt. Das «krumme» 40. Jubiläum wird mit Pomp begangen.

«Es ist die Erinnerung einer Generation», erklärt Kirchenvorstand Stirling Harcus. «Für viele ist es vermutlich die letzte Chance, hierherzukommen.» Mehrere Veteranen sind zu den Feiern angereist. Eindringlich erzählen vier Besatzungsmitglieder der «HMS Plymouth» von dem Tag, als ihre Fregatte schwere Bombentreffer erlitt, und zwei ehemalige Gurkhas berichten vom schwierigen Marsch über schroffes Terrain im arktischen Winter.

Eitel Sonnenschein herrscht aber nicht. Fern von aktuellen Kriegen ist im Südatlantik ein eingefrorener Konflikt zu beobachten. Nicht wenige fürchten, dass Argentinien in der Zukunft erneut versuchen könnte, sich die Pinguininseln einzuverleiben. Denn seit gut einem Jahrzehnt ist der Anspruch auf die Malvinas, wie die Inseln in Argentinien heißen, in der Verfassung verankert. Das betonte auch die Regierung in Buenos Aires anlässlich des Jahrestags. Zuletzt versicherte China Argentinien seine Unterstützung.

«Sie nutzen diesen Ort als eine Ablenkung von innenpolitischen Krisen», sagt hingegen John Birmingham. «Die Vorstellung, dass alle ihre Probleme verschwunden wären, wenn die Argentinier die Kontrolle über diese Inseln hätten, ist für jeden vernünftigen Menschen einfach lächerlich.» Die Falklandinseln hätten weltweit ausreichend Unterstützung, ist der Lokalpolitiker überzeugt.

Doch es gibt auch neue Sorgen auf den Falklandinseln - den Brexit. Birmingham schreit auf, als der Begriff fällt. Als Overseas Territory genoss die Region die Vorteile der britischen EU-Mitgliedschaft - vor allem die Zollfreiheit für Fisch- und Fleischprodukte im wichtigen Absatzmarkt EU. Doch seit dem EU-Austritt, bei dem die Falkländer nicht abstimmen durften, sind diese Vorteile verschwunden. Man müsse überlegen, ob sich der Handel mit der EU unter diesen Bedingungen noch lohne, heißt es aus der örtlichen Regierung. Das aber könnte auf einen Schlag die Hälfte des Bruttoninlandsprodukts kosten. 40 Jahre nach dem Krieg suchen Falklandinseln einmal mehr nach ihrem eigenen Weg.

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