Der neue Tatort aus Bremen

«Der Tod ist eben hinterlustig»

Foto: Freepik
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BREMEN: Junge Mütter, schlagende Männer, geplatzte Träume. Das neue Bremer «Tatort»-Trio ermittelt in schwierigen Verhältnissen. Die Kommissare könnten unterschiedlicher nicht sein: Einer will nur weg. Die andere ist neu. Die dritte ist überzeugt, sie könne es besser.

Kommissar Mads Andersen verpasst in Bremen einen Zug nach dem anderen. Eigentlich will der Kommissar nur noch zurück nach Kopenhagen. Er hat den Koffer gepackt, das Bahnticket gebucht, sich von der Köchin der Kantine im Präsidium charmant verabschiedet. Doch ein als Suizid getarnter Mord, sein Chef und seine ganz frische Kollegin machen dem Dänen einen Strich durch die Rechnung. Das Verbrechen muss aufgeklärt werden im «Tatort»-Krimi «Neugeboren», der am Pfingstmontag um 20.15 Uhr im Ersten läuft.

Neuzugang Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) hat ihren allerersten Tag in einer Mordkommission. Sie kann ihre Freude kaum verbergen, als sie vor der Leiche eines jungen Mannes steht, der sich von einem verlassenen Industrieturm in die Tiefe gestürzt und aufgespießt hat. Suizid auf den ersten Blick, aber: «Das ist kein Selbstmord. Das ist ein Tötungsdelikt», sagte sie, als sie auf einen Messerstich aufmerksam wird. «Das freut Dich?», fragt Andersen (Dar Salim). Das kurze Lächeln Moormanns spricht Bände.

Die über-engagierte Ermittlerin wird von der erfahrenen BKA-Beamtin Linda Selb (Luise Wolfram) kurz als «Frischling» tituliert. Zusammen mit dem «komischen Dänen» nennt Selb sie der «Wikinger und Minnie Maus». Im schicken blauen Overall sichert die «Wunderwaffe und BKA-Leihgabe» nicht nur Spuren, sondern ermittelt parallel im Fall eines entführten Babys und einer emotional überforderten Mutter im Krankenhaus. Doch was hat das mit dem toten Dealer zu tun? Und wo ist das Baby? Die Zusammenhänge werden erst Schritt für Schritt deutlich.

Die Spur führt ins Drogenmilieu. Dort geht es mitunter brutal zu, das zeigt schon der Einstieg in den Krimi: Man hört nicht auf zu schlagen, auch wenn der Gegner blutend am Boden liegt. Und auch auf schwangere Frauen wird keine Rücksicht genommen. Das hat auch der tote Dealer offenbar nicht getan.

Die Ermittler folgen teils eigenen Spuren, die auch zu gescheiterten und verzweifelten Existenzen führen. Der Ex-Fußballer und Werder-Fan Rudi Stiehler (André Szymanski) ist einer von ihnen. Vor langer Zeit spielte er mal im Jugendteam. «23 Länderspiele, elf Tore», sagt er und ertränkt seine Erinnerung in Bier und Schnaps.

Der erste Fall des neuen Bremer Teams wird gelöst, soviel ist sicher. Auf dem Weg dorthin gehen die Ermittler locker-spöttisch, aber doch irgendwie als Team miteinander um. «Du bist ein Nervendings, wie heißt das?», sagt Andersen mit dänischen Akzent zu Moormann, die mit dem Wort «Nervensäge» gerne aushilft. Und wenn er sagt: «Der Tod ist eben hinterlustig», korrigiert sie ihn «listig», «hinterlistig». Und dass Selb smart und messerscharf das Wort führt, bekommt auch ihr Chef am Kantinentisch zu spüren.

Privat geben die Ermittler - anders als bei anderen «Tatort»-Modellen - wenig preis von ihrem Leben. Ob alleinerziehend, traumatisiert und berufsmüde, in Scheidung lebend, mit oder ohne Alkoholprobleme - alles bleibt wohltuend außen vor. Es geht um den Fall, die Ermittlungen und ein Team, das zusammenfindet. Zumindest vorübergehend.

Denn zum Schluss kommt das Taxi, und Andersen will noch den Zug nach Mitternacht erreichen. «Wir hätten ein gutes Team werden können», bedauert Moormann. Ob er wirklich fährt oder ein Rückticket in der Tasche hat, bleibt offen. Sicher ist, dass die Dreharbeiten für den zweiten «Tatort» von Radio Bremen schon laufen.

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Bernd Wendland 23.05.21 23:03
Phantasie, verlass mich nie!
So ein Schmarrn! Ich trauere immer noch den echten Kriminalfällen der alten "Stahlnetz-Reihe" von Jürgen Roland und den wenigstens wirklichkeitsnahen und gerade deshalb so spannenden Folgen des "Polizeirufs 110" des DDR-Fernsehens und den alten "Tatort"-Folgen mit Manfred Krug oder Klaus Schwarzkopf nach. Im übrigen halte ich es auch für wesentlich schwieriger und anspruchsvoller, echte Kriminalfälle zu recherchieren und interessant in Szene zu setzen, als der Phantasie freien Lauf zu lassen und sich dabei haarsträubend unrealistische "Fälle" mit völlig überdrehten Kommissarinnen aus den Fingern zu saugen, wie es mittlerweile in etlichen "Tatort"-Folgen die Regel ist.