Dem ältesten Bier auf der Spur

Frühe Malzgetränke am Bodensee

Ein 3D-Modell eines archäologischen Pflanzenrests vom Fundort Hornstaad-Hörnle in Deutschland. Fotos: Niki Gail/ÖAW/dpa
Ein 3D-Modell eines archäologischen Pflanzenrests vom Fundort Hornstaad-Hörnle in Deutschland. Fotos: Niki Gail/ÖAW/dpa

WIEN: Archäologen sind dank neuer Forschungsansätze dem ältesten Bier in Mitteleuropa auf der Spur. Mit Sicherheit seien malzhaltige Getränke bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. am Bodensee und am Zürichsee zubereitet worden, sagt der Archäobotaniker Andreas Heiss von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am 6. Mai.

Ob es sich dabei tatsächlich um Bier oder ein noch alkoholfreies Malzgetränk gehandelt habe, sei noch unklar. Bisher galten Fundstellen in keltischen Siedlungen im heutigen Baden-Württemberg um das 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr. als älteste Brauereien Mitteleuropas.

Originalansicht eines verkohlten Pflanzenfundes vom Fundort Hornstaad-Hörnle in Deutschland.
Originalansicht eines verkohlten Pflanzenfundes vom Fundort Hornstaad-Hörnle in Deutschland.

Für die im Fachjournal „PLOS ONE“ veröffentlichte Studie nutzten die Forscher spezifische Zersetzungsspuren an den Zellwänden von Getreidekörnern erstmals zum Nachweis von Malz in verkohltem archäologischem Material. Dies sei selbst dann gelungen, wenn von diesen Körnern nur mehr zermahlene und verbrannte Reste erhalten waren, so Heiss. Mälzen ist ein entscheidender Schritt beim Bierbrauen. Dabei wird Getreide – heute meist Gerste – zum Keimen gebracht und dann getrocknet oder geröstet.

Malztrunk oder „Bodenseebräu“?

Das internationale Team um Heiss fand entsprechende Merkmale an Material aus jungsteinzeitlichen Ufersiedlungen am Bodensee und am Zürichsee, die ins 4. vorchristliche Jahrtausend datieren. So erwiesen sich amorphe Speisekrusten aus der Grabung Parkhaus Opéra am Schweizer Zürichsee als malzhaltig, ebenso zwei bislang als „brotartige Objekte“ angesprochene Funde aus Sipplingen-Osthafen und Hornstaad-Hörnle, beides am Bodensee in Baden-Württemberg gelegene ehemalige Pfahlbau-Siedlungen.

Der Fund aus Hornstaad-Hörnle habe zudem gezeigt, dass hier stark zerkleinertes Gers­tenmalz zu einer Flüssigkeit aufgegossen worden war und in der Hitze eines Gebäudebrandes eindickte und verkohlte. Ob hier ein alkoholfreier Malztrunk hätte zubereitet werden sollen, oder ob das Ziel doch das Vergären zu einem steinzeitlichen „Bodenseebräu“ gewesen war, ließe sich aber nicht mehr eindeutig ermitteln, so Heiss. „Auch wenn der letzte Schritt des Nachweises noch fehlt, sind wir wahnsinnig nah dran“, sagte der Forscher.

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