Dunkle Wolken durch Handelskrieg

​Gerade für US-Firmen in China

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. Foto: epa/Julien Warnand
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. Foto: epa/Julien Warnand

PEKING (dpa) - Bei einer Eskalation des Handelskonflikts mit Trump hat Peking viele Möglichkeiten, Vergeltung zu üben: eigene Strafzölle, Schikane gegen US-Firmen oder sogar ein Warenboykott. Wie weit wird China gehen?

Ein Handelskrieg zwischen den USA und China würde die Zusammenarbeit der beiden größten Volkswirtschaften schwer treffen - mit Auswirkungen auf den Rest der Welt. Nicht nur die globalen Lieferketten dürften darunter leiden, sondern vor allem auch die in China tätigen amerikanischen Unternehmen. «Die Wolken am Horizont», warnt die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, «werden mit jedem Tag dunkler». «Die größte und dunkelste Wolke, die wir sehen, ist die Verschlechterung der Zuversicht», meinte sie jüngst zu den Gefahren für die Weltwirtschaft.

Wenn US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr macht und weitere Strafzölle von zehn Prozent auf chinesische Importe im Wert von rund 200 Milliarden Dollar verhängt, wird China nicht nur ähnliche Zölle auf Einfuhren aus den USA verhängen - sondern wohl auch auf andere Weise zurückschlagen. Denn die USA exportieren mit 130 Milliarden US-Dollar (2017) gar nicht genug nach China, als dass Peking im gleichen Maße Strafzölle verhängen könnte.

Derweil legte Trump nach. Er warf Peking und der EU die Trickserei mit Wechselkursen vor. «China, die Europäische Union und andere haben ihre Währungen manipuliert», schrieb Trump am Freitag auf Twitter. Außerdem erwähnte er die niedrigen Leitzinsen dort, während in den USA die Zinsen stiegen. Gegenüber dem Sender CNBC zeigte sich Trump entschlossen, auf alle Importe aus Chin Zölle zu erheben. «Wir sind eine lange Zeit von China abgezockt worden», sagte er. «Ich möchte ihnen keine Angst einjagen, ich möchte, dass es ihnen gut geht, ich mag wirklich Präsident Xi, aber das (der Handel) war sehr unfair.»

Auch in China ansässige US-Firmen sind nun in Aufruhr. Sie fürchten, Opfer der Streits zu werden - und rüsten sich fürs Schlimmste. «Unsere Mitglieder sind sehr besorgt, was in Zukunft passieren könnte», sagt der Chef der US-Handelskammer in China, William Zarit, der Deutschen Presse-Agentur in Peking. «Die wachsenden Spannungen zwischen beiden Seiten haben bereits negative Auswirkungen auf die Arbeit vieler unserer Mitgliedsunternehmen.» Die Psychologie des Handelsstreits habe heute schon «starke» Folgen, erklärt Zarit. «Unsere Unternehmen spüren den Druck.»

Noch laufe keine Kampagne gegen US-Unternehmen in China. «Aber wenn der Handelskrieg richtig ausbricht, ist es möglich», sagt auch der Wirtschaftsprofessor Huang Weiping von der Pekinger Volksuniversität. Die Behörden könnten strenge Inspektionen zu Brandschutz, Hygiene oder Arbeitssicherheit veranlassen, einige Betriebe vorübergehend schließen oder Genehmigungen verweigern, um ihnen das Leben schwer zu machen. «Sie werden die Firmen etwas leiden lassen», glaubt er.

Ein erstes prominentes Opfer scheint der US-Chiphersteller Qualcomm zu sein. Dessen Pläne für eine Übernahme des niederländischen Herstellers NXP Semiconductors NV für 44 Milliarden US-Dollar hängen nur an der Genehmigung der Aufsichtsbehörden in China, wo Qualcomm mehr als die Hälfte seines Absatzes macht. Aber seit dem Beginn der Handelsspannungen liegt die Genehmigung in China auf Eis. Beide Unternehmen haben sich eine Frist bis Mittwoch gesetzt, so dass der Deal durchaus platzen könnte.

Es gibt viele Wege, mit denen China den USA wehtun könnte. Als Beispiel wird gern der Feldzug gegen südkoreanische Unternehmen 2017 zitiert, als die Regierung in Seoul gegen den Widerstand Pekings ein US-Raketenabwehrsystem installiert hatte. Dieses richtet sich zwar gegen Nordkorea, aber sein Frühwarnsystem kann auch weit nach China hineinlauschen. Südkoreanische Kaufhäuser in China mussten plötzlich wegen angeblicher Brandschutzprobleme schließen.

Es gab auch Aufrufe zum Warenboykott. Verkäufe südkoreanischer Autos sackten ab. Reisen nach Südkorea wurden gestrichen oder boykottiert. Die Tourismusindustrie verlor sechs bis sieben Milliarden US-Dollar.

Jeder zweite Chinese würde im Falle eines Handelskrieges auch «sicher» oder «möglicherweise» amerikanische Waren boykottieren, ergab eine Umfrage der «Financial Times». Ein Drittel ist sich unsicher oder kauft gegenwärtig ohnehin keine US-Waren. Nur 13 Prozent der Befragten lehnen demnach einen Boykott ab.

«Populismus und Nationalismus werden überall in der Welt stärker, nicht nur in China, sondern auch in den USA», sagt der Wirtschaftsprofessor Zheng Chaoyu von der Volksuniversität zur Möglichkeit eines Boykotts. Er sorgt sich aber auch um den reibungslosen Ablauf in den globalen Lieferketten. Da wird ein Intel-Prozessor aus den USA nach China verschifft, in Chengdu in Südwestchina von einem chinesischen Subunternehmer für einen US-Computerhersteller in einen Laptop gebaut, der wiederum in die USA geliefert wird. «Die besondere Position Chinas als individuelles Land in den Lieferketten wird stark beeinflusst», warnt Zheng Chaoyu.

Sein Kollege Huang Weiping stimmt zu: «Natürlich werden globale Lieferketten beschädigt. Die Grundlage ist Vertrauen, und Trump hat dieses Vertrauen bereits gebrochen.» So beschrieb die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunying, den eskalierenden Handelsstreit auch als den größten «Vertrauenskiller» für die Weltwirtschaft, der den mühsam errungenen Schwung für eine globale Erholung bremse und die Grundlage des Wachstums destabilisiere.

Chinesische Staatsmedien geben sich kämpferisch. Trump unterschätze, was China im Fall eines handfesten Handelskrieges alles tun könne, schrieb die «Global Times», die vom Parteiorgan «Volkszeitung» herausgegeben wird: «Die USA sollten den Sicherheitsgurt anlegen.»

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Ingo Kerp 21.07.18 12:34
Wenn beim chinesischen "Zurückschlagen" der Zoelle die magische Grenze von 130 Mrd US$ erreicht ist, geht es wohl den amerik. Unternehmen in CHN an den Kragen. Sie müssen damit rechnen, das deren Firmen geschlossen werden. CHN dürfte derzeit das einzige Land auf Grund seiner Groeße und Wirtschaftsmacht sein, das sich eine Konfrontation mit Trump erlauben kann. Das dürfte, so hofft die Weltwirtschaft, dann endlich dazu führen, das Trump sein Konzept noch einmal überlegt.