Dognapping: Illegales Millionengeschäft mit Hunden

Foto: Pixabay
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LONDON: Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach Haustieren auch in Großbritannien stark steigen lassen. Kriminelle Banden verdienen mit Hundediebstahl und illegaler Zucht inzwischen Millionen.

Einsamkeit, Bewegungsmangel, Angst: Auch in Großbritannien sehnen sich in Zeiten von Corona-Pandemie und Lockdown viele Menschen nach einem Hund. Laut Pets4Homes, einer Online-Plattform für den Handel mit Haustieren, haben sich die Preise für Welpen im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Doch die Tiere geraten deswegen auch immer mehr in den Blick von Kriminellen, die aus der Sehnsucht der Menschen nach einem treuen Begleiter ein Geschäft machen wollen.

Wie einen Schlag in die Magengrube empfand Will Bevan das Gefühl, als er entdeckte, dass die fünf Welpen seiner Border-Collie-Hündin Anfang Februar gestohlen wurden. Das Tor zum Stall, in dem sie untergebracht waren, stand weit offen, berichtet er der Deutschen Presse-Agentur. Der Schäfer aus dem verschlafenen Stow-on-the-Wold in der englischen Grafschaft Gloucestershire arbeitet täglich mit Hunden zusammen. «Sie sind Teil meiner Familie und ich kann meinen Job nicht ohne sie machen.» Seine Aufrufe, nach den Hündchen Ausschau zu halten, wurden tausendfach in sozialen Medien geteilt.

Die Organisation Doglost, die eine Datenbank für vermisste Hunde betreibt, verzeichnete im vergangenen Jahr 465 gestohlene Hunde in Großbritannien und Irland - mehr als zweieinhalb Mal so viele wie noch im Jahr 2019. Die meisten Hunde wurden demzufolge im Südosten Englands entführt. Am begehrtesten sind Cocker Spaniels, gefolgt von English Springer Spaniels und Jack Russell Terriern.

Wenn es sich auch um ein vergleichsweise seltenes Verbrechen handelt, werden mit gestohlenen Hunden längst Millionen gemacht, wie ein verdeckter Ermittler der BBC erzählte. Entführt werden demnach nicht nur Welpen, die direkt zum Verkauf angeboten werden, sondern auch ausgewachsene Tiere für die Zucht - oft unter haarsträubenden Bedingungen. Mit Hormonbehandlung würden die Hündinnen zu drei bis vier Würfen pro Jahr getrieben, so der Undercover-Beamte. Den Behörden seien inzwischen zwei Banden bekannt, die vom Drogenhandel auf das Geschäft mit Hunden umgestiegen seien, berichtete er.

«Hundezucht ist ein großes Geschäft. Wir haben große kriminelle Banden entdeckt, die damit Millionen Pfund machen», teilte auch die Tierschutzorganisation RSPCA (Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals) mit.

Das bestätigt auch Deputy Chief Constable Amanda Blakeman vom Verband der Polizeichefs NPCC (National Police Chiefs Council). Die Kriminellen hätten ihre Aktivitäten entsprechend angepasst.

Wayne May, der ehrenamtlich für Doglost arbeitet, erläutert im dpa-Gespräch, wie die Rechnung für die «Dognapper» aufgehe: Züchte man mit einem gestohlenen Tier fünf Welpen, könne man mit einem Gewinn von bis zu 25.000 Pfund (rund 28.500 Euro) rechnen. Die Gefahr vor Strafverfolgung sei weitaus geringer als beim Drogenhandel. «Wenn Sie mit Kokain im Wert von 25.000 Pfund erwischt werden, wandern Sie ins Gefängnis», so May. Wer beim Klauen eines Hunds ertappt werde, komme meist mit einer Geldstrafe von etwa 250 Pfund davon.

Zwar heißt es von der Regierung, der Diebstahl von Haustieren könne mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft werden. Doch wie oft es zu einem Urteil kommt und wie hoch die Strafen dabei ausfallen, wird in den Statistiken nicht erfasst.

Das Vorgehen der Hundediebe ist teils dreist. Längst werden nicht nur unbemerkt Hunde nachts aus Zuchtbetrieben gestohlen oder von Grundstücken gelockt. Manche Frauchen oder Herrchen werden auf offener Straße bedroht oder müssen zusehen, wie die Diebe ihre Lieblinge über den Gartenzaun heben und mit ihnen davonlaufen.

Die RSPCA warnte kürzlich sogar vor Kriminellen, die in Fahrzeugen mit dem Logo der Tierschützer unterwegs seien und Spaziergänger mit ihren Tieren ansprächen. «Fragen Sie immer nach dem Ausweis, wenn jemand behauptet, ein RSPCA-Mitarbeiter zu sein und halten Sie Ausschau nach einem Abzeichen», teilte die Organisation mit.

«Hundediebstahl kann ein verheerendes Verbrechen sein für Familien und erhebliches Leid für die Besitzer verursachen», sagt Ermittlerin Blakeman. Sie warnt Hundebesitzer davor, Fotos ihrer neuen Hundewelpen in sozialen Medien zu posten. Das könne die Aufmerksamkeit von Kriminellen auf sich ziehen.

Will Bevan hofft hingegen darauf, dass ihm die große Aufmerksamkeit im Netz hilft, seine Welpen wiederzubekommen. Immerhin: im vergangenen Jahr wurden nach Angaben von Doglost 200 gestohlene Hunde wieder mit ihren Besitzern vereint.

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