Bemühungum Wiederannäherung

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (l.) und der polnische Präsident Andrzej Duda  (r.). Foto: epa/Jacek Turczyk
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (l.) und der polnische Präsident Andrzej Duda (r.). Foto: epa/Jacek Turczyk

WARSCHAU (dpa) - Angesichts der internationalen Herausforderungen bemühen sich Kanzlerin Merkel und Regierungschef Morawiecki um moderatere Töne. Doch in der Sache bleiben sie hart.

Deutschland und Polen bemühen sich angesichts der internationalen Herausforderungen etwa durch Russland und China sowie vor dem Hintergrund des Brexits um eine Wiederannäherung. Sie glaube, «dass diese neue Bundesregierung mit neuem Elan an den deutsch-polnischen Beziehungen arbeiten kann», sagte Merkel am Montagabend nach einem Treffen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki in Warschau. Morawiecki kündigte an, die Zusammenarbeit mit Deutschland auf bilateraler und europäischer Ebene ausbauen zu wollen und nannte Berlin einen «Partner» und «Freund».

Merkel und Morawiecki vermieden gegenseitig weitgehend kritische Töne und unterstrichen vor allem gemeinsame Interessen etwa bei der Verteidigungspolitik nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU und in der Haltung gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Kanzlerin traf bei ihrem Antrittsbesuch nach ihrer vierten Wahl zur Regierungschefin auch mit Präsident Andrzej Duda zusammen.

Die Kanzlerin sagte, es sei klar, dass man in der EU mit einer Stimme sprechen und die Anliegen gemeinsam vorbringen müsse. «Das erfordert eine gewisse Sensibilität den jeweiligen Empfindungen gegenüber» sowie die Bereitschaft, Kompromisse zu finden. «Ich werde alles daran setzen, und das gilt für die ganze Bundesregierung (...), dass wir in Europa eine gemeinsame Agenda haben», sagte Merkel. Auch Morawiecki erklärte: «Der Schlüssel für die Zukunft der EU ist es, ihre Einheit zu wahren.» Dafür müssten unter anderem die Erwartungen der Bürger bei Sicherheit und Stabilität erfüllt werden.

Morawiecki kritisierte die derzeitige EU-Migrationspolitik. Polen verweigert die von der EU geforderte Umverteilung von Flüchtlingen nach einer Quote. «Wir finden, das ganze Asylsystem ist überholungsbedürtig», sagte Morawiecki. Er sicherte aber zu, Polen wolle «bei der Erstellung neuer Asylregelungen sehr eng mit den europäischen Partnern zusammenarbeiten». Zugleich forderte er von den EU-Partner aus Gründen «innerer Souveränität» Verständnis dafür, dass Warschau selbst entscheiden wolle, wer in Polen aufgenommen werde.

Merkel sagte, nach dem Gespräch sei sie optimistischer, dass man auch in der Debatte über ein europäisches Asylsystem eine gemeinsame Lösung finden könne. Man habe betont, dass auch Polen Flüchtlinge aufnehme und seinen Beitrag leiste. Geografisch gesehen seien es andere Flüchtlinge aus anderen Regionen, sagte die Kanzlerin. Zudem sei man einig dass die Arbeit der Grenzschutzagentur Frontex gestärkt werden müsse. Unstrittig sei auch, dass etwa Deutschland und Italien vom Flüchtlingsthema stärker betroffen seien als andere.

Überlegenswert sei, ob Länder mit einer Außenlage wie Italien Lasten, die sie trügen, in der mittelfristigen Finanzplanung bevorzugt angerechnet bekämen, sagte Merkel. Sie pochte darauf, dass die EU bis Juni ein gemeinsames europäisches Asylsystem ausarbeitet. Das Thema dürfte beim EU-Gipfel in Brüssel Ende der Woche eine große Rolle spielen. Polen wehrt sich vor allem gegen die Aufnahme von muslimischen Migranten.

Morawiecki verteidigte die umstrittene Justizreform seiner nationalkonservativen Regierung. «Wir sind überzeugt davon, dass die Reformen notwendig sind und zur Unabhängigkeit und Objektivität des Justizwesens beitragen.» Er zeigte sich aber optimistisch, dass der Streit mit der EU-Kommission bald beigelegt werden könne. Es gebe «Licht am Ende des Tunnels». Polen wolle der EU-Kommission alle Bedenken erläutern. Merkel unterstrich, die EU beruhe auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Die EU-Kommission sieht die Unabhängigkeit der Justiz in Polen bedroht. Brüssel leitete deswegen im Dezember erstmals in der EU-Geschichte ein Sanktionsverfahren ein, durch das Polen sogar seine Stimmrechte in der EU verlieren könnte.

Einig zeigten sich Merkel und Morawiecki auch bei der Reaktion auf das Giftattentat auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien. Es gebe sehr ernsthafte Hinweise darauf, dass Russland damit etwas zu tun habe, betonte Merkel. Nun sei es an Moskau zu zeigen, dass das nicht der Fall sei. Morawiecki sprach von einer «empörenden Attacke». Die EU müsse darauf eine eindeutige und nicht nur symbolische Antwort geben.

Der Ex-Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Yulia kämpfen seit mehr als zwei Wochen in einer Klinik um ihr Leben. Sie wurden britischen Angaben zufolge Opfer des Nervengifts Nowitschok, das in der Sowjetunion entwickelt worden war. London geht davon aus, dass Moskau an dem Anschlag beteiligt war - Russland weist dies zurück.

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