Erdogan nennt Protestierende Terroristen

​Demos gegen neuen Rektor

Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan nimmt an einer Unterzeichnungszeremonie mit dem ukrainischen Präsidenten nach deren Treffen in Istanbul teil. Foto: epa/Tolga Bozoglu
Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan nimmt an einer Unterzeichnungszeremonie mit dem ukrainischen Präsidenten nach deren Treffen in Istanbul teil. Foto: epa/Tolga Bozoglu

Istanbul - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Proteste gegen einen neuen Rektor an der renommierten Istanbuler Bogazici-Universität als von Terroristen initiiert bezeichnet. «Dahinter stecken ja keine Studenten, das sind Terroristen, die dahinterstecken», sagte Recep Tayyip Erdogan am Freitag in Istanbul. Die Oppositionspolitikerin Canan Kaftancioglu, die sich mit den Protestierenden solidarisiert hatte, nannte Erdogan eine «Militante» der marxistisch-leninistischen Untergrundorganisation DHKP-C in der Türkei.

Studierende protestieren seit Montag gegen die Ernennung von Melih Bulu zum Direktor der Bogazici-Universität durch Erdogan. Sie kritisieren unter anderem die Nähe Bulus zur AKP. Die Studenten verurteilten die Ernennung aber auch als undemokratisch und gegen die Tradition der Universität, ihre Direktoren selbst zu wählen.

Seit Inkrafttreten des Präsidialsystems im Juli 2018 ist Erdogan alleine berechtigt, Rektoren an staatlichen Universitäten einzusetzen. Bereits mit dem Ausnahmezustand nach dem Putschversuch 2016 war den Hochschulen das Recht entzogen worden, ihre Direktoren selbst zu wählen. Erdogan verteidigte die Einsetzung Bulus. Er sei in Einklang mit geltendem Recht eingesetzt worden und sei «angemessen» für die Position.

Auch für Freitag waren Proteste geplant. Seit Beginn der Demonstrationen wurden Dutzende Studenten festgenommen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, 21 von ihnen seien am Freitag dem Haftrichter vorgeführt worden. Zwölf von ihnen würde vorgeworfen, in terroristische Aktivitäten involviert gewesen zu sein. Die übrigen sollen dem Bericht zufolge an Protesten von «marginalen Gruppen» teilgenommen haben.

Anwälten der Festgenommenen zufolge wurden die Studierenden später unter Auflagen frei gelassen. Drei von ihnen seien wegen Beiträgen in den sozialen Medien festgenommen worden.

Anadolu berichtete außerdem, bei einer Solidaritätskundgebung in Ankara seien 30 Menschen festgenommen worden.

Eine weitere Anwältin sagte der Deutschen Presse-Agentur, 10 Festgenommene seien von den Einsatzkräften durchsucht und entkleidet worden. Sie versuchten die Studierenden zu terrorisieren, sagte sie.

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