Der König kommt

Gedanken zum Weihnachtsfest von Pastor Martin Hofmann

„Das Licht der Welt“ von William Holman Hunt.
„Das Licht der Welt“ von William Holman Hunt.

CHIANG MAI: Es war während eines Kurz­urlaubs, den meine Frau und ich in London verbrachten. Wir schlenderten durch die Stadt, als sich plötzlich in Windeseile die Nachricht verbreitete: „Die Queen kommt!“ Sofort kam Bewegung in die Leute um uns herum. Alles strömte zu einem großen, schmiedeeisernen Tor, das den Weg in ein Parkgelände freigab. Dort war offensichtlich alles für eine Parade vorbereitet. Als wir eine Weile gewartet hatten, konnte man in der Ferne eine offene Kutsche ausmachen. Sie bewegte sich direkt auf uns zu. Als sie unsere Stelle passierte, konnten wir tatsächlich für einen kurzen Moment Queen Elizabeth sehen. Doch ehe wir uns versahen, war alles vorbei, denn das königliche Gefährt verschwand in der jubelnden Menschenmenge.

Damals in London waren wir nur Zaungäste. Denn die Queen kam ja nicht wirklich zu uns! Dass uns eine echte Königin besuchen kommt, ist für die meisten nicht vorstellbar, oder? Ein König in unserer Wohnung!

Der König kommt! – Darum geht es in der Advents- und Weihnachtszeit. In der Bibel wird die Ankunft von Jesus Christus einmal folgendermaßen angekündigt: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ (Prophet Sacharja, Kapitel 9, Vers 9).

Die so Angesprochenen waren tausend Schwierigkeiten und Bedrohungen ausgesetzt. In einer Situation, in der alles nur noch zum Heulen war, verspricht Gott: „Du bist nicht verlassen!“. Das ist das Thema von Advent und Weihnachten!

Dein König kommt zu dir

Normalerweise geht man zum König. Man bittet um eine Audienz. Wird sie gnädigerweise gewährt, muss man an Wachen und Soldaten vorbei, muss warten, die Einladung vorweisen, wird durchsucht und überprüft. – Dieser König aber kommt! Gott ist unterwegs zu uns. Das ist absolut einzigartig. Überall sonst machen sich die Menschen auf den Weg zu den Göttern. Versuchen, irgendwie in ihre Nähe zu kommen. Der Gott der Bibel geht den umgekehrten Weg und sucht unsere Nähe. Sein Sohn Jesus Chris­tus kommt ganz persönlich zu uns. Er sagt einmal:

„Merkst du nicht, dass ich vor der Tür stehe und anklopfe? Wer mich rufen hört und mir öffnet, zu dem gehe ich hinein, und wir werden miteinander essen – ich mit ihm und er mit mir“ (Offenbarung des Johannes, Kapitel 3, Vers 20).

Der englische Künstler William Holman Hunt hat diesen Vers illustriert. Das berühmte Gemälde hängt in der St. Pauls-Cathedral in London. Es zeigt, wie Jesus vor einer Tür steht, die von Pflanzen überwuchert ist und offenbar schon lange nicht mehr geöffnet wurde. Sie hat außen keine Klinke. Man kann sie nur von innen öffnen.

Jesus steht vor der Tür unseres Herzens und klopft an, auch jetzt in dieser Advents- und Weihnachtszeit. Vielleicht haben wir ihm noch nie oder schon lange nicht mehr unser Herz geöffnet. Er erzwingt sich den Zugang zu unseren Herzen nicht mit Gewalt. Jesus kommt nie mit der Brechstange. Er steht vor unserer Tür, klopft an und wartet darauf, dass wir ihn reinlassen. Sein Versprechen für Leute, die ihm öffnen, ist groß: Er lädt sie zu einem festlichen Essen ein. Ohne Bild heißt das, er hat Zeit für uns und will sie mit uns verbringen.

Bettelarm auf einem Esel

Die Armut und das Reittier passen einfach nicht zu einem König. Dass Jesus arm ist, heißt: Er hat alles für uns gegeben! Er behält nichts von seinem Reichtum für sich. In einem modernen Weihnachtslied heißt es: „Gott wurde arm für uns, damit wir durch seine Armut reich werden.“

Wenn ein König auf einem Esel reitet, ist das alles andere als standesgemäß. Ein peinlicher, nicht zu entschuldigender Patzer im Protokoll. – Ein Paradeross, ein arabisches Vollblut, wäre das einzig Angemessene! Doch der Esel ist keine Panne, sondern Programm. Jesus wählt ihn selbst aus und zeigt damit, dass er so ganz anders ist. Der Esel ist ein Symbol für den Frieden. Jesus kommt zu uns, damit wir zum Frieden finden. Zuallererst mit Gott, aber auch mit anderen und uns selbst. Er kommt, damit wir eine lebendige Beziehung mit Gott haben können.

Jesus kommt zu uns. Ganz persönlich. In unser Leben, mit dem wir vielleicht gerade unzufrieden sind. Mitten hinein in unsere chaotische Familiensituation. Hinein in unsere Ehe, die pünktlich vor Weihnachten in einer handfesten Krise steckt. Hinein in unsere Dunkelheit und Zukunftsangst.

Jesus kommt zu uns und bringt uns damit möglicherweise aus dem Konzept, weil es uns nicht passt! Und wir? – Wir müssen uns entscheiden, ob wir Jesus die Tür öffnen, oder ihn weiter draußen stehen lassen.


Weihnachtsgottesdienst

Die Thai-Deutsche Gemeinde Chiang Mai richtet am Dienstag, 24. Dezember um 16.30 Uhr einen festlichen Weihnachtsgottesdienst im Holiday Inn aus. Auf dem Programm stehen bekannte Weihnachtslieder, Denkanstöße zum Fest und ein kleines weihnachtliches Schattentheater für die Kinder. Moderation und Predigt werden simultan auf Thai übersetzt.

Über den Autor

Die Gedanken zum Weihnachtsfest wurden dieses Jahr von Pastor Martin Hofmann von der Thai-Deutschen Gemeinde Chiang Mai (TDG) verfasst. www.thai-deutsche-gemeinde.com.

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