Donald Trumps Problem mit den Autozöllen

Foto: epa/Martin H. Simon
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WASHINGTON/BRÜSSEL (dpa) - In eine Weltwirtschaft, in der alles mit allem verbandelt ist, will «America First» nicht so recht passen. Donald Trumps aggressive Handelspolitik scheint an ihre Grenzen zu stoßen. Das zeigen auch Strafzölle auf Autos - über die nun später entschieden werden soll.

Wer über amerikanische Autobahnen fährt, sieht vor allem eines: Autos aus dem Ausland. Der US-Markt ist von Marken wie Toyota, Nissan, Kia, aber auch Mercedes und BMW geprägt, das goldene Kreuz von Chevrolet oder der wilde Mustang von Ford stechen längst nicht mehr allein ins Auge.

Ausländische Hersteller stellen inzwischen die Mehrheit der Neuwagenverkäufe. Von den 17 Millionen in den USA im Jahr 2018 verkauften Neuwagen kamen weit mehr als die Hälfte nicht von einer US-Marke. US-Präsident Donald Trump spricht gar nur mehr von 22 Prozent Marktanteil für heimische Hersteller - eine Gefahr für die nationale Sicherheit finden er und sein Handelsminister Wilbur Ross.

Trump ärgert es grundsätzlich, wenn Dinge, die in den USA konsumiert werden, nicht in den USA produziert werden. Weil es nicht zu seiner «America-First»-Politik passt. Wenn schon ausländische Autos über amerikanische Highways rollen, dann sollen sie wenigstens in den USA zusammengeschraubt werden. «Kein Unternehmen braucht Zölle zu zahlen», sagte er jüngst. «Alles was sie tun müssen ist, in den USA zu produzieren.»

Als Gegenmaßnahme drohte er Sonderzölle an. Jetzt schob er sie noch einmal auf - und will verhandeln. Mit der EU, vor allem aber auch mit Japan. Erst in einem halben Jahr soll über die Zölle entschieden werden. Aus Ostasien kommt der Löwenanteil der Autoimporte in die USA, Toyota ist schon Nummer drei auf dem US-Markt. Der größte deutsche Hersteller VW kommt nur auf Rang zehn bei den Neuverkäufen.

Schon in seine Proklamation schrieb Trump, dass die vor Monaten getroffenen Abmachungen mit Südkorea eine Art Blaupause sein könnten. Das dürfte in Europa und Japan zu Sorgenfalten führen. Die Südkoreaner haben sich zu erheblichen Zugeständnissen drängen lassen, unter anderem beim Thema Harmonisierung von Abgas- und Sicherheitsstandards. Aber auch bei der bloßen Abnahmegarantie von US-Autos.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström trifft nächste Woche in Paris Trumps Handelsattaché Robert Lighthizer, wie sie am Freitag auf Twitter schrieb. Sie machte auch gleich klar, dass sie den US-Schwenk über die nationale Sicherheit für äußerst fragwürdig hält - darüber werde man gar nicht erst verhandeln.

Trump selbst fliegt nach Japan und trifft dort Ministerpräsident Shinzo Abe. Das weltweite wirtschaftliche Geflecht ist viel komplizierter als Trump sich das wünscht. Mit China hat er einen ausgewachsenen Handelskrieg angezettelt. Organisationen wie der Internationale Währungsfonds oder die Weltbank gehen inzwischen davon aus, dass die eskalierenden Konflikte die Weltwirtschaft lähmen.

Sollte die Konjunktur in den USA nicht erst Ende 2020 ins Stottern kommen - wie es etwa der IWF vorausgesagt - sondern schon früher, dann wäre das für das Wiederwahlvorhaben des Präsidenten ein Problem. Schon deswegen muss er vorsichtig sein, ein Handelskrieg an mehreren Fronten könnte auf die USA zurückschlagen.

«Ganz offenkundig scheut Donald Trump den Handelskrieg an zwei Fronten», kommentierte Analyst Tobias Basse von der NordLB. Das sich abzeichnende neue Timing lasse die Vermutung zu, dass der US-Präsident im Konflikt mit Peking in diesem Zeitraum auf eine Einigung hoffe. Doch für Entwarnung an den Märkten ist es viel zu früh. «Das Risiko bleibt bis zu 280 Zeichen lang - ein Tweet von Trump und die Stimmung kann wieder kippen», warnte der Chef-Marktanalyst des Handelshauses CMC Markets, Jochen Stanzl.

Auch zu Hause bei seinen Wählern ist Trump in Erklärungsnot. Eine deutliche Mehrheit von 48 Prozent der Amerikaner sieht in seiner Zollpolitik mit China ein Hindernis für die Wirtschaft - nur 34 Prozent glauben, die US-Volkswirtschaft profitiert von dem Handelskrieg, wie eine Umfrage von Fox News ergab. Und: Die Autohersteller aus Deutschland und Japan sind riesige Investoren in den USA.

Im Verhältnis mit Europa sind Autos längst nicht das einzige Thema. Trump will unter anderem Flüssiggas verkaufen, das in den USA in solch hohem Überschuss produziert wird, dass Energie-Insider sagen, man müsste es eigentlich verschenken. Den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Maro? ?efcovic, hofierte Trump diese Woche wie sonst nur wenige. Der Slowake durfte mit Trump nicht nur eine neue, hochmoderne Flüssiggas-Anlage in Louisiana besichtigen - er wurde auch auf dem Rückweg nach Washington an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One mitgenommen.

Am Konferenztisch des Flugzeuges soll es intensive Gespräche gegeben haben. Am selben Abend drang aus dem Weißen Haus die Nachricht nach außen, dass Trump die Autozölle für die Europäer verschieben könnte.

Nun können Autoindustrie und Politik in Europa aufatmen - vorübergehend. Ein Sonderzoll in Höhe von 25 Prozent auf jedes in die USA eingeführte Auto würde die Wirtschaft der Europäischen Union erheblich treffen, weil sich die Autos für US-Importeure verteuern würden und nicht mehr nachgefragt würden. Neben Milliardeneinbußen für die Hersteller droht der Verlust Tausender Arbeitsplätze.

Kein EU-Land hätte einen solchen Zoll stärker zu fürchten als Deutschland, aber auch kleinere Zulieferländer wie Ungarn würde es stark treffen. Noch härter wäre allerdings Japan betroffen. Toyota und Co. liefern vier Mal so viele Autos in die USA wie deutsche Hersteller.

Wäre es tatsächlich zu einer Entscheidung für die sofortige Einführung von Sonderzöllen gekommen, wäre das vor allem auch für EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bitter gewesen. Dieser hatte im vergangenen Juli mit US-Präsident Donald Trump eine Schlichtung des Handelsstreits ausgehandelt und noch vor kurzem gesagt: «Wir können dem Präsidenten der Vereinigten Staaten vertrauen, wenn es um die Handelsbeziehungen zwischen den USA und Europa geht.»

Die zwischen Trump und Juncker getroffene Vereinbarung sieht vor, dass beide Seiten Gespräche über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter beginnen und vorerst keine neuen Sonderzölle verhängen. Zudem versprach die EU, die Bedingungen für Flüssiggasimporte zu verbessern und daran zu arbeiten, den transatlantischen Sojahandel zu fördern.

Zu diesen Punkten verkündete die Kommission zuletzt Erfolge. So sind die Importe von amerikanischem Flüssiggas und Soja nach Europa in den vergangenen Monaten extrem gestiegen. In Washington werden von EU-Vertretern dreistellige Zuwachsraten präsentiert - auch wenn das vor allem mit den derzeit attraktiven Preisen zu tun hat und nicht mit aktiver Politik.

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