Eiffelturm und Co.

Luxus-Wohnen mit Europa-Flair in Phnom Penh

Kho Sokhom posiert für ein Foto neben einer Nachbildung des Eiffelturms im „Euro-Park“ in Phnom Penh.Fotos: Matt Surrusco/dpa
Kho Sokhom posiert für ein Foto neben einer Nachbildung des Eiffelturms im „Euro-Park“ in Phnom Penh.Fotos: Matt Surrusco/dpa

PHNOM PENH: Der Eiffelturm funkelt im Sonnenlicht, zwischen saftig grünen Bäumen ragt er in den blauen Himmel. Kho Sokhom lächelt vor dem berühmten Bau in die Kamera. Ein kleines Foto-Andenken möchte sie unbedingt mitnehmen – auch wenn der Turm, vor dem sie steht, fast 10.000 Kilometer vom Pariser Original entfernt ist. Die kleine Frau mit Sonnenhut und blauer Handtasche steht vor einer Nachbildung im sogenannten Euro-Park in Phnom Penh, der Hauptstadt von Kambod­scha. Der Park ist Teil eines geschlossenen Wohngebietes für Wohlhabende.

„Wir können nicht nach Europa reisen, deshalb kommen wir hierher“, sagt Kho Sokhom, die das Gelände an einem Sonntagnachmittag mit ihrer Mutter und ihrer sechsjährigen Tochter besucht. Von den etwas zu perfekt anmutenden Fassaden deutscher Fachwerkhäuser, dem Big-Ben-Turm des britischen Parlaments und der Oper von Sydney, die sich in die europäische Themenwelt verirrt hat, zeigt sich die Autohändlerin begeistert. Eine Wohnung in der Anlage könne sie sich zwar nicht leisten, aber es sei ihr Traum, eines Tages hierher ziehen zu dürfen.

Traumwelt bleibt ein Traum

Kho Sokhom fotografiert ihre Mutter und Tochter vor einem Nachbau des Londoner Big Ben.
Kho Sokhom fotografiert ihre Mutter und Tochter vor einem Nachbau des Londoner Big Ben.
Kho Sokhom und ihre Familie gehören zu einer großen Zahl von Kambodschanern, die den Euro-Park besuchen, um Selfies zu machen, für Hochzeitsfotos zu posieren und sich für einen Moment in einer luxuriösen Umgebung aufzuhalten. Es ist eine Welt, die für die meisten der Besucher nie zu erreichen ist – zu niedrig sind die Einkommen der breiten Bevölkerung in dem südostasiatischen Land, dessen starkes Wirtschaftswachstum nicht bei allen ankommt.

„Es ist der Traum der kambod­schanischen Mittelklasse, eine Wohnung in einem geschlossenen Wohnviertel zu besitzen“, sagt Tom O'Sullivan, Geschäftsführer einer nationalen Immobilien-Website. In den letzten fünf bis zehn Jahren sei die Nachfrage durch zunehmende Urbanisierung gestiegen. „Sobald ein Paar gemeinsam 2.000 Dollar pro Monat verdient, ist es realistisch, auf eine solche Wohnung zu sparen.“

2.000 US-Dollar entsprechen knapp 1.800 Euro. Tatsächlich aber liegt das verfügbare Haushaltseinkommen in Phnom Penh nach Zahlen der Regierung aus dem Jahr 2017 bei durchschnittlich nur 563 US-Dollar (rund 506 Euro) im Monat. Die meisten Haushalte im ländlichen Raum haben weniger als 326 Dollar (gut 293 Euro) zur Verfügung. Auch wenn die offizielle Armutsrate kontinuierlich sinkt, ist laut Weltbank immer noch ein Viertel der Bevölkerung von Armut bedroht.

Im Euro-Park sind diese Probleme nicht zu sehen. Besucher schlendern am Kanal entlang und verweilen zwischen europäischen Gebäuden – oder dem, was man in Kambodscha dafür hält. Die Modellbauten sollen verschiedene Architekturstile unterschiedlicher europäischer Epochen repräsentieren: Deutschland ist mit mittelalterlichem Fachwerk vertreten, daneben finden sich optische Anleihen aus dem Viktorianischen Zeitalter in England und der Renaissance in Frankreich. Vieles wirkt aus dem Kontext gerissen und die kunterbunte Mischung erinnert ein bisschen an Disneyland. Der Park ist gespickt mit schattenspendenden Bäumen – eine Rarität im ansonsten von Verkehr erstickten Phnom Penh.

Ein Junge sitzt im Schatten eines Brunnens neben dem Nachbau eines deutschen mittelalterlichen Hauses.
Ein Junge sitzt im Schatten eines Brunnens neben dem Nachbau eines deutschen mittelalterlichen Hauses.
Auf dem geschlossenen und bewachten Areal, zu dem auch der Euro-Park gehört, befinden sich etwa 8.000 Villen. Eigentumswohnungen mit einem oder zwei Schlafzimmern sind ab 45.000 Dollar (etwa 40.500 Euro) zu haben, für Häuser mit drei bis vier Schlafzimmern werden rund 100.000 Dollar (knapp 90.000 Euro) fällig. Einzelne Villen kosten sogar mehrere Millionen.

Europa ein Sinnbild für hohe Qualität

Glaubt man lokalen Immobilien-Experten, verbinden viele Kambodschaner mit europäischen Ländern und europäischem Design eine hohe und attraktive Qualität. Mit europäischen Standards lasse sich deshalb hervorragend werben. „Gerade die jüngeren Generationen aus wohlhabenden Familien, die Bildungs- oder Freizeitreisen ins Ausland unternehmen können, sind besonders zugänglich für den europäischen Lifestyle und für entsprechende Wohnungen“, sagt Ross Wheble von der internationalen Immobilienagentur Knight Frank.

An diesem Tag sieht sich auch Sleh Roza mit ihrer Schwes­ter und einer Freundin das Gelände an. Die 24-Jährige ist Rezeptionistin an einer privaten Grundschule und besucht den Euro-Park bereits zum zweiten Mal. „Es ist außergewöhnlich, so viele Bäume in der Stadt zu sehen“, sagt sie. Sie genieße die friedliche Atmosphäre im Park. Ob sie eines Tages dort leben werde? „Hoffentlich“, meint sie und lacht.

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Ingo Kerp 05.12.19 17:45
Die gleichen Fotos / Selfies werden in Korat im Terminal 21 vor dem großen Eiffelturm geschossen. Der ebenfalls in diesem Kaufhaus installierte Big Ben, erfreut sich weit weniger Beliebtheit.