Der Geisterflug

​Callolo und seine Herzallerliebste - Eine humorvolle Geschichte 

Der Geisterflug

Es ist schon viele Jahre her, seit ich mit meiner Herzallerliebsten in Deutschland war. Deshalb wollte ich ihr in diesem Sommer noch einmal die schönsten Seiten meiner Heimat zeigen. Sie war darüber hocherfreut.

"Ich wollte immer schon Berlin, Paris, Rom, Paris und San Francisco sehen, Callolo."

"Das sind aber fünf verschiedene Länder und zwei Erdteile, Schatz."

"Ach, ich dachte die liegen alle nebeneinander", meinte sie mit unschuldiger Miene.

Ich kramte einen Atlas hervor und versuchte ihr zu erklären, welche Stadt zu welchem Land gehörte. Mein Erfolg hielt sich dabei in Grenzen, denn anschließend fragte sie mich: "Und wo liegt jetzt Amerika?"

Ihrer Vorfreude auf unseren Deutschland-Besuch tat das aber keinen Abbruch. Der Termin stand fest, ich hatte gebucht und meine Herzallerliebste begann schon mit den Reisevorbereitungen.

Da kamen plötzlich so merkwürdige Fragen auf: "Callolo, ist die Lufthansa eine gute Fluggesellschaft? Sollten wir vielleicht besser mit der Thai-Air fliegen? Ist der Montag ein sicherer Tag für unseren Abflug? Wollen wir nicht vorher den Segen meiner Familie einholen?"

"Was ist los, Nai? Hast du Angst?"

"Callolo, meine Mutter hat geträumt, dass ich nicht gesund zurückkommen werde."

"Aber das ist doch alles Mumpitz", erwiderte ich.

Ein paar Tage später sagte sie: "Letzte Nacht hatte ich auch einen schlechten Traum, Callolo."

"Und was hast du geträumt?"

"Sag ich nicht. Du lachst mich dafür nur aus."

"Okay, dann fliege ich eben allein."

"Callolo, ich möchte ja so gerne mit dir nach Deutschland fliegen, aber meine Familie…"

"Was ist mit deiner Familie?"

"Sie hat die Geister befragt."

"Ja, und?"

"Die Geister wollen nicht, dass ich Thailand verlasse. Sie drohen mit schlimmen Strafen."

"Was wären das denn für Strafen?"

"Ich weiß es nicht, Callolo, vielleicht machen sie mich krank oder das Flugzeug stürzt ab."

"Alles ist möglich", entgegnete ich, "ob mit oder ohne Geister. Du musst dich jetzt trotzdem entscheiden. Entweder wir fliegen gemeinsam, oder ich fliege allein."

Meine Herzallerliebste hatte einen schweren Kampf auszufechten, bis sie mir am anderen Morgen sagte: "Callolo, ich habe mich entschlossen. Ich fliege mit dir."

Der Flug war angenehm und problemlos. Die Zeit in Deutschland genossen wir bei bestem Sommerwetter. Aber nach zwei Wochen bekam meine Herzallerliebste plötzlich Schmerzen in der linken Seite. Es wurde so schlimm, dass ich mit ihr in die Universitätsklinik fuhr, wo eine schwere Nierenerkrankung diagnostiziert wurde. Nach Vorlage der Reiseversicherung behielt man sie gleich da, und am anderen Morgen entfernte man aus ihrer Niere einige Steine, die aussahen wie gebrannte Mandeln.

Nachdem es ihr wieder etwas besser ging, telefonierte sie mit ihrer Familie im Isaan und sagte dann zu mir: "Es sind die Geister, die beleidigt sind, weil ich gegen ihren Willen geflogen bin, Callolo. Sie wollen, dass ich sofort zurückkomme."

Was blieb mir übrig? Ich buchte um, und wir kehrten drei Wochen früher als geplant zurück.

Als wir im Fernsehen dann die schrecklichen Bilder vom Absturz der Thai-Maschine sahen, für die wir ursprünglich gebucht waren, kam alles, was ich mal geglaubt und gedacht hatte, ins Schwanken: Zufall? Vorsehung? Ich wusste gar nichts mehr.

Ich nahm meine Herzallerliebste in die Arme und wusste nicht, welchem Geist ich dafür danken sollte, dass wir von dem Unglück verschont geblieben waren.

Ich griff dann zum Himbeer-Geist, der nach einigen Gläsern nicht nur mich, sondern auch meine Herzallerliebste in den siebenten Himmel entführte.

Callolo und seine Herzallerliebste und Angekommen in der Wirklichkeit

Callolo und seine Herzallerliebste

In 130 heiteren Kurzgeschichten hat Autor Carolus in zwei Büchern sich mit unterschiedlichen Erfahrungen, die sich aus dem Zusammenleben zwischen Thais und Farangs ergeben, verfasst. Die humorvollen Geschichten behandeln das Eheleben zwischen Nai und Callolo. Im Leben der beiden wird viel Toleranz abverlangt. Dass es trotzdem immer wieder ein Happy End geben kann, beweist der Autor, im ersten Buch, in vielen unerwarteten Entwicklungen. Im zweiten Werk hat der Autor seine „rosarote Brille“ abgenommen und erzählt auf ehrliche und gewohnt charmante Weise über Probleme und Schwierigkeiten, die in seiner nicht mehr ganz taufrischen Beziehung zu Nai entstehen.

Die beiden Taschenbücher können Sie im FARANG-Onlineshop bestellen.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Mike Dingo 20.09.20 14:07
Vielleicht sollte Thai Airways den Schreiber dieser Geschichte wegen Rufschädigung verklagen. Übrigens völlig unnötig einen spezifischen Namen zu verwenden.
Markus Boos 20.09.20 14:07
Dracomir Pires
Callolo beginnt ja mit dem Satz. Es ist schon viele Jahre her.
Geschichten die das Leben schreibt müssen nicht tagesaktuell sein.
Dracomir Pires 20.09.20 12:07
Absturz der Thai-Maschine?
Ich habe sogar auf Wikipedia gesucht. Alles Schnee von vorgestern.