Ein Hair Salon in Pjöngjang

Im Alter zwischen drei und zwölf Jahren beginnt der Mensch in der Regel seine Berufswünsche zu äußern. Zuerst eher spektakuläre Tätigkeiten wie Polizist/-in oder Feuerwehrmann/-frau. Später sind Ärztin und Astronaut die Favoriten, nur Pirat wollte außer mir keiner in der ersten Klasse werden.

„Natürlich kannst du Pirat werden,“ sagte mein verständnisvoller Vater, „aber Piraten müssen schwimmen können, wenn sie beim Entern ins Wasser fallen, kannst du schwimmen?“

Reich wie ein Scheich

Damit hatte er mich am Haken. Ich war nun motiviert, so schnell wie möglich schwimmen zu lernen und als ich es konnte, wollte ich nicht mehr Pirat werden. Es folgten weitere ausgefallene Berufswünsche, die Vater immer irgendwie gewinnbringend für meinen Werdegang zu nutzen wusste, hin und wieder auch für seinen eigenen. Als ich reich wie ein Scheich werden wollte, schlug er vor, in unserem Garten nach Öl zu bohren, drückte mir einen Spaten in die Hand und meinte:

„Zuerst muss das Erdreich gelockert werden, bevor gebohrt werden kann, das machen sie in Saudi-Arabien immer so.“

Wieso er am anderen Tag aber Salatsetzlinge in die Furchen setzte, war mir ein Rätsel.

Da ich fürchtete, dass ich dort bald nach Salatöl bohren sollte, und ich nicht Salatölscheich werden wollte, ließ ich den Scheich fallen, war bei Gartenarbeiten plötzlich unauffindbar und wollte nur noch reich werden, ohne mich dabei besonders anstrengen zu müssen. Deshalb bin ich Kolumnist geworden und möchte meine Leser/-innen anfragen, wo ich mein Geld gewinnbringend anlegen könnte, bisher habe ich es nur in einen Lottoschein zu 100 Baht zweiwöchentlich investiert.

Inzwischen ist viel Brackwasser den Chao Phraya hinuntergeflossen und eine neue Generation drängt ins Berufsleben. Unsere elfjährige Tochter hat schon sehr klare Vorstellungen von ihrer professionellen Zukunft, auch wenn sich die alle paar Wochen ändern.

Seit gestern will sie Hairstylis­tin werden, nicht etwa Friseuse oder Coiffeurin. Den Stil hat sie von mir. Und aus irgendwelchen Gründen nicht in Hua Hin oder sonst wo in Thailand, sondern in Korea. Und sie will gleich mit einem eigenen Salon starten. Diese Bescheidenheit hat sie nicht von mir.

„Ok“, sagte ich und gab mir Mühe, die Details in sachlichem Ton zu klären,

Ich: In welchem Korea willst du deinen Salon eröffnen?

Sie: Wieso? Gibt es mehrere Koreas?

Ich: Es gibt ein Nord- und ein Südkorea.

Sie: Und was ist der Unterschied?

Ich: In Südkorea gibt es viele Kunden, die in deinen Salon kommen könnten, in Nordkorea nur einen.

Sie: Was nur einen? Lebt denn dort nur einer?

Ich: Nein, aber nur einer, der sich einen Haarschnitt leisten kann. Er will auch nicht, dass noch ein anderer aussieht wie er und alle sofort wissen, dass er der Chef ist. Deshalb leis­tet er sich auch als Einziger eine Adipositas, um sich noch deutlicher zu unterscheiden, aber lassen wir das...

Adipositas als Statussymbol

Es war aber schon zu spät. Nun wollte sie natürlich wissen, was Adipositas ist.

Ich: Also, wenn einer in ein Sportgeschäft geht, um ein Zelt für sich zu kaufen und der Verkäufer Ihm nur Exemplare für drei bis vier Personen anbietet oder ein Zirkuszelt, dann hat er Adipositas und braucht das Zelt für sich allein.

Sie: Steht dann auf dem Campingplatz nur sein Zelt?

Ich: Vielleicht nicht, aber seine Frau muss in einem Zelt schlafen, das kleiner ist als seines. Egal was es ist, alles um ihn herum muss kleiner sein als bei ihm, am besten unsichtbar, damit sich jeder an seiner Adipositas ohne Ablenkung erfreuen kann. Wenn einer adipöser sein will als er, muss er ins Gefängnis.

Sie: Dann wäre Südkorea also besser?

Ich: Oder Japan, du könntest Hairstylistin bei den Sumoringern werden. Da gibt es wenig zu tun, die haben alle die gleiche Frisur, aber meis­tens gar keine mehr. Bloß kann auch immer nur einer in deinem Salon aufkreuzen, die kommen alle mit Adipositas und brauchen mehrere Sessel gleichzeitig.

Träume sind Schäume

Nun ist wieder eine Woche vorüber. Die Pläne für den Salon sind offenbar aufs Eis gelegt worden, denn wir haben nichts mehr darüber gehört. Ich habe mich selbst im Verdacht, ihre jugendliche Begeisterungsfähigkeit gar arg mit meinen Erläuterungen gebremst zu haben.

Vielleicht kann ich sie wieder befeuern, indem ich ihr ein paar Stadtansichten von Pjöngjang zeige, die vom nordkoreanischen Propagandaministerium zur Verfügung gestellt werden. Es ist alles so schön und sauber dort. Und mittendrin stehen riesige Statuen von adipösen Männern, die den Betrachtern zuwinken und perfekte Frisuren haben. Es muss in Pjöngjang also doch einen Markt für Hairstylistinnen geben.

PS: Falls andere Väter durch die Berufswünsche ihrer Töchter überfordert sind, dürfen sie sich getrost an mich wenden. Als Referenz für mein psychologisches Einfühlungsvermögen gilt diese Kolumne. Wie immer ohne Gewähr.


Über den Autor

Khun Resjek lebt mit seiner thailändischen Frau und Tochter in Hua Hin. Seine Kolumne „Thailand Mon Amour“ illustriert auf humorvolle Weise den Alltag im „Land des Lächelns“ aus der Sicht eines Farang und weist mit Augenzwinkern auf das Spannungsfeld der kulturellen Unterschiede und Ansichten hin, die sich im Familienalltag ergeben. Ein Clash der Kulturen der heiteren Art, witzig und prägnant auf den Punkt gebracht.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Hans-Dieter Volkmann 30.09.20 20:07
Touristen müssen GPS-Armbänder tragen
Welcher europäische Tourist möchte schon unter solchen Bedingungen z.Zt. Urlaub in Thailand machen? Ich
kann es mir nicht vorstellen.
Juergen Siegfried 30.09.20 19:13
@Francis Light...
Sehe ich genauso. Dem Verfasser des Artikels die Erziehung seines Kindes absprechen zu wollen ist ja wohl ziemlich dreist..! Und sich über einen übergewichtigen Diktator lustig zu machen ist nicht verboten !
SATIRE DARF DAS...!
Francis Light 30.09.20 14:23
@Harms
Stimmt nicht automatisch und notwendigerweise. Fand den Artikel auch nicht originell und was der vermitteln soll: keine Ahnung. Ich habe den aber auch erst gelesen, weil ich wissen wollte, worauf Herr Weil so heftig reagierte.

Aber den letzten Satz von Herrn Weil's Kommentar fand ich noch unpassender als den Artikel selbst.
Oliver Harms 30.09.20 00:37
Was soll dieser"Aufsatz?"nun bekunden?
Außer das der Erzeuger dieses von Vorurteilen und Intoleranz strotzenden Pamphlets
Probleme mit übergewichtigen Menschen hat und diese nun versucht seiner Tochter
einzuimpfen,kann ich da nichts weiter erkennen.
Selbst wenn der Diktator gemeint war und verunglimpft werden sollte,so ist es trotzdem nicht witzig.
Man sollte nie vergessen,daß es Menschen gibt die nicht durch übermässiges zuführen von Speisen
übergewichtig sind,sondern krankheitsbedingt.
Natürlich findet sich auch gleich wieder einer der wie in der Grundschule anfängt zu spotten.
Stimmts @Light?
Francis Light 29.09.20 14:07
@Weil und Adipositas
Fühlen Sie sich auf den Schlips getreten? Kein Grund, jetzt persönlich zu werden.