Erfüllt sich Vettel den Formel-1-Titeltraum?

Foto: epa/Srdjan Suki
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MELBOURNE: Am 27. Oktober 2013 wird Sebastian Vettel in Indien vorzeitig zum vierten Mal Formel-1-Weltmeister. Seit diesem Tag jagt er Titel Nummer fünf hinterher. Gelingt Vettel in diesem Jahr nun mit Ferrari sein erster Triumph? Skepsis ist angebracht.

Für Sebastian Vettel zählt nur die WM. In seinem sechsten Ferrari-Jahr will sich der viermalige Formel-1-Weltmeister endlich mit der Scuderia zum Titelträger krönen. Es gibt vor dem Saisonstart in Australien genügend Zweifel an dieser komplizierten Mission - allerdings spricht auch einiges für Vettel.

VETTEL PACKT ES NOCH!

Sebastian Vettel fühlt sich bei Ferrari wohl, er versteht sich als Teil dieses Prestigerennstalls. Auch nach fünf Jahren ohne WM-Titel mit der Scuderia ist bei ihm kein Spannungsabfall zu erkennen. «Sebastian weiß, dass für den Erfolg entscheidend ist, ein Team zusammenzuschweißen und ein hohes Maß an Motivation zu behalten», sagte sein früherer Teamchef bei Toro Rosso - heute Alpha Tauri - Franz Tost. Für ihn ist mit der Anstellung bei der Scuderia ein Traum aus Kindheitstagen wahr geworden, den er unbedingt mit dem WM-Titel krönen will. Diesen Anspruch lebt der Heppenheimer, der nicht ohne Grund mit Red Bull von 2010 bis 2013 die Formel 1 beherrschte, auch vor. «Ich weiß, dass ich mich steigern kann und steigern muss», meinte der 32-Jährige selbstkritisch.

Sein neuer Dienstwagen SF1000 liegt ihm mehr, ist das schmalere und kompaktere Heck doch nicht mehr so unruhig wie zuletzt. Da das Regelwerk stabil geblieben ist, dürfte das Fahrerfeld noch enger zusammenrücken. Das könnte auch heißen, dass sich Titelverteidiger Lewis Hamilton nicht mehr so deutlich absetzen dürfte. Mercedes offenbarte zudem in den Tests unerwartete Probleme mit dem Motor, was Zweifel an der Zuverlässigkeit des Wagens weckt. Das kann Ferrari und Vettel nur dienlich sein. «Wir verlangen uns mehr ab als jeder andere», meinte Ferrari-Präsident Louis Camilleri kämpferisch.

Die Scuderia hat nach der enttäuschenden Saison 2019 zudem etwas Verblüffendes getan: Sie hat auf Kontinuität auf der Führungsebene gesetzt. Mattia Binotto blieb Teamchef und durfte an der Weiterentwicklung des Wagens arbeiten. Vettel selbst ist ein Befürworter von Beständigkeit. «Ich denke, er ist ein großartiger Anführer für das Team», sagte Binotto über den Hessen.

VETTELS WM-ZEIT IST VORBEI!

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto hat den Nummer-eins-Status von Vettel aufgehoben. «Sie werden auf demselben Level sein, sie können beide darum kämpfen, vorne zu sein», sagte der frühere Technikdirektor bei der Vorstellung des SF1000 über den Deutschen und dessen Stallrivalen Charles Leclerc. Der 22-jährige Monegasse zeigte eine imposante Premierensaison bei der Scuderia: Er lag bei den Siegen (2:1) vor Vettel, in den Qualifikationsduellen (12:9) und auch im WM-Klassement (4.:5.). Leclerc muss in seinem zweiten Ferrari-Jahr zwar seine Leistungen bestätigen, er steht aber längst für die Zukunft der Italiener. Nicht umsonst erhielt er einen Vertrag bis Ende 2024.

Und Vettel? Nach fünf Jahren hat er Ferrari noch immer nicht zum WM-Titel geführt. Seinem Idol Michael Schumacher war genau das 2000 gelungen. Vettel erlaubte sich 2019 selbst zu viele Fahrfehler und wurde auch oft genug vom Kommandostand im Stich gelassen. In den Tests vor dieser Saison zeigte sich der rote Rennwagen zwar in den Kurven deutlich schneller, hat aber den Eindrücken aus Barcelona zufolge dafür auf den Geraden an Speed eingebüßt. Der Wagen scheint nicht der ganz große Wurf zu sein, um die Silberpfeile zu stürzen.

Der viermalige Weltmeister aus Heppenheim glaubt unverdrossen an seine Chance, der erste Ferrari-Champion seit Kimi Räikkönen 2007 zu werden. «Mein WM-Auftrag ist klar», versicherte Vettel. Er rast aber in seinem vorerst letzten Vertragsjahr auch gegen sein Aus beim traditionsreichsten Formel-1-Rennstall an. Ausschließlich auf die Arbeit im Cockpit kann sich der Familienvater nicht konzentrieren. Selbst wenn Vettel im Teamduell mit Leclerc die Oberhand gewinnen sollte, hat er in Lewis Hamilton noch ein ganz anderes Problem. Der Mercedes-Pilot will sich nicht entthronen lassen und in diesem Jahr zum siebten Mal Weltmeister werden - wie einst nur Schumacher.

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