Die FIFA zu Corona-Zeiten: Infantino schließt die Reihen

ZÜRICH: Die FIFA tagt in Corona-Zeiten nur per Videokonferenz. Das kann ein Vorteil sein, um unangenehme Themen und vor allem Nachfragen zu vermeiden. Präsident Gianni Infantino hat schon vorher die Reihen geschlossen.

Immerhin wird der lästige «roll call» erträglicher. Bei Kongressen des Fußball-Weltverbands, die normalerweise in großen Messehallen oder riesigen Konferenzsälen von Luxushotels stattfinden, frisst der gemächliche Namensaufruf aller 211 FIFA-Mitglieder viel Zeit. Am Freitag (ab 15.00 Uhr) werden die meisten Delegierten entspannt in ihren Büros oder sogar Wohnzimmern sitzen. In Corona-Zeiten tagt der Weltverband statt in Addis Abeba nur online - FIFA-Präsident Gianni Infantino, gegen den in der Schweiz ein Strafverfahren eröffnet wurde, kommt das womöglich entgegen.

Welches Thema bestimmt den Kongress?

Offiziell wird die Corona-Pandemie und der Umgang der FIFA damit einen großen Teil der Vollversammlung einnehmen. Mehr als 150 Verbände haben inzwischen finanzielle Unterstützung beantragt, die FIFA hatte Ende Juli einen Hilfsfonds mit einem Umfang von insgesamt rund 1,28 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Aufgrund der «starken finanziellen Grundlage» könne der Weltverband Hilfen anbieten und dennoch am Finanzplan 2019-2022 (Ergebnis vor Steuern rund 85 Millionen Euro) festhalten, teilte die FIFA mit. Weiterhin werden umfangreiche Statutenänderungen bezüglich der Spielberechtigung beim Wechsel der Staatsbürgerschaft beschlossen, um hierbei Unklarheiten auszuräumen.

Wird sich Infantino zum Strafverfahren äußern?

Der FIFA-Präsident eröffnet traditionell den Kongress und hält im Verlauf eine weitere Ansprache sowie die Abschlussrede. Infantino wies die Vorwürfe in seinem Heimatland zuletzt sehr offensiv zurück - das könnte er am Freitag auch noch einmal wiederholen. Im Anschluss ist zudem eine Video-Pressekonferenz geplant. Im Kern geht es in dem Verfahren um drei geheime Treffen von Infantino mit dem damaligen Bundesanwalt Michael Lauber. Der Vorwurf gegen Infantino lautet unter anderem Anstiftung zum Amtsmissbrauch. «Gerade wegen all der Investitionen, die wir in die neu gewonnene Glaubwürdigkeit der FIFA vorgenommen haben, hat mich das wirklich hart getroffen», hatte der Schweizer zuletzt gesagt. Die FIFA sprang ihrem Präsident mit offiziellen Mitteilungen zur Seite, öffentliche Kritik aus dem Weltverband war zuletzt gar nicht mehr zu vernehmen.

Muss Infantino Sanktionen befürchten?

Momentan kann der FIFA-Präsident nur abwarten, welchen Verlauf die Ermittlungen des eingesetzten außerordentlichen Bundesanwalts Stefan Keller nehmen. Sportrechtlich scheint das Thema für ihn ausgestanden. Die Ethikkommission des Weltverbands sah keinen Grund zum Eingreifen und hatte eine Voruntersuchung «wegen mangelnder glaubhafter Beweise» eingestellt. Das Gremium hatte vor inzwischen fünf Jahren weltweit für Aufsehen gesorgt, als es - allerdings in völlig anderer Besetzung - den damaligen FIFA-Patron Joseph Blatter und den damaligen UEFA-Präsidenten Michel Platini gesperrt hatte. Die damals zuständigen Ermittler wurden 2017 aber von der FIFA geschasst. Die «Wahl oder Absetzung von Mitgliedern der Rechtsorgane» steht auch auf der Tagesordnung des Online-Kongresses am Freitag. Den Bedarf zum Personalwechsel dürfte die FIFA nach den jüngsten Entscheidungen aber kaum sehen.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.