Enthüllungsjournalist Wallraff zu Strache-Video

«Gelungener Coup»

Foto: epa/Florian Wieser
Foto: epa/Florian Wieser

KÖLN (dpa) - Enthüllungsjournalist Günter Wallraff hat die heimlichen Aufnahmen, die zum Rücktritt des österreichischen Vize-Kanzlers Heinz-Christian Strache (FPÖ) geführt haben, als «gelungenen Coup» bezeichnet. «Aber man möchte wissen, wer dahinter steckt. Wahrscheinlich eine größere Organisation», sagte Wallraff der Deutschen Presse-Agentur.

Das von «Süddeutscher Zeitung» und «Spiegel» veröffentlichte Video zeigt, wie Strache einer vermeintlichen russischen Oligarchin 2017 auf Ibiza öffentliche Aufträge in Aussicht stellt, wenn sie seiner Partei FPÖ zum Wahlerfolg verhilft. Das Video führte nicht nur zu Straches Rücktritt, sondern auch zum Bruch der rechtskonservativen Regierungskoalition Österreichs und zur Ankündigung von Neuwahlen.

Es sei «sehr unheimlich», welche Koalitionen und Schulterschlüsse Rechtspopulisten einzugehen bereit seien, so Wallraff. «Das hätte man früher nicht für möglich gehalten. Das österreichische Beispiel sollte uns zur Warnung dienen. Es ist sehr positiv, dass dieser Korruption das Handwerk gelegt wurde», sagte Wallraff, der in Köln lebt.

Die journalistische Methode der versteckten Kamera sei in Deutschland längst als «Lex Wallraff» rechtlich legitimiert. Sie habe sich bewährt «und in Österreich nun ein ganzes Land wachgerüttelt». «Der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht haben dies für zulässig erklärt, wenn damit gravierende Missstände aufgedeckt werden. Ich würde mir nur wünschen, dass diejenigen, die das bewerkstelligt haben, sich zu erkennen geben.» Er selbst habe bei seinen Aktionen mit versteckter Kamera nicht so lange bis zur Veröffentlichung gewartet.

Die auf Ibiza entstandenen Aufnahmen Straches sollen aus dem Jahr 2017 stammen. Die Aktion erinnere ihn an seine Aufdeckung der Putschpläne von Portugals General Antonio de Spinola 1976, sagte Wallraff. Die Aufdeckung der Pläne hatte dazu geführt, dass Spinola sein Exil in der Schweiz verlassen musste und sich nach Südamerika absetzte.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 21.05.19 20:26
ich kann mich an die 20---
noch nicht gewöhnen. Danke für den Hinweis
Hans-Dieter Volkmann 21.05.19 14:51
J.Franke 21.05.19 13:12
Natürlich haben Sie damit Recht. Es kommt nur darauf an welch ein widerlicher Charakter dahinter steckt.
Nur, sind die Videoaufnahmen schon so alt? "1917"
Jürgen Franke 21.05.19 13:12
Grundsätzlich ist es völlig egal, wer hinter
diesen geheim gemachten Videoaufnahmen steckt. Wichtig ist lediglich, dass aufgezeigt wird, welcher widerlicher Charakter in diesen Personen steckt, die eigentlich angetreten sind, das Land zu verbessern. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Aus Geldgier und Machtgeilheit ist Strache (49) in die Falle gelaufen. Durch seinen Rückstritt hat er klar gemacht, dass die Aufnahmen echt waren. Schlimm genug, dass er offensichtlich an diesem besagten Abend 1917 so besoffen war, dass er sich noch ausdrücklich für sein Fehlverhalten bei seiner Frau und seiner Familie öffentlich entschuldige musste. Diese Szenen wurden noch nicht veröffentlicht.