Gefälschter „Campari Orange“ schmeckt

Roselle, Kaffir-Limetten, Stevia, Zimt und Gewürznelken kommen in den Sud

Nach der Arbeit kann man sich einen kräftigen Schluck durchaus genehmigen: Prost! Fotos: hf
Nach der Arbeit kann man sich einen kräftigen Schluck durchaus genehmigen: Prost! Fotos: hf

Fünf Ingredienzen, die wir alle im Thailand Tropengarten ziehen können, kommen in unseren „Fake Campari“, der vom Original farblich und geschmacklich kaum zu unterscheiden ist.

Unser „Campari Orange“-Cocktail schmeckt sehr erfrischend, fast wie das Original. Aber man kann ihn buchstäblich ohne Ende saufen, weil er ja sehr kalorienarm ist und außerdem absolut keinen Alkohol enthält. Der befürchtete Kater ist demnach total ausgeschlossen und hinfällig. Außer man versetzt unsere kostengüns­tige Alternative zum teuren Original-Campari mit einem kräftigen Schuss Alkohol, Wodka ist dafür zum Beispiel sehr geeignet: „Mau, mau!“

Die getrockneten Kelche riechen gut.
Die getrockneten Kelche riechen gut.

Ein Hibiskus liefert leckeren Tee

Der Hibiscus sabdariffa wird auch Roselle genannt, wächst hierzulande – obwohl ursprünglich einmal aus Afrika stammend – fast wie Unkraut. Zum Beispiel am Straßenrand in Nong Khai sehe ich ihn oft, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin. Er liefert für sich allein schon einen sauren, erfrischenden, knallroten Tee, wenn man die getrockneten Blütenkelche kocht. Aus dem Tee wiederum kann man einen Wein oder auch Konfitüre machen, man sieht, Roselle alleine wäre schon eine ganze Gartengeschichte wert, sie liefert in unserem Sud die Campari-rote Farbe und eine gewisse Säure.

Das zweite Element ist die etwas schrumpelige Kaffir-Limette (Bergamotte), auch als Citrus hystix bekannt. Männer kennen sie auch aus den hiesigen Pissoir-Schüsseln, wo sie gegen den stechenden Uringeruch als Lufterfrischer ankämpft, meist umsonst... Die Doppelblätter kommen etwa in die fast heilige Tom Yam-Suppe und geben so Geschmack. Wir kochen die aufgeschnittenen Früchte mit in unserem Sud, womit wir das bittere Geschmackselement des Campari evozieren wollen. Citrus hystix ist eine „echte“, ursprüngliche Zitrusfrucht, also keine Kreuzung und kann deshalb aus Samen gezogen werden.

Kaffir-Limetten stammen von hier.
Kaffir-Limetten stammen von hier.

Stevia gut, trotz bitterem Abgang

Der echte Campari enthält wohl sehr viel Zucker, und eine gewisse Süße erhalten wir, indem wir getrocknete Stevia Blätter mit kochen. Dieses ursprünglich südamerikanische Kraut süßt ohne alle Kalorien, ist aber meist zum Süßen ungeeignet (zum Beispiel im Kaffee), weil der Abgang bitterlich ist. In unserem Fake-Campari stört das allerdings nun nicht. Früher haben wir Stevia auch schon in unseren Gärten gezogen, doch heutzutage kaufen wir das Süßkraut für wenig Geld bei Makro, der Aufwand ist uns viel zu groß.

Zimtstangen kommen ferner in den Sud, die genauen Mengen aller Ingredienzen ist übrigens Geschmackssache, man probiere ab und an. Auch die Zimtbäume in unserem Garten haken wir nicht um, um aufwändig jene genau definierte Rindenschicht herauszuschneiden, die in getrockneter Form, als Zimtstangen, für wenig Geld im Supermarkt zu kaufen sind.

Schon der Sud riecht ganz betörend.
Schon der Sud riecht ganz betörend.

Last, but not least, geben wir noch einige Gewürznelken in unseren bereits knallroten Sud. Bei den Gewürznelken handelt es sich um die Knospen des entsprechenden Busches, die, bevor sie sich öffnen, geerntet und an der Sonne getrocknet werden.

Wir kochen unseren Sud für mehrere Stunden, probieren immer wieder und wenn wir die gewünschte Mischung aus Bitter, Süß und Sauer, den typischen Campari-Geschmack erreicht haben, lassen wir das Ganze erkalten. Nun sieben wir alles und füllen das Konzentrat in alte Wasserflaschen, die im Kühlschrank relativ lange haltbar sind.

Und nun: „Prost!“


Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an oder besuchen Sie die Dicovery Garden Webseite oder Facebook. Für unterhaltsame und interessante Gartengeschichten in Bild und Ton besuchen Sie Hans Fritschis YouTube-Kanal – Teilen, Liken & Abonnieren erwünscht!

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Dieter Kowalski 12.12.22 10:10
Danke für das Rezept!
Jetzt weiß ich endlich, was ich mit den vielen Kaffir-Limetten anfangen soll, nach denen keine Nachfrage mehr besteht.