«Der Blob»: Arte porträtiert schleimigen Superorganismus

Computersimulation des Blob-Netzwerks in einer Szene des Films
Computersimulation des Blob-Netzwerks in einer Szene des Films "Der Blob - Schleimiger Superorganismus". Foto: Hauteville Productions/Arte France/dpa

STRAßBURG: Er ist schleimig, gelb, gefräßig und liebt es dunkel: Der Blob ist ein Schleimpilz. Und er ist ein Superorganismus, der völlig ohne Hirn Intelligenz neu definieren lässt. Arte widmet ihm ein Porträt.

Der japanische ist am schnellsten, der australische am zielstrebigsten und der amerikanische am gefräßigsten: Physarum polycephalum alias Blob ist eine Schleimpilz-Art, die Wissenschaftler und Laien faszinieren kann. Der Blob ist ein Einzeller, der wächst und wächst, sein Volumen jeden Tag verdoppeln und so einen Durchmesser von mehreren Metern erreichen kann. Ohne Hirn schafft er es dennoch, beispielsweise Hindernisse zu umgehen und sich eine ausgewogene Ernährung zu suchen. Und je nach Herkunft hat er weitere charakteristische Eigenschaften. Arte widmet ihm am Samstag (21.50 Uhr) ein Porträt: «Der Blob - Schleimiger Superorganismus».

Er lebt seit fast einer Milliarde Jahre auf der Erde, bevorzugt dunkle Umgebung. Jacques Mitsch zeigt ihn in der Dokumentation auf Waldböden wandernd - aber auch im Zeitraffer, wie sich die gelbe, schleimige Masse aus Petrischalen schiebt und über den halben Schreibtisch wabert. Dabei sehen die Muster, die er bildet und hinterlässt, aus wie die Adern eines austrocknenden Blattes.

Teilt man einen Blob, schafft er es, sich wieder zu einer Einheit zu verbinden. Nicht ohne Grund hat Physarum polycephalum seinen Spitznamen Blob vom Titel eines Science-Fiction-Films aus dem Jahr 1958 über eine außerirdische Schleimmasse, die die Erde bedroht.

Gefährlich scheint der echte Schleimpilz selbst nicht wirklich zu sein. Seine größte Fürsprecherin in der gut 50-minütigen Sendung ist die Wissenschaftlerin Audrey Dussutour, die seit Jahren am und mit dem Blob forscht. Sie spricht so begeistert von ihm, dass der Zuschauer kaum anders kann, als selbst angetan zu sein.

So wie beispielsweise Neurologen und Informatiker, die mit dem Blob aufgrund seiner Eigenschaften forschen: Er findet in einem Labyrinth den schnellsten Weg, überflüssige Venen sterben ab. Er kann sich an Umgebungen anpassen, die ihm eigentlich zuwider sind. Er orientiert sich und weiß, wo er schon einmal war und zum Beispiel nicht noch einmal nach Nahrung suchen muss. Ausgelagertes Gedächtnis nennt das Dussutour. Dass Organismen ohne Gehirn lernen können, also auch Einzeller aus Erfahrung lernen, sei ein Meilenstein, heißt es.

Das ist Grundlagenforschung und erstmal nicht mit einer direkten Anwendung verbunden. Sie kann aber zum Beispiel für die Krebsforschung ebenso interessant sein wie für die Robotik. Die Aktivitäten des Blobs haben Experten auch schon in Musik umgewandelt.

Der Film gibt mit verschiedenen Experten und beeindruckenden Bildern von Testverfahren und Versuchsaufbauten Einblicke in eine Thematik, mit der die meisten wohl noch nie etwas zu tun gehabt haben dürften. Manches ist wissenschaftlich spannend, anderes für Laien vielleicht vor allem kurios: So haben Dussutour und ihr Team 35 verschiedene Puddings gekocht - mit unterschiedlichen Anteilen von Proteinen und Zucker. Sie sahen, dass Blobs ein Lieblingsverhältnis der beiden haben - und falls das nicht zur Verfügung steht, sich aus anderen Puddingsorten den Mix einfach selbst zusammensuchen.

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