Erdogan: Türkei und EU könnten auch getrennte Wege gehen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Foto: epa-efe/Rajat Gupta
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Foto: epa-efe/Rajat Gupta

ISTANBUL: Die Türkei könnte sich nach Aussage von Präsident Recep Tayyip Erdogan von der EU entfernen. «Die Europäische Union ist bemüht, sich von der Türkei loszulösen. Wir werden diese Entwicklung unsererseits bewerten und, falls nötig, getrennte Wege von der EU gehen», sagte Erdogan am Samstag vor Journalisten in Istanbul, ohne dies vor seinem Abflug zur UN-Vollversammlung in New York weiter auszuführen.

Hintergrund der Äußerungen schien der jüngste Bericht des Europäischen Parlaments, in dem die Abgeordneten mit Blick auf einen möglichen EU-Beitritt der Türkei erneut ihre Bedenken vorbrachten angesichts rechtsstaatlicher Defizite in dem Land. Der Beitrittsprozess könnte «unter den aktuellen Umständen» nicht wiederaufgenommen werden, hieß es darin.

Die EU hatte 2005 Beitrittsgespräche mit der Türkei begonnen. Diese liegen allerdings seit Jahren auf Eis, weil Brüssel inakzeptable Entwicklungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sieht. Seit dem Umbau in ein Präsidialsystem 2018 hat Erdogan weitreichende Vollmachten. Parlament und Institutionen sind geschwächt.

Direkt nach seiner Wiederwahl im Mai hatte Erdogan eine Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses gefordert. Die Türkei benötigt angesichts einer massiven Inflation und dem Wiederaufbau in der Erdbebenregion Investitionen aus dem Westen. Auch der türkische Außenminister Hakan Fidan hatte sich Anfang September für eine Beschleunigung des Prozesses ausgesprochen.

Den Bericht aus Brüssel wies das türkische Außenministerium als «haltlos» und «auf Desinformation basierend» zurück.

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Thomas Sylten 17.09.23 23:40
Vorsicht Falle
Eigentlich wäre eine Türkei in der EU eine feine Sache - wenn man den zurzeit um den ersten Platz in Rückständigkeit rangelnden muslimischen Ländern damit aufzeigen könnte, dass auch islamische Staaten prosperieren würden, sobald sie gesellschaftlichen Fortschritt zuließen.

Voraussetzung wäre freilich, dass sich die Türkei den westlichen aufgeklärten Werten verpflichtet - und exakt dies ist unter Erdoğan nicht denkbar, da er allen Ansätzen zur Aufklärung widerspricht. D.h., die Nichtaufnahme der Türkei muss immer an deren Weigerung der Übernahme aufgeklärter westlicher Grundwerte gekoppelt sein - nicht aber an ihre Eigenschaft als muslimisches Land.

Denn Ersteres ist legitime Verhandlungsmasse über zueinander passende Partner und von der Türkei selbst beeinflussbar -
Letzteres wäre von der Türkei nicht beeinflussbarer R45515mus seitens der EU. Also das Gegenteil von westlichen Werten und Aufklärung seitens der eben darauf bestehenden EU.
Jürgen Franke 17.09.23 18:10
Die EU wird mit Erdogan leben müssen,
da er vor einigen Monaten, nach einer spannenden Wahl wiedergewählt wurde.
werner spierling 17.09.23 15:40
Was schöneres könnte uns gar nicht passieren die Türkei hat in der EU nix verloren das wäre sonst der Todesstoß Millionen Türken wären dann die nächsten Wirtschaftsflüchtlinge die unsere Sozialkassen plündern.die Türkei ist eine Diktatur mit Diktator Erdogan.
Volker Schacht 17.09.23 15:40
Der Irre vom Bosporus, wie Erdowahn in Brüssel zuweilen genannt wird, leidet gerne mal unter Realitätsverlust. Wenn ein Land in die EU will, hat es die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen und nicht umgekehrt. Die Türkei hat unter Erdowahn unter lautem Getöse einen Schritt in Richtung EU gemacht um dann leise zwei Schritte zurück zu machen. Solche Bündnispartner braucht die EU nicht.
Michael R. 17.09.23 15:10
Beitritt bleiben lassen
Hoffentlich hält sich die EU auch an Erdogans "Drohung", man könne getrennte Wege gehen und läßt den unnötigen Beitritt der Türken endgültig bleiben. Niemand braucht einen muslimischen Staat in Europa, weder unter Erdogan noch unter einem Nachfolger.
Wenn die Türken in einen Staatenbund wollen, dann sollen sie mit ihren Glaubensbrüdern da unten im Nahen und Mittleren Osten einen eigenen gründen. Es ist schon ärgerlich genug, dass wir Europäer die Türken auf Wunsch der Amis in der NATO dulden müssen.
Dracomir Pires 17.09.23 13:40
Die Türkei ist nicht in Europa ...
.... und hat auch sonst nichts mit der Europäischen Union gemeinsam. Man sollte den Kriegstreiber auch aus dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato werfen.
Ingo Kerp 17.09.23 13:10
Bisher ist nicht erkennbar gewesen, das sich die Türkei in Richtung EU und deren Vorgaben genähert hätte. Auch als NATO Mitglied scheint man in der Türkei einen eigenwilligen eigenen Gang zu gehen, z.B. was den Waffeneinkauf anbelangt. Da die Türkei mit 97% ihrer Landmasse dem asiatischen Kontinent zuzurechnen ist, sollte sie da ihre Zugehoerigkeit suchen.