Der Härtetest - Papst auf ungewöhnlichster Auslandsreise

Der Papst Franziskus in Jakarta. Foto: epa/Willy Kurniawan
Der Papst Franziskus in Jakarta. Foto: epa/Willy Kurniawan

JAKARTA: Für einen früheren Pontifex war der Trip ans andere Ende der Welt die letzte Auslandsreise seiner Amtszeit. Danach verließ er Italien nie wieder. Aber Franziskus hat mit bald 88 noch einiges vor.

Der Papst leidet, man sieht es ihm an: Er schwitzt, er kämpft gegen die Müdigkeit, er lässt sich in den Rollstuhl fallen. Im feuchten Tropenklima von Indonesiens Hauptstadt Jakarta sind es 35 Grad, die Nacht war kurz, und wahrscheinlich schmerzen auch die Knochen wieder. Die Leute jubeln trotzdem. Also hebt Franziskus die Hände, zum Gruß und zum Segen. Aber manchmal auch so, als ob er die Menge auf Abstand halten will.

Das Oberhaupt von weltweit etwa 1,4 Milliarden Katholiken ist auf der längsten Auslandsreise seiner Amtszeit - und der ungewöhnlichsten und anstrengendsten wohl auch. Vier weit entfernte Länder in zwölf Tagen, bis Freitag kommender Woche noch: das Riesenland Indonesien in Südostasien mit seinen mehr als 240 Millionen Muslimen - so viele wie nirgendwo sonst - sowie Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur.

Mehr als 30.000 Kilometer im Flugzeug

Alles in allem sind es mehr als 30.000 Kilometer bis ans andere Ende der Welt. Franziskus, so hatte er es gleich zu Beginn seines Pontifikats 2013 gesagt, will an die «Peripherie» gehen. Weiter weg von Rom als in den Indopazifik geht kaum. In den allermeisten Ländern hier sind Katholiken klar in der Minderheit. In Indonesien sind es gerade einmal acht Millionen. Aber anders als in Europa steigt die Zahl der Taufen und der Ordensleute auch.

Inzwischen ist eine solche Reise für Franziskus aber auch ein wirklicher Härtetest. 88 wird der gebürtige Argentinier im Dezember - so alt wie seit mehr als einem Jahrhundert kein Papst mehr: Leo XIII. starb 1903 mit 93 Jahren. Benedikt XVI. wurde zwar sogar 95 - aber nach seinem überraschenden Rücktritt 2013 war Franziskus' deutscher Vorgänger nicht mehr im Amt.

«Ich bin noch am Leben»

Außer dem Alter macht Franziskus zunehmend die Gesundheit zu schaffen. Er geht kaum noch. Meist lässt er sich im Rollstuhl fahren. Vergangenes Jahr hatte er eine Bauch-Operation, dann litt er monatelang an einer Erkrankung der Atemwege - offiziell Bronchitis. Den ersten Besuch eines Papstes bei einem Weltklimagipfel, in Dubai, musste er absagen.

Zwischenzeitlich waren die Sorgen sehr groß. Mehrfach versicherte er in seinem typischen Humor: «Ich lebe noch.» Das italienische Nachrichtenmagazin «Espresso» zitierte Franziskus in der neuesten Titelgeschichte noch umfassender, ohne dass es aus dem Vatikan ein Dementi gab: «Ich bin noch am Leben, obwohl einige meinen Tod wollen. Und ich weiß, dass es sogar Treffen zwischen Prälaten gab, die das Konklave vorbereitet haben.»

Mehrstündige Ruhepausen jeden Tag

Umso wichtiger ist ihm nun die Reise, die natürlich eine Ansage an die Leute ist, die es nicht so gut mit ihm meinen. Das Programm ist wie üblich: Gespräche mit den jeweiligen Spitzen von Staat und Religion, Treffen mit katholischen Geistlichen und gewöhnlichen Gläubigen, große Messen. Im Unterschied zu früher gibt es nun aber jeden Tag mehrstündige Ruhepausen. Zudem hat Franziskus rund um die Uhr medizinische Begleitung.

Im Vatikan haben sie schlechte Erinnerungen an die Reise eines anderen Pontifex in dieselbe Region, auch wenn das schon Jahrzehnte zurückliegt. 1970 machte das schwüle Klima dem damaligen Papst Paul VI. so sehr zu schaffen, dass er kollabierte. Bis zu seinem Tod 1978 verließ er Italien nie wieder.

Besserer Eindruck als vor einigen Wochen noch

Bei den professionellen Papst-Beobachtern, die jetzt bei Franziskus dabei sind, herrscht die Einschätzung vor, dass er trotz aller sichtbaren Schwierigkeiten einen besseren Eindruck macht als noch vor kurzem. Von ihm selbst gibt es vermutlich erst in einer Woche Auskunft dazu: Auf dem Heimweg kommt der Papst im Flugzeug zu den «Vaticanisti» nach hinten, um einige Fragen zu beantworten.

Bislang jedenfalls spult er das volle Programm herunter. Höhepunkt der ersten Tage in Jakarta war der Besuch in einer der größten Moscheen der Welt. Die Istiqlal-Moschee hat Platz für mehr als 125.000 Gläubige. Zusammen mit Großimam Nasaruddin Umar predigte Franziskus religiöse Toleranz: «Jenseits dessen, was uns unterscheidet, sind wir, sind alle Geschwister, alle Pilger, alle auf dem Weg zu Gott.» Beide küssten sich dann auf Hand und Stirn.

Argentinien als nächstes großes Ziel

Für die Verbundenheit zwischen Christentum und Islam gibt es hier auch ein praktisches Beispiel: Direkt gegenüber der Mega-Moschee, auf der anderen Seite einer vierspurigen Straße, liegt die deutlich kleinere Kathedrale Mariä Himmelfahrt, erbaut noch zu niederländischen Kolonialzeiten. Die beiden Gotteshäuser verbindet jetzt ein unterirdischer Tunnel. Der Papst beließ es aber bei einem Blick auf den Eingang, angeblich aus Sicherheitsgründen.

Wenn auch in drei weiteren Ländern der strapaziösen Reise alles gut geht, will Franziskus diesen Monat noch nach Luxemburg und Belgien. Im Oktober ist dann Weltsynode in Rom, eines seiner wichtigen Reformvorhaben. Und dann hat er ein weiteres großes Ziel: Argentinien. Seit der Wahl zum Papst war er nie wieder in seiner Heimat.

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