Eine Leserzuschrift zur Onlinemeldung Italien protestiert gegen österreichische Südtirolplan:
Um die Doppelpassaktion der österreichischen Regierung besser zu verstehen und warum sie bei vielen Südtirolern gut ankommt, ist es sinnvoll einen Blick auf die jüngere Geschichte Tirols zu werfen. Am Ende des Ersten Weltkriegs besetzte Italien den südlichen Teil Tirols bis zum Brenner und erklärte ihn gegen den Willen der ansässigen Bevölkerung zum eigenen Territorium. Viele Menschen in Österreich befanden, dass dies nicht mit dem vom amerikanischen Präsidenten Wilson proklamierten Selbstbestimmungsrecht der Völker in Einklang zu bringen sei. Doch es kam noch schlimmer. Während der faschistischen Herrschaft Mussolinis wurde Anfang der 1920er Jahre in Südtirol das Lernen der deutschen Sprache im Schulunterricht verboten. Es gab dann sogenannte Katakombenschulen. In den 1950er Jahren wurden dann viele Italiener aus Süditalien hauptsächlich im Raum Bozen angesiedelt. Das empfanden die Südtiroler als existenzielle Bedrohung und leisteten Anfang der 1960er Jahre mit spektakulären Aktionen Widerstand. Daraufhin schlug die Staatsmacht hart zu und einige gefangene Südtiroler Aktivisten starben an Folterung im Gefängnis. Um eine Ausweitung des Konfliktes zu verhindern wurde in zähen Verhandlungen das sogenannte Autonomiepaket verabschiedet. Signatarmächte sind Österreich und Italien. Allerdings gab es keine handlungsfähige neutrale Schlichtungsstelle, so wurden nicht alle Bestimmungen des Pakets eingehalten. Der Doppelpass könnte einen Dialog auf Augenhöhe der so lange vermisst wurde, durchaus befördern und den Prozess der Verständigung verbessern.
Roland Grassl
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