Untersuchung von Menschenrechtslage im Iran

Außenministerin Annalena Baerbock in Genf. Foto: epa/Martial Trezzini Schweiz Aus
Außenministerin Annalena Baerbock in Genf. Foto: epa/Martial Trezzini Schweiz Aus

GENF: Außenministerin Baerbock will Iran wegen der Gewalt gegen friedlich Demonstrierende zur Rechenschaft ziehen. Im UN-Menschenrechtsrat hat sie mit einer deutschen Initiative Erfolg.

Der UN-Menschenrechtsrat hat wegen anhaltender Gewalt des iranischen Sicherheitsapparats gegen friedlich demonstrierende Menschen eine unabhängige Untersuchung beschlossen. Dabei sollen Experten Verstöße gegen die Menschenrechte dokumentieren und Beweismaterial sammeln, um Verantwortliche für die Gewalt eines Tages zur Rechenschaft ziehen zu können, wie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Genf sagte. Deutschland und Island hatten eine entsprechende Resolution eingereicht. Der Rat aus 47 Ländern stimmte mit 25 zu 6 Stimmen dafür, bei 16 Enthaltungen. Die hohe Zahl der Zustimmungen sprengten alle Erwartungen der westlichen Länder. Im Saal brandete nach der Abstimmung Applaus auf.

Baerbock war eigens angereist, um den Tausenden Menschen, die im Iran einzig für ein Leben in Würde und ohne Diskriminierung einsetzten, eine Stimme zu geben, wie sie sagte. Die Welt dürfe nicht tatenlos zusehen, wie «unschuldige Menschen, Mütter, Väter, Schwestern, Brüder und Kinder ermordet werden.» China versuchte in letzter Minute, den Paragrafen, der die unabhängige Untersuchung forderte, aus der Resolution zu streichen. Der Rat stimmte mit großer Mehrheit dagegen.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von einer Tyrannei im Iran. Nach Angaben seines Büros sind seit Beginn der Proteste Mitte September mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Er forderte die Freilassung von mehr als 14.000 Menschen, die im Zusammenhang mit Protesten festgenommen wurden. Teilnehmer und Journalisten würden «als Agenten von Feinden und ausländischen Staaten» abgestempelt. Das sei das typische Narrativ der Tyrannei.

Eine Vertreterin der iranischen Regierung kritisierte die westlichen Staaten als arrogante Heuchler. Sie verletzten die Menschenrechte der Iranerinnen und Iraner durch die Sanktionen, die viele Menschenleben kosteten, sagte Chadidscheh Karimi, stellvertretende Vizepräsidentin für Frauen und Familienangelegenheiten. Eine Diplomatin Irans behauptete vor der Abstimmung, das «deutsche Regime» und die Sicherheitskräfte unterdrückten selbst friedliche Demonstranten in Berlin, Stuttgart und anderswo, die mehr soziale Gerechtigkeit forderten.

Auch Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian schloss sich der Kritik an und sprach von einem «Regime» in Berlin. «Noch schlimmer und beschämender ist, dass sie dies für billige Spiele im Inland tun», schrieb der Chefdiplomat auf Twitter.

Menschenrechte ließen keinen Spielraum für Interpretationen, sagte Baerbock. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sei verbrieft und gelte auch im Iran. «Der Menschenrechtsrat wurde geschaffen, um die Stimme der Menschen zu sein, deren unteilbare Rechte bei ihnen zu Hause verwehrt werden», sagte sie später vor Journalisten. «Wenn das Recht auf Souveränität missbraucht wird, um die eigenen Menschen zu unterdrücken und damit auch die Charta der Vereinten Nationen mit Füßen zu treten, müssen die Vereinten Nationen ihre Stimme erheben.»

Das Bild eines kleinen iranischen Mädchens, das schreiend am Sarg ihrer Mutter im Staub kniete und in den Himmel schrie, gehe ihr unter die Haut, sagte Baerbock. Sie sei selbst auf vielen Demonstrationen gewesen, teils mit Kinderwagen. In demokratischen Länder sei es selbstverständlich, danach heil wieder nach Hause zu kommen.

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