Deutsche Bank und Commerzbank loten offiziell Fusion aus

Die Zwillingstürme der Deutschen Bank stehen vor den Zentralen der Commerzbank (hinten rechts) und der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Foto: Arne Dedert/Dpa
Die Zwillingstürme der Deutschen Bank stehen vor den Zentralen der Commerzbank (hinten rechts) und der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Foto: Arne Dedert/Dpa

FRANKFURT/MAIN (dpa) - Der politische Druck zeigt Wirkung: Die Vorstände von Deutscher Bank und Commerzbank nehmen offiziell Gespräche über ein mögliches Zusammengehen der beiden Häuser auf. Ob tatsächlich der gewünschte «nationale Champion» entsteht, ist allerdings noch fraglich.

Eine mögliche Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank wird nach monatelangen Spekulationen konkreter. Die beiden größten Privatbanken Deutschlands nehmen Gespräche über einen eventuellen Zusammenschluss auf, wie sie am Sonntag zeitgleich in Frankfurt mitteilten. Die Deutsche Bank erklärte, der Vorstand habe beschlossen, «strategische Optionen zu prüfen». Bei der Commerzbank war von «ergebnisoffenen Gesprächen über einen eventuellen Zusammenschluss» die Rede. Beide Geldhäuser betonten, ein Zusammengehen sei keineswegs ausgemachte Sache.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, werben seit Monaten für starke deutsche Banken. Die Bundesregierung stehe «wirtschaftlich sinnvollen Optionen offen gegenüber». Bei der Commerzbank hat der Bund über seine Aktienbeteiligung von gut 15 Prozent, die er seit der Finanzkrise hält, ein Mitspracherecht.

«Das Bundesfinanzministerium nimmt die Entscheidung der beiden Privatbanken, über die Möglichkeiten einer engeren Kooperation ergebnisoffen zu sprechen, zur Kenntnis», teilte eine Sprecherin am Sonntag mit. «Wir stehen mit allen Beteiligten regelmäßig in Kontakt.»

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing betonte in einer Nachricht an die Mitarbeiter des Dax-Konzerns, der Vorstand werde «ausschließlich wirtschaftlich sinnvolle Optionen verfolgen, mit denen wir an unsere Fortschritte von 2018 anknüpfen können». Ob es überhaupt zu einer Transaktion komme, stehe nicht fest. «Die Erfahrungen zeigen, dass es viele wirtschaftliche und technische Gründe geben kann, die einem solchen Schritt entgegenstehen können.» Ein Deutsche-Bank-Sprecher betonte in Frankfurt, Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

Nach der mühsamen Rückkehr in die Gewinnzone 2018 will sich der Deutsche-Bank-Vorstand nach Sewings Worten weiterhin darauf konzentrieren, die Hausaufgaben im eigenen Haus zu erledigen. Allerdings sei es zugleich die Pflicht des Managements, zu prüfen, wie sie die Konsolidierung der Bankenbranche in Deutschland und Europa mitgestalten wolle.

In den vergangenen Wochen hatte es wiederholt Medienberichte gegeben, Scholz und Kukies hätten Sewing und Commerzbank-Chef Martin Zielke gedrängt, ein Zusammengehen zu prüfen - idealerweise vor der Europawahl Ende Mai.

Unions-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg warnte Scholz am Sonntag vor politischer Einmischung in die Fusionsgespräche: «Eine Fusion der beiden Banken muss nach rein betriebswirtschaftlichen Kriterien Sinn ergeben.» Der Steuerzahler dürfe keinesfalls in Mithaftung gezogen werden.

FDP-Chef Christian Lindner begrüßte die Fusionsgespräche zwar grundsätzlich, da Deutschland eine starke Privatbank brauche. Allerdings warnte Lindner vor zu großer Einmischung seitens der Bundesregierung: «Eine vom Staat eingefädelte Zwangsfusion wäre weder für Kunden noch für Eigentümer gut.»

Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick, seit Kurzem Vorstand der Bürgerbewegung «Finanzwende», forderte, eine Fusion dieser Größenordnung zu verhindern. «Mehr als 10 Jahre nach Lehman scheinen die Banken wie auch die Bundesregierung jede Lehre aus der Bankenkrise vergessen zu haben», schrieb Schick mit Blick auf die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller warnte vor einer Fusion zu Lasten der Verbraucher. «Steigende Preise und weniger Angebotsvielfalt können nicht der Kollateralschaden eines Banken-Champions sein», sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) der «Rheinischen Post» (Montag). Es wird befürchtet, dass bei einer möglichen Fusion nicht nur Zehntausende Stellen gestrichen, sondern auch viele Filialen geschlossen werden.

Die Gewerkschaft Verdi lehnt eine mögliche Fusion der Banken ab. Verdi-Bankenexperte Jan Duscheck verwies auf die Gefährdung von Zehntausenden Arbeitsplätzen. «Mit einer Fusion würden zusätzliche Risiken und Probleme auf beide Banken zukommen.»

Befürworter eines Zusammenschlusses befürchten unterdessen, dass Europas größter Volkswirtschaft ansonsten auf Dauer eine schlagkräftige internationale Großbank fehlt. Während die US-Konkurrenz längst wieder bestens verdient, dümpeln Deutschlands Großbanken zehn Jahre nach der Finanzkrise vor sich hin. An der Börse sind die Deutsche Bank mit 16 Milliarden Euro und die Commerzbank mit rund 9 Milliarden Euro Wert aktuell vergleichsweise klein.

Um eine Fusion mit der Rivalin zu finanzieren, bräuchte die Deutsche Bank voraussichtlich eine Milliardensumme. Um diese zusammenzubekommen, könnte sie sich Insidern zufolge komplett von ihrer Fondstochter DWS trennen. Einem Medienbericht zufolge prüft Europas größter Versicherer Allianz bereits, ob eine Zusammenführung des DWS-Geschäfts mit seinen eigenen Vermögensverwaltern Pimco und Allianz Global Investors (AGI) Sinn ergebe. Sprecher der Unternehmen wollten den Bericht am Sonntag nicht kommentieren.

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Jürgen Franke 19.03.19 10:34
Die Fusion wird kommen und wird
zu Lasten der Verbraucher gehen. Zu wessen Lasten denn sonst. Die Banken habe sich durch ihr Zocken selbst in die Situation gebracht. Hinzu kommen noch die Strafzahlungen in Millionenhöhe in die USA.