Die zweite UN-Vollversammlung der Ära Trump

Diplomatie in Defensive

Foto: epa/Justin Lane
Foto: epa/Justin Lane

NEW YORK (dpa) - «Schaut zu, wie Geschichte gemacht wird!» Mit diesem Spruch werben die UN für ihre Vollversammlung, für die in diesem Jahr zum 73. Mal Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nach New York reisen. Aber in Zeiten von Trump ist die Diplomatie in die Defensive gedrängt.

Donald Trump ist kein Fan der Vereinten Nationen. «Ein Club, wo Menschen zusammenkommen, reden und eine gute Zeit haben», nannte er die UN einmal. Ihre Ausgaben seien «völlig außer Kontrolle», der Marmor hinter dem Sprecherpult im Saal der Vollversammlung dagegen «billig». Seinen ersten Auftritt als US-Präsident vor den UN im vergangenen Jahr nutze Trump vor allem dafür, Werbung für seinen Wolkenkratzer auf der anderen Straßenseite zu machen - und Nordkoreas «Raketen-Mann» mit Vernichtung zu drohen und damit weltweit Kriegsängste zu schüren.

Nun steht die zweite Generaldebatte der UN-Vollversammlung der Ära Trump an. Am Dienstag (25. September) beginnen im UN-Hauptquartier in New York die Reden der angereisten Staats- und Regierungschefs, die auf sechs Tage angesetzt sind. Neben Trump haben sich unter anderem der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan und Irans Präsident Hassan Ruhani angesagt. Für Deutschland soll Außenminister Heiko Maas (SPD) sprechen. Zu den neuen Gesichtern gehören Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa, nachdem sein Vorgänger Robert Mugabe zuvor Dauergast bei der Veranstaltung war, und Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern, die ihre wenige Monate alte Tochter nach New York mitbringen will.

Schon am Montag (24. September) hat US-Präsident Trump zu einem Gipfel rund um den weltweiten Kampf gegen Drogenmissbrauch geladen. Am Mittwoch will er einem Treffen des UN-Sicherheitsrats vorsitzen. Der Plan war, dass es um den Iran und die von dem Land ausgehenden Gefahren gehen soll. Doch das Weiße Haus hat dies in Frage gestellt.

Nach Trumps vielkritisierter Entscheidung, die USA aus dem Iran-Atomabkommen herauszuführen, werde der Konflikt wohl das «alles beherrschende Thema» für den US-Präsidenten sein, sagte Experte Richard Gowan von der UN-Universität der Deutschen Presse-Agentur. Doch: Will Trump sich auf offener Weltbühne mit Verbündeten wie Frankreich und Großbritannien streiten? Im Sicherheitsrat könnte stattdessen das globale Thema der atomaren Abrüstung in den Vordergrund rücken.

Immer mehr sickert durch, dass Trump und Mitglieder der US-Delegation am Rande der Vollversammlung wohl hinter verschlossenen Türen auch über den hochgeheimen Plan für einen Frieden im Nahen Osten sprechen wollen. Ob davon etwas an die Öffentlichkeit gelangt, ist offen.

Außerdem sind am Rande der Vollversammlungswoche, die zu den Highlights des diplomatischen Jahreskalenders zählt, unter anderem Events zum Kampf gegen den Klimawandel und Tuberkulose geplant. UN-Generalsekretär António Guterres hat vorab versprochen, das Thema Klimawandel offensiv anzusprechen und die «Lähmung zu durchbrechen».

Alle Augen werden aber vor allem wieder auf Trumps Rede gerichtet sein, auch wenn es diesmal nicht mehr die Premiere ist. «Der Alptraum aller ist, dass er sich genauso benimmt wie bei der Nato und anderen Ländern vorwirft, dass sie nicht genug in die UN einzahlen, und damit droht, selbst weniger zu zahlen», sagt Gowan.

Die USA sind nach wie vor der größte Beitragszahler der UN. Im vergangenen Jahr hatte US-Präsident Trump Reformen und Kosteneinsparungen gefordert, die teilweise auch umgesetzt worden sind, oder geplant werden. Davon würden Nikki Haley, UN-Botschafterin der USA, und UN-Generalsekretär Guterres, die beide als moderierende Kräfte gelten, Trump wahrscheinlich auch überzeugen können, sagt Experte Gowan. «Ich denke nicht, dass Trump irgendeine Ahnung von den Details dieser Reformen hat, aber das kann er dann als Gewinn verbuchen.»

Aber nicht nur bei den Kosten - auch bei zahlreichen anderen Themen wie Migration, Iran-Atomabkommen und Klimawandel haben sich die USA fundamental gegen die Überzeugungen der Mehrheit der Mitglieder der Vereinten Nationen gestellt und damit vielerorts eine lähmende Blockade eingeleitet. Die USA seien dabei, ihre «sanfte Macht» zu verlieren, sagte UN-Generalsekretär Guterres jüngst in einem Interview des «Atlantic». Das könne gefährliche Folgen haben, denn «es gibt keinen Weg, die meisten Probleme der Welt zu lösen, ohne die USA».

Die Generaldebatte der UN-Vollversammlung sei dann auch in der Ära Trump nicht mehr das, was sie einmal gewesen sei, sagt Experte Gowan. «Es gab mal dieses Gefühl, dass die Vollversammlung ein Moment war, in dem Entscheidungen getroffen werden. Jetzt sind alle nur noch in Defensivstimmung. Es fühlt sich nicht so an, als ob irgendjemand ehrgeizige Pläne für die Veranstaltung hat - es geht nur darum, lebend wieder rauszukommen.»

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