Verletzung stoppt Olympiasieger gegen Nadal in Paris

​Drama um Zverev  

Grand Slam/ATP-Tour - French Open, Einzel, Herren, Halbfinale, Nadal (Spanien) - Zverev (Deutschland): Alexander Zverev (2.v.r) wird in einem Rollstuhl vom Platz gebracht, nachdem er sich während des Spiels verle... Foto: Anne-christine Poujoulat
Grand Slam/ATP-Tour - French Open, Einzel, Herren, Halbfinale, Nadal (Spanien) - Zverev (Deutschland): Alexander Zverev (2.v.r) wird in einem Rollstuhl vom Platz gebracht, nachdem er sich während des Spiels verle... Foto: Anne-christine Poujoulat

PARIS: Alexander Zverev wird bei den French Open nicht von Rafael Nadal, sondern von einer Verletzung gestoppt. Die deutsche Nummer eins knickt im Halbfinale von Paris um und kann nicht weiterspielen. Der Olympiasieger befürchtet eine schwere Verletzung.

Alexander Zverev kehrte an Krücken zurück auf den Court Philippe Chatrier. Begleitet von Rafael Nadal humpelte Zverev in Richtung Schiedsrichterstuhl und verkündete das, was alle bereits ahnten: Wegen einer Fußverletzung musste der Tennis-Olympiasieger sein Halbfinale bei den French Open gegen den 13-maligen Paris-Champion am Freitag beim Stand von 6:7 (8:10), 6:6 aus seiner Sicht nach mehr als drei Stunden Spielzeit aufgeben. Was für ein Drama, was für ein bitteres Ende einer unfassbaren Partie im Stade Roland Garros.

Zverev schrie, nachdem er umgeknickt war, laut auf und blieb auf dem Boden liegen. Letztlich musste der 25-Jährige mit dem Rollstuhl vom Platz geschoben werden. Wenig später kam Zverev begleitet von Nadal an Krücken zurück, Schuh und Socken am rechten Fuß ausgezogen - und gab mit einer Umarmung von Nadal auf. Danach winkte er mit den Krücken noch einmal in Richtung Zuschauer, die ihm lautstark zujubelten, und verschwand mit gesenktem Kopf in die Katakomben.

Rund sieben Stunden nach dem Drama auf dem Centre Court meldete sich Zverev in der Nacht zum Samstag in einer von den Veranstaltern verbreiteten Videobotschaft zu Wort. «Es sieht so aus, dass ich eine sehr ernsthafte Verletzung habe», sagte er sichtlich mitgenommen. «Aber das medizinische Team und die Ärzte checken es noch. Wir informieren euch, wenn wir mehr wissen», sagte Zverev.

«Es war ein sehr schwieriger Moment für mich auf dem Platz», sagte die deutsche Nummer eins. «Es war ein fantastisches Match, bis das passiert ist, was passiert ist.» Nach Aussage seines Bruders Mischa wird Zverev an diesem Samstag nach Hause fliegen. Dann soll es eine genaue Diagnose geben.

«Das ist sowas von unverdient. Da kann alles passieren, aber so etwas ist einfach nur unverdient», sagte Zverevs Bruder Mischa als TV-Experte bei Eurosport geschockt. «Wenn du so verletzt bist wie Sascha (sein Rufname) jetzt, wird dir für eine gewisse Zeit ein Stück deines Lebens genommen, weil du nicht laufen, nicht auf den Tennisplatz gehen kannst.»

Der am Freitag 36 Jahre alt gewordene Routinier Nadal hat nun am Sonntag die Chance, seinen 14. Titel bei den French Open zu gewinnen und seinen Rekord von bislang 21 Triumphen bei Grand-Slam-Turnieren auszubauen. «Ich wünsche ihm alles Gute und hoffe, dass er den Weg zu Ende geht», sagte Zverev. Im Finale bekommt Nadal es mit dem Norweger Casper Ruud zu tun, der im zweiten Halbfinale Marin Cilic aus Kroatien mit 3:6, 6:4, 6:2, 6:2 besiegte. Für Ruud ist es das erste Grand-Slam-Finale seiner Karriere.

Richtig freuen konnte sich Nadal über seinen erneuten Einzug ins Finale aber nicht. «Das ist sehr hart für ihn. Das tut mir sehr leid. Er hat unglaubliches Tennis gespielt», sagte Nadal im Interview auf dem Platz über Zverev. «Ich weiß, wie sehr er darum kämpft, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Ich bin mir sicher, er wird nicht nur eines, sondern mehrere gewinnen», sagte der Spanier. «Wieder im Finale von Paris zu sein, ist ein Traum. Aber im Moment ist es schwer, Worte zu finden, wenn ich ihn eben noch in der Kabine habe weinen sehen.» Über eine genaue Diagnose konnte auch Nadal zunächst nichts sagen. «Ich hoffe, die Verletzung ist nicht so schlimm. Ich hoffe, es ist nichts gebrochen.»

Zverev hatte Nadal zuvor einen Mega-Fight geboten und den Sandplatz-König von Paris immer wieder arg in Bedrängnis gebracht. Allerdings konnte er viele Chancen nicht nutzen.

Von Beginn an herrschte im Stade Roland Garros eine elektrisierende Stimmung. Schon beim Einmarsch auf den Court Philippe Chatrier wurde Nadal mit Ovationen empfangen. Die Zuschauer erhoben sich von den Plätzen und applaudierten - so als ob sie den spanischen Ausnahmekönner zum letzten Mal live bewundern könnten. Zu Ehren seines Geburtstages stimmte das Publikum dann sogar ein Ständchen an.

Wegen des Regens in der französischen Hauptstadt war das Dach über dem größten Stadion der Anlage geschlossen. Es herrschte Party-Stimmung, als Nadal die Partie um 15.05 Uhr eröffnete. Doch Zverev ließ sich von all dem zunächst nicht beeindrucken. Er spielte von Beginn an aggressiv und überraschte Nadal mit zahlreichen unerreichbaren Schlägen.

Sieben Spiele lang spielte Zverev danach das wohl beste Tennis, das er bislang je bei einem Grand-Slam-Turnier gespielt hatte. Doch dann kam es plötzlich zu einem Bruch in seinem Spiel. Nadal, seit Wochen mit chronischen Fußbeschwerden spielend, blieb weiter weit von seiner Topform entfernt, doch Zverev unterliefen auf einmal viele leichte Fehler. So ließ er Nadal zurück ins Spiel, zum 4:4 schaffte der Spanier das Break zum Ausgleich.

Danach wogte die Partie hin und her. Zverev wehrte beim Stand von 4:5 drei Satzbälle Nadals ab, um dann in dessen anschließendem Aufschlagspiel zwei Breakbälle nicht zu nutzen. Im Tiebreak hatte Zverev dann auf einmal vier Satzbälle. Einen vergab er mit einem leichten Volley-Fehler, den Rest wehrte Nadal in einer Manier ab, wie man sie von ihm auf dem Centre Court von Paris kennt - einfach Weltklasse. Doch Zverev hielt dagegen, wehrte zwei weitere Satzbälle von Nadal ab, um den ersten Durchgang nach 1:31 Stunden dann doch zu verlieren - weil Nadal mit einem unfassbaren Passierball seinen sechsten Satzball nutzte.

Im zweiten Satz ging das Hin und Her weiter. Zverev verlor sofort seinen Aufschlag, kämpfte sich aber zurück und machte Nadal das Leben weiter unheimlich schwer. Beim Stand von 5:3 schlug er zum Satzgewinn auf, leistete sich aber drei Doppelfehler. Die Entscheidung schien so erneut im Tiebreak zu fallen, doch dann passierte das Drama - und Zverev gab auf.

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