Doppelmordfall geht vor das Oberste Gericht

Widerspruch der Verteidigung im Koh Tao Fall offensichtlich zugelassen

Neue Chance für Zaw Lin und Wai Phyo aus Myanmar: Die beiden wegen des Koh Tao-Doppelmordes vom 15. September 2014 verurteilten Gastarbeiter erhalten ihre letzte Chance, der Giftspritze zu entgehen.
Neue Chance für Zaw Lin und Wai Phyo aus Myanmar: Die beiden wegen des Koh Tao-Doppelmordes vom 15. September 2014 verurteilten Gastarbeiter erhalten ihre letzte Chance, der Giftspritze zu entgehen.

KOH TAO/KOH SAMUI: Gute Nachricht für die verurteilten Burmesen Zaw Lin und Wai Phyo (24) im Todestrakt der Strafanstalt Bang Kwang Bangkok. Das Oberste Gericht Thailands, der Supreme Court, hat Informationen der Botschaft von Myanmar zufolge den Widerspruch gegen das doppelte Todesurteil angenommen. Der Mord an den britischen Rucksacktouristen Hannah Witheridge und David Miller auf Koh Tao wird demzufolge letztmalig neu aufgerollt und beurteilt.

Die Sprecherin der burmesischen Landesvertretung in Bangkok, Htoo Chit, bestätigte vor wenigen Minuten gegenüber unserer Zeitung die Zulassung des Widerspruchs beim Supreme Court of Thailand. Dieser wird die 319 Seiten umfassende Argumentation der Verteidiger von Zaw Lin und Wai Phyo prüfen und dann entscheiden, ob das am 24. Dezember 2015 verhängte Todesurteil wegen gemeinschaftlichen Mordes und Vergewaltigung rechtskräftig wird oder möglicherweise aufgehoben.

Der Lawyers Council of Thailand, eine Anwaltsvereinigung unter Leitung von Chefjurist Nakhon Chompuchat, hatte die Beschuldigten Burmesen nach ihrer Inhaftierung im Provinzgefängnis Koh Samui betreut und während der dreimonatigen Strafverhandlung kostenlos vertreten. Chompuchat hatte als Kopf eines siebenköpfigen Verteidigerteams nichts unversucht gelassen, auf die seiner Ansicht nach schlampige Mordermittlung und unprofessionelle forensische Untersuchung der DNA-Spuren vom Tatort am Sairee Beach hinzuweisen.

Obwohl das Provinzgericht Koh Samui nach der zähen und umstrittenen Verhandlung dem Antrag der Staatsanwaltschaft Surat Thani gefolgt war und die Höchststrafe gegen beide Beschuldigten verhängt hatte, gab die Verteidigung nicht auf. Selbst als das erste Berufungsgericht im März 2017 die Todesstrafe aufrecht erhielt, machte Chompuchat kein Hehl daraus, bis zur letzten Instanz um das Leben seiner Mandanten zu kämpfen: „Zaw Lin und Wai Phyo sind unschuldig, sie wurden durch Folter zu ihren Erstgeständnissen gezwungen, die Mordermittlungen waren einseitig und schlampig“, behauptet der Leiter des Lawyers Council of Thailand bis heute.

Von der Staatsanwaltschaft liegt bisher noch keine Bewertung zur Neuverhandlung vor dem Supreme Court vor. Bei der Botschaft der Republik von Myanmar zeigten sich die Betreuer von Zaw Lin und Wai Phyo erleichtert. Im bitter armen Nachbarland Thailands hatte die Verurteilung der jungen Gastarbeiter nach dem Koh Tao Doppelmord für Empörung und Proteste gesorgt. Bis heute glaubt dort keiner, dass mit den damals 21 jährigen die tatsächlichen Mörder von Hannah Witheridge (24) und David Miller (25) gefasst worden waren.

Ein Hauptaugenmerk wird der Supreme Court Thailands wahrscheinlich auf die gerichtsmedizinische Untersuchung und Bewertung der am Tatort Sairee Beach gefundenen Spuren legen. Das Forensische Institut der Polizei Bangkok war nach Vorlage ihrer DNA-Analysen weltweit in die Kritik geraten. Gerichtsmediziner von Rang und Namen bezeichneten die angebliche Übereinstimmung von DNA der verurteilten Burmesen mit im Mordopfer Witheridge gefundenen Spermaspuren als wenig plausibel und nicht gerichtsrelevant.

Wie der Oberste Thailändische Gerichtshof diese Kernfrage des spektakulären Mordverfahrens bewerten wird, davon hängt das Leben zweier Menschen ab – und auch die wichtigste Schlussfolgerung, ob die feigen Mörder der jungen britischen Urlauber seit Oktober 2014 hinter Schloss und Riegel sitzen oder vielleicht noch immer frei herumlaufen.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 23.09.17 13:33
Sowohl den beiden jungen Burmesen als auch den hinterbliebenen Eltern der getteten jungen Menschen in England ist zu wünschen, das es jetzt zu einer Untersuchung mit Urteilsfindung kommt, die dem entspricht, was tatsächlich geschehen ist.