Erdbeben im Osten der Türkei

Retter durchsuchen Trümmer, 22 Tote

Foto: epa/Omer Yasin Ergin
Foto: epa/Omer Yasin Ergin

ISTANBUL (dpa) - Es war schon dunkel, als die Erde bebte. Wieder und wieder. Mindestens 22 Menschen starben im Osten der Türkei, ebenso viele werden noch unter den Trümmern vermutet. Bei Minusgraden suchen Retter nach ihnen. Auch ein Gefängnis wurde zerstört.

Ein schweres Erdbeben hat den Osten der Türkei erschüttert. Mindestens 22 Menschen wurden getötet, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einem Besuch in der Erdbebenregion am Samstag. Hunderte Menschen wurden offiziellen Angaben zufolge verletzt. Das Beben hatte die Stärke 6,8, wie die Katastrophenschutzbehörde Afad mitteilte. Es sei von rund 400 Nachbeben gefolgt worden. Das Beben hatte sein Zentrum in der Provinz Elazig und ereignete sich gegen 21 Uhr Ortszeit.

Mehrere Gebäude stürzten ein. Behörden gingen am Samstag davon aus, dass noch 22 Menschen von den Trümmern verschüttet seien, so Innenminister Süleyman Soylu. Erdogan sprach am Samstagnachmittag von mehr als 1000 Verletzten. Gesundheitsminister Fahrettin Koca hatte zuvor gesagt, 382 Menschen seien in Krankenhäusern behandelt worden.

Retter konnten bisher 42 Verschüttete lebend bergen, wie der Staatssender TRT meldete. Dramatische Aufnahmen des Senders zeigten Dutzende Retter, die schweigend auf dem Dach eines eingestürzten Gebäudes in der 600 000-Einwohner Stadt Elazig arbeiteten. Auch die Rettung einer älteren Frau war auf den Bildern zu sehen - und schockierte Augenzeugen, die sich um das Geschehen versammelten. «Meine Tochter ist auch dort», rief die Frau und deutete auf die Trümmer, aus denen sie eben gezogen worden war. Dann wurde sie mit einem Krankenwagen weggebracht.

Örtliche Medien zeigten auch die Bergung einer 45-jährigen Frau, die zuvor unter den Trümmern eines Wohnhauses per Handy von den Rettern kontaktiert werden konnte. Umherstehende Menschen applaudierten, einige mit Tränen in den Augen, als die Gerettete zu einem Krankenwagen gebracht wurde.

Mit speziellen Sensoren hörten Retter die Trümmer nach Überlebenden ab, auch Bagger und Spürhunde seien im Einsatz, sagte ein Retter. Nach Angaben des TV-Senders CNN Türk sind unter den Geretteten mindestens zwei Kinder. Wie der Sender TRT weiter berichtete, konnte auch eine Schwangere lebend befreit werden.

In der ersten Nacht nach dem Beben hätten Temperaturen von Minus acht Grad Celsius die Rettungsarbeiten erschwert, meldete der Katastrophenschutz. Anwohner boten in den sozialen Medien Hilfe und Unterkunft für Betroffene. Viele hatten Angst, in ihre Häuser zurückzukehren und sagten dem Sender TRT am Samstag, sie würden die Nacht im Freien verbringen.

In der benachbarten Stadt Adiyaman wurde ein Gefängnis beschädigt. Die insgesamt 814 Insassen sollten in anderen Haftanstalten in der Region untergebracht werden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf das Justizministerium.

Erdogan hatte seine Termine in Istanbul abgesagt und war am Nachmittag kurzfristig nach Elazig gereist. «Unsere Regierung tut alles - und wird alles tun - was in ihrer Macht steht», sagte er vor versammelten Menschen. Erdogan nahm auch an der Beerdigung einer 45 Jahre alten Frau und ihres zehn Jahre alten Sohnes teil. Er versprach, dass zerstörte Häuser schnell wieder aufgebaut würden.

Zuvor hatte Erdogan laut Anadolu zugesichert, es würden alle Maßnahmen getroffen, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. In einem Tweet wünschte er den Verletzten schnelle Heilung und den Toten die Gnade Gottes. Außerdem habe er mehrere Minister in die Region entsandt, darunter die Minister Soylu und Koca.

In einem Kondolenzschreiben an Erdogan sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Anteilnahme aus. «Nach meiner Rückkehr aus Istanbul habe ich von dem schweren Erdbeben im Osten Ihres Landes erfahren; dies hat mich mit Trauer und großem Bedauern erfüllt», schrieb Merkel. Sie bot der Türkei «tatkräftige Unterstützung» an.

Aus dem türkischen Verteidigungsministerium hieß es, es seien Krisenstellen eingerichtet worden, um Such- und Rettungsmissionen zu unterstützen. Das Militär ließ mitteilen, es stehe bereit, falls seine Hilfe benötigt werde. Die Katastrophenschutzbehörde meldete, sie habe Hunderte Helfer sowie Zelte, Betten und Decken in die Region geschickt.

In sozialen Medien äußerten sich viele Menschen bestürzt, darunter der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und der türkischstämmige Fußballer Mesut Özil. «Meine Gebete sind mit allen, die von dem Erdbeben in der Türkei betroffen sind», schrieb der deutsche Ex-Nationalspieler auf Twitter. Borrell sprach dem türkischen Volk seine Solidarität und den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus.

Die Türkei ist besonders erdbebengefährdet. Eines der folgenreichsten Beben war eines der Stärke 7,6 im Jahr 1999 mit Epizentrum in Gölcük südöstlich von Istanbul. Damals gab es Zehntausende Verletzte und Tote.

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