Wolfgang Kohlhaase mit 91 Jahren gestorben

Foto: Pixabay/Mohamed Hassan
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BERLIN: Wolfgang Kohlhaase war einer der wichtigsten Drehbuchautoren der deutschen Filmgeschichte. Zu seinen Werken zählten «Ich war neunzehn» und «Solo Sunny». Nun ist er im Alter von 91 Jahren gestorben.

Der Drehbuchautor, Regisseur und Schriftsteller Wolfgang Kohlhaase ist tot. Er sei am Mittwoch in Berlin im Alter von 91 Jahren gestorben, teilte die Akademie der Künste unter Berufung auf seine Frau, die Tänzerin und Choreografin Emöke Pöstenyi, mit. Kohlhaase gehörte zu den bekanntesten Drehbuchautoren der DDR, wo er mit Filmen wie «Solo Sunny» und «Berlin - Ecke Schönhauser» bekannt wurde. Später arbeitete er an den Drehbüchern etwa für die Filme «Sommer vorm Balkon» oder «In Zeiten des abnehmenden Lichts».

Wolfgang Kohlhaase lebte in Berlin und im brandenburgischen Reichenwalde. Auf der Berlinale 2010 wurde er mit dem Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk ausgezeichnet. 2011 bekam er von der Deutschen Filmakademie die Lola für sein Lebenswerk und den Verdienstorden des Landes Brandenburg.

Geboren wurde er 1931 in Berlin. Bereits während der Schulzeit habe er das Schreiben für sich entdeckt, beschreibt die DEFA-Stiftung seinen Werdegang. Sein erstes verfilmtes Drehbuch sei der Jugendfilm «Die Störenfriede» von Wolfgang Schleif gewesen.

Er habe intensiv mit Gerhard Klein, Konrad Wolf und Frank Beyer zusammengearbeitet, später selbst Regie geführt. Seine Drehbücher, so beschreibt es die Stiftung online, zeichnen sich durch Lebensnähe aus. «Der Autor beobachtet genau, zeigt in den gelungensten Fällen ungeschminkte, authentische Wirklichkeiten.»

Seine jungen Jahre waren geprägt vom Zweiten Weltkrieg, den er in Berlin-Adlershof erlebte. «Ich habe versucht zu reden, zu schreiben und auch Filme zu machen über den Hintergrund meiner Kindheit», erzählte er im vergangenen Jahr in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur zu seinem 90. Geburtstag. «Das war die Nazizeit, das war der Krieg. Das war das vergeudete Leben meiner Eltern.»

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Kohlhaase als «unvergleichlichen Autor, der vor allem durch die Filme, die auf seinen Drehbüchern beruhten, große Verehrung erfahren hat». Kohlhaase habe - wie kaum ein anderer - einen genauen Blick auf das menschliche Leben gehabt. Individuelles Glück und Gelingen hätten ihn dabei ebenso interessiert wie Konflikte und Scheitern. «Er war ein großer Geschichtenerzähler», hieß es in einem Kondolenzschreiben Steinmeiers.

Aus Sicht von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) verliert die deutsche Film- und Fernsehlandschaft mit Kohlhaase «einen ihrer einfallsreichsten und feinsinnigsten Drehbuchautoren». Aus seiner Feder stammten die schönsten und bewegendsten Erzählungen der gesamtdeutschen Filmgeschichte, hieß es in einer Mitteilung. «Getragen von großer Menschenliebe und einem besonderen Gespür für Zwischentöne kreierte er Figuren, die Millionen Menschen tief berührten.» Aus kleinen Geschichten habe Kohlhaase ganz großes Kino machen können, aus Alltag Poesie. «Wolfgang Kohlhaase hat Maßstäbe für das filmische Erzählen gesetzt», sagte Roth.

Filmemacher Andreas Dresen würdigte Kohlhaase mit persönlichen Worten. «Die Kunst von Wolfgang ist Poesie in Kurzform. Pathos oder Sentimentalität sind ihm fremd», heißt es in einem Text, der auf der Internetseite der Deutschen Filmakademie veröffentlicht wurde. «Kleine Menschen und ihre großen Träume. Bei Wolfgang ist das lustig, aber nie lächerlich. Und immer wieder verblüfft es, wie einfach und einleuchtend selbst schwierigste Gefühlslagen beschrieben werden.»

Jede Art von Künstlerattitüde sei ihm fremd gewesen, intellektuelle Phrasendrescherei sowieso, schrieb Dresen über Kohlhaase, mit dem er zum Beispiel «Sommer vorm Balkon» geschaffen hatte. «Vor wenigen Tagen haben wir noch miteinander telefoniert. Wolfgang war wie immer, voller Tatendrang. Er war 91, was heißt das schon», schrieb Dresen nun. «Ich konnte mir nie vorstellen, dass er einmal nicht mehr da sein könnte. Wir hatten Pläne.»

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