Dutzende neue Festnahmen

Von Reisen wird abgeraten

Foto: epa/Str
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COLOMBO (dpa) - Die Anschläge auf Kirchen und Luxushotels in Sri Lanka sind eine Woche her - und noch immer finden Ermittler Sprengstoff. Deutschland und andere Länder raten nun von Reisen in den Inselstaat ab. Wohl auch, weil erneut Selbstmordattentäter zugeschlagen haben.

Nach den verheerenden Anschlägen vom Ostersonntag sind am Wochenende in Sri Lanka erneut Dutzende Menschen festgenommen worden. Bei Hausdurchsuchungen wurden zudem unter anderem Sprengstoff, Zünder, Schusswaffen, Schwerter und Funkgeräte sichergestellt. Nachdem sich am Freitagabend in einem Haus an der Ostküste des Inselstaates erneut Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hatten, verschärfte das Auswärtige Amt seine Reisehinweise für Sri Lanka.

Allein am Sonntag gab es nach Angaben der Polizei 48 Festnahmen. Darunter war auch ein Bruder von zwei der Selbstmordattentäter, bei dem zwei Schwerter gefunden wurden. Ihr Vater ist ein reicher Gewürzhändler, der sich - wie inzwischen mehr als 150 Verdächtige - in Gewahrsam befindet. «Jeder Haushalt des Landes wird durchsucht werden», sagte Staatspräsident Maithripala Sirisena einer Mitteilung seines Büros zufolge.

Vor einer der betroffenen Kirchen in Sri Lankas Hauptstadt Colombo wurde der Toten mit einem Gottesdienst gedacht. Obwohl die katholische Kirche des Landes wegen der anhaltenden Terrorgefahr bis auf weiteres alle Sonntagsmessen abgesagt hatte, versammelten sich am Sonntag mehrere Dutzend Gläubige auf der Straße vor dem St.-Antonius-Schrein, um an die mehr als 250 Todesopfer zu erinnern. Die Trauernden wurden streng bewacht.

Nach mindestens drei Explosionen in einem von Sicherheitskräften umstellten Haus in der Küstenstadt Sainthamaruthu waren in der Nacht zum Samstag 15 Leichen entdeckt worden. Das Haus sollte im Zuge einer Anti-Terror-Razzia von Polizisten und Soldaten gestürmt werden, als diese nach Aussagen eines Polizeisprechers aus dem Haus beschossen wurden. Kurz darauf sei es in dem Gebäude zu den Explosionen gekommen. Die Polizei vermutet, dass die Detonationen auf einen oder mehrere Selbstmordattentäter zurückgehen.

Unter den Toten waren demnach sechs Kinder und drei Frauen. Zwölf Leichen seien in dem Haus und drei davor gefunden worden. Ein vierjähriges Mädchen und eine Frau wurden verletzt ins Krankenhaus gebracht. Sie wurden nach Angaben der Polizei vom Sonntag als Tochter und Ehefrau des mutmaßlichen Drahtziehers der Osteranschläge, des sri-lankischen Hasspredigers Mohammed Zaharan, identifiziert. Dessen Vater und zwei Brüder waren unter den Toten.

Einige Stunden zuvor waren in einem wenige Kilometer entfernten Wohnhaus unter anderem mehrere Sprengstoffwesten, eine Drohne und umfangreiches Material zur Herstellung von Bomben - darunter rund 100 000 Kugellager - sichergestellt worden, wie die Polizei mitteilte. Zudem seien eine Flagge der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und Kleidung gefunden worden - sie könnten auf einem angeblichen Bekennervideo der Attentäter vom Ostersonntag zu sehen sein, das von einem IS-Sprachrohr verbreitet worden war. Der IS reklamierte die Gewalt in der Nacht zum Samstag, wie zuvor schon die Osteranschläge, für sich.

«Vor nicht notwendigen Reisen nach Sri Lanka wird abgeraten», hieß es am Samstag auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes. Zuvor hatte dies nur für die Hauptstadt Colombo gegolten, nicht für das gesamte Land. Auch andere Länder - darunter die USA, Großbritannien und Sri Lankas Nachbar Indien - rieten von Reisen in das beliebte Urlaubsland ab. Das US-Außenministerium ordnete zudem an, dass Angehörige von US-Regierungsmitarbeitern, die im Schulalter sind, den Inselstaat verlassen müssen. Der Reiseführer «Lonely Planet» hatte Sri Lanka zuletzt noch zum Top-Reiseziel dieses Jahres erklärt.

Zwei extremistische Organisationen, die für die Anschläge vom Ostersonntag verantwortlich gemacht werden, wurden am Samstag in Sri Lanka verboten: die Islamistengruppe National Thowheeth Jamaath (NTJ) sowie die Organisation Jammiyathul Millathu Ibrahim. Beide Organisationen waren zuvor kaum bekannt und nicht mit Terrorismus in Verbindung gebracht worden. Die NTJ, die der Hassprediger Zaharan gründete, gilt als salafistisch.

In vielen Moscheen des Landes fielen auch die Freitagsgebete aus. Führer der religiösen Minderheit hatten dazu aufgerufen, aus Solidarität mit den Christen Sri Lankas, deren Kirchen geschlossen blieben, Moscheen fernzubleiben. Es hatte laut Polizei auch Anschlagspläne gegen Gotteshäuser der als tolerant geltenden islamischen Strömung des Sufismus gegeben. Einige Muslime waren zudem besorgt über mögliche Racheakte gegen sie.

Neun einheimische Selbstmordattentäter, unter ihnen eine Frau, hatten am Ostersonntag Anschläge unter anderem auf drei christliche Kirchen und drei Luxushotels verübt. Unter den Todesopfern waren mindestens 40 Ausländer und laut Unicef 45 Kinder.

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