Als Medizintouristin von Österreich zurück nach Hua Hin

Eine seelische Odyssee

Heimweh nach Thailand. Foto: Peera/Adobe Stock
Heimweh nach Thailand. Foto: Peera/Adobe Stock

HUA HIN: Seit dem 25. März 2020 ist die Einreise auf dem Luft-, Land- und Seeweg in Thailand für Ausländer stark eingeschränkt und nur mit Repatriierungsflügen und Sondergenehmigung möglich, weshalb in Übersee gestrandete Expats und Thailänder gleichermaßen unter Heimweh leiden. Im FARANG berichten zwei Frauen von ihrer Odyssee zurück ins Königreich – als österreichische Medizintouristin und als thailändische Staatsbürgerin.

Ingrid Murbach hat es geschafft. In weniger als vier Wochen ist es ihr gelungen, von den zuständigen thailändischen Ministerien als sogenannter „Medical Tourist“ anerkannt zu werden. Sie durfte nun zur Behandlung nach Thailand einreisen. Trotz der kurzen Zeit war es ein nervenaufreibendes Unterfangen, verbunden mit gefühlt Hunderten von E-Mails, mehreren Bank- und Behördengängen, endlosen Formularen, Bescheinigungen – und Tränen.

Angefangen hatte alles mit Ingrids Reise nach Österreich im Frühjahr, um den 96-jährigen Vater zu besuchen, dessen Gesundheitszustand nicht zum Besten war, als plötzlich die Länder dicht machten. Lockdown dort genauso wie hier im Königreich. Zunächst genoss sie die Zeit und war sich sicher, dass es nicht allzu lange dauern würde, wieder heim nach Thailand reisen zu können, denn Hua Hin ist nun mal der Ort, an dem Sie seit Jahren als Ruheständlerin lebt.

Geschafft: Ingrid Murbach (r.) und Michael Vender (l.) beim gemeinsamen Abendessen am 25. September in Hua Hin.
Geschafft: Ingrid Murbach (r.) und Michael Vender (l.) beim gemeinsamen Abendessen am 25. September in Hua Hin.

Doch die Zeit zog sich hin und die Verzweiflung wuchs. Sie vermisste – wie so viele andere Ausgeschlossene – die Freunde, das gewohnte Umfeld, das Eigenheim, schlicht: ihr eigentliches Zuhause.

„Thailand Elite Card“ bisher keine Lösung

Schlussendlich nahm Ingrid Murbach Anfang August Kontakt mit Michael Vender (Immobilienberater Immo Property) in Hua Hin auf und bat um Hilfe. Sie hatte erfahren, dass der deutsche Immobilienberater aktuell seine Freunde und Kunden über Einreisemöglichkeiten informiert und mögliche Lösungswege aufzeigen kann. Schnell war klar, dass sich zwei Möglichkeiten anboten. Erstens: es könne eine Einreise für „Thailand Elite Card“-Inhaber mit Langzeitvisum genehmigt werden. Ingrid Murbach hatte gerade einen Mitgliedsantrag gestellt. Dies erwies sich leider als unmöglich, da wider aller optimistischen Veröffentlichungen in Presse und im Web die endgültige Genehmigung seitens der Behörden noch nicht abgeschlossen war.

Somit blieb nur noch die zweite Möglichkeit, nämlich als „Medical Tourist“ anerkannt zu werden. Denn hierzu erfüllte Ingrid Murbach alle Voraussetzungen: sie hatte zeitnah eine Klinik vor Ort zur Untersuchung aufgesucht und hielt eine gut dokumentierte Krankheitsgeschichte in den Händen, sauber formuliert und mit Stempel und Unterschrift des Arztes versehen. Sie hatte also reellen Behandlungsbedarf, der vom Arzt bestätigt und als dringliche Angelegenheit eingestuft wurde. Dies alles wurde sodann von einem beglaubigten Übersetzungsbüro ins Englische übersetzt.

Die Tatsache, dass Ingrid Murbach bereits als Patientin im renommierten Bumrungrad International Hospital in Bangkok gelistet ist, war für die nächsten Schritte hilfreich. Ihr Verbindungsmann Michael Vender nahm Kontakt mit Udo Kim auf, einem diplomierten Krankenpfleger aus Deutschland mit asiatischen Wurzeln, angestellt beim Bumrungrad Hospital. Er ist dort als Senior Manager verantwortlich für die Betreuung der Expatriates aus den deutschsprachigen Ländern sowie Frankreich.

Udo Kim erläuterte kreativ, ausführlich und schnell alle Wege und Anforderungen, um als Patient nach Thailand einreisen zu können, lieferte die notwendigen Antragsformulare und wichtige Informationsdokumente. Nachweise mittels Vorher-Nachher-Tests, Kontoguthaben, 100.000-USD-Versicherung, umfassende Krankheitsgeschichte, begründete Behandlungsnotwendigkeit, Einwilligungsbescheide zur 14-Tage-Quarantäne und Bezahlungen der sonstigen anfallenden Kosten im Hospital... bis hin zur detaillierten Beschreibung der exakten Vorgehensweise seitens Bumrungrad Hospital, beginnend mit dem sicheren Transport vom Suvarnabhumi Airport zum Hospital, bis hin zur der medizinischen Behandlung.

Das schien zunächst genauso überschaubar wie machbar. Ingrid Murbach machte sich sofort ans Ausfüllen der Formulare und Erfüllen aller weiteren Anforderungen. Da sie sich in Österreich befand, setzte sie sich umgehend mit der Thai-Botschaft in Wien in Verbindung, denn nur jene ausländische Vertretung in einem Land, in dem man sich gerade befindet, kann Einreiseanträge bearbeiten.

Sie wurde freundlich empfangen, erhielt klare Auskünfte und hilfreiche Tipps, aber auch strenge Hinweise zu den Auflagen. Nun nahm die Bürokratie ihren Lauf.

Obwohl die Versicherungspolice alle notwendigen Angaben zur Kostenübernahme bestätigte, wurde hier nochmal eine weitere Bestätigung angefordert. Getan.

Obwohl das Bumrungrad Hospital bereits die Einhaltung der von der Regierung vorgegebenen Regeln und Praktiken sowie die Maßnahmen zu Abholung, Quarantäne und Behandlung bestätigt hatte, wurde deren Medical Team nun nochmals aufgefordert, dies zu bestätigen. Erledigt.

Obwohl vor Wochen als erste Maßnahme das erforderliche Einladungsschreiben (Invitation Letter) seitens des Bumrungrad Hospitals erstellt wurde, gab es plötzlich ein neues Formular mit fast identischem Inhalt, das erneut ausgefüllt und gegengezeichnet werden soll. Abgehakt.

Die geneigten Leser/-innen werden sich vorstellen können, welche seelische Tortur Frau Murbach durchlief, begleitet von verzweifelten WhatsApp Anrufen und Nachrichten sowie E-Mails sowohl an den Verbindungsmann in Hua Hin als auch an das Bumrungrad Hospital.

Am internationalen Flughafen Suvarnabhumi wurde Ingrid Murbach vom Bumrungrad-Team empfangen.
Am internationalen Flughafen Suvarnabhumi wurde Ingrid Murbach vom Bumrungrad-Team empfangen.

Doch schlussendlich, und nach nur wenigen Wochen seit den ersten Schritten, erstellte die Wiener Thai-Botschaft das heißersehnte „Certificate of Entry (COE)“, inklusive Flugbestätigung. Was für ein Glücksgefühl!

Wer nun dachte, dass alles in Sack und Tüten ist, sah sich allerdings getäuscht. Anhand des Flugtickets wurde das Bumrungrad Hospital nochmals aufgefordert, nicht nur die nun feststehenden Ankunftsdaten zu bestätigen, sondern auch das Abholprozedere bis hin zum Quarantänezeitraum. Der Text hierzu wurde vorgegeben. Aber auch dies wurde von dem Medical Team des Hospitals umgehend erledigt.

Absolute Krönung zum Schluss

Bevor es nun langweilig wird, haben wir aber noch die Krönung zu bieten.

Nachdem also das COE offiziell der Frau Murbach zugestellt wurde, folgte am folgenden Tag seitens der Thai-Botschaft eine E-Mail mit einem Formular namens „Confirmation Letter Ministry of Public Health“ im Anhang und die Aufforderung, dieses nun zusätzlich erforderliche Papier vom Hospital auszufüllen, gegenzuzeichnen und – zusätzlicher Druck – noch am selben Tag der Thai-Botschaft zukommen zu lassen. Dies sei nun erforderlich, da das COE nur vom Ministry of Foreign Affairs ausgestellt würde und somit ohne Zustimmung des Gesundheitsministeriums unzulässig sei.

Nicht nur Ingrid Murbach in Österreich, auch der Verbindungsmann in Hua Hin waren zunächst geschockt, doch inzwischen routiniert und motiviert, was die Kooperation mit Udo Kim und dem Medical Team des Bumrungrad Hospital betraf.

Dem nun finalen Hilferuf an das Hospital folgte ein Telefonat zwischen einem Bumrungrad Teammitglied und der Thai-Botschaft in Wien, deren Inhalt nur zu erahnen ist. Aber das Ergebnis, dass dieses zusätzliche Dokument dann doch nicht erforderlich wurde, war der Schlusspunkt der seelischen Odyssee.

Ingrid Murbach landete pünktlich am 31. August in Bangkok und wurde vom Bumrungrad-Team regelkonform in Empfang genommen. Nach überstandener Quarantäne und medizinischer Behandlung ist sie nun wieder „daheim“ in Hua Hin.


Lesen Sie auch den zweiten Teil der Reportage: Rückführungsflug von Zürich nach Bangkok

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