Daten-Angriff der Immigration schockt Residenten

Der Schweizer Konrad Kuriger lebt seit 2013 in Pattaya und fühlt sich durch den neuen Fragebogen verunsichert. Er hat vorsichtshalber seine Botschaft informiert, die ihm riet, erst einmal abzuwarten.
Der Schweizer Konrad Kuriger lebt seit 2013 in Pattaya und fühlt sich durch den neuen Fragebogen verunsichert. Er hat vorsichtshalber seine Botschaft informiert, die ihm riet, erst einmal abzuwarten.

KOH SAMUI/PATTAYA: Endzeitstimmung unter Langzeitresidenten in Thailand: Seit die Immigrationsbehörden landesweit ernst machen und bei der Visaverlängerung und Residenzbestätigung das Ausfüllen eines zweiseitigen Formulars verlangen, mit teils heiklen persönlichen Details, seither läuft die Ausländerkommune Sturm. Viele befürchten einen röntgenartigen Zugriff auf ihre Privatsphäre durch Thailands Behörden. In sozialen Netzwerken quellen die Kommentarforen über von Beschwerden und Befürchtungen.

Was ist dran am Angriff der Immigrationsbüros auf ihre Langzeitklienten und deren Daten? Liefert uns das neue Formular – das bis auf wenige Ausnahmen obligatorische Antworten verlangt – unumkehrbar an unsere Gastgeber aus? Sind wir noch sicher, wenn diese Daten durch Schlamperei verloren gehen und in die Hände Dritter gelangen?

FARANG-Leser und Langzeitresident Konrad Kuriger (55) aus der Schweiz hat vor wenigen Tagen in Pattayas Immigration Bekanntschaft mit dem neuen Formular gemacht. Als ‚Alien‘ – ein Sprachterminus, der wegen gefühlter Nähe zu Science-Fiction-Eindringlingen verstört, aber im Amtsenglisch üblich ist – musste er folgende Angaben machen: Namen, Geburtsdatum, Name beider Eltern; komplette Adresse in Thailand mit allen Daten und Telefonnummern; genutzte Onlinedienste, wie Facebook sowie die Emailadresse; häufig besuchte Orte wie Bars, Restaurant oder auch Hospitäler; Kennzeichen und Registrierung bestehender Fahrzeuge wie Autos oder Motorroller mit Farbe und Modelltyp; eine Person, die im Notfall zu verständigen sei – ebenfalls mit allen Kontaktdaten; und: besonders heikel – Bankverbindung mit allen Daten – allerdings nur bei ‚gewissen Visa-Anträgen‘.

Dass die Angabe eines Facebook-Kontos auf dem Formular als ‚optional‘ gekennzeichnet wurde, trug kaum zur Entspannung bei. Ein Immigrationssprecher sagte auf Anfrage des FARANG, er könne die Aufregung nicht verstehen. Es sei nur der Versuch, leichter mit Klienten in Verbindung treten zu können, insbesondere bei der Kommunikation künftiger Visabegehren. Ein Ausforschen privater Interkommunikation von Facebook- oder Twitter-Usern sei keinesfalls die Intention der Immigration, dafür habe man gar keine Personalkapazitäten.

Recherchen unserer Redaktion ergaben, dass in dem neuen umstrittenen Formblatt in der Tat kaum Informationen eingefordert werden, die den Immigrationsbeamten und dem thailändischen Staat nicht schon längst bekannt sind. In der Realität musste seit Jahren jeder seine persönlichen Daten umfassend und wahrheitsgemäß offenlegen, wenn er den Aufenthalt im Königreich über ein Touristenvisum hinaus verlängern wollte. Rentner und sonstige Residente im Alter über 50 Jahren können ein Jahresvisum erhalten, wenn sie mit Vorlage eines Bankbuchs und dort aufgeführten 800.000 Baht (mit Thai Verheiratete die Hälfte) Bonität nachweisen. Alle Bankdaten dazu sind gespeichert.

Wie sieht es mit der Angabe ‚häufig genutzter Bars und Einrichtungen‘ aus? Macht man sich mit solchen Angaben nicht zur wandelnden ‚Finde mich-Person‘ und unfrei im Land der Freien? – Auch dazu wiegelt der Immigrationssprecher ab: „Seien Sie ehrlich, eigentlich sind fast alle durch ihre Smarttelefone überall ortbar“, sagte er. „Weshalb seid ihr Westeuropäer so paranoid? Auf Facebook postet ihr alles freiwillig und vor uns habt ihr Angst…“

Der Mentalitätsunterschied zwischen westlichen Zuwanderern und den gastgebenden Thais ist signifikant. Während sich kaum ein Thailänder Gedanken über seinen Datenschutz macht, ist er insbesondere bei deutschsprachigen Residenten und bei Briten ein Teil des Seelengesamtpakets. Medienberichte der vergangenen Jahre mit erwiesenen Geheimdienst-Attacken gegen befreundete Länder haben dieses Gefühl verstärkt. Die Thais haben meist belustigt den Kopf über solche Meldungen geschüttelt und niemals die eigene Sicherheit in Gefahr gesehen.

Als allerdings vor wenigen Monaten die Mutter eines Rothemden-Sympathisanten nach einem Facebook-Eintrag und der ‚Gefällt mir‘-Bekundung wegen angeblicher Beleidigung der Monarchie zu einer langjährigen Haftstrafe durch ein Militärgericht verurteilt wurde, keimte bei Thai-Netzwerk-Usern die erste große Angst vor der Obrigkeit und Militärautorität auf. Wie sicher sind wir noch in sozialen Netzwerken? Waren wir überhaupt je sicher? Die Diskussion dauert an und hat auch Thailand erfasst. Viele sind mit politischen Kommentaren vorsichtig geworden. Ein Behördenformular mit persönlichen Fragen würde aber bis heute kaum ein Thailänder zurückweisen.

Wasser auf die Mühlen der Immigration-Kritiker und Formularskeptiker schüttete ein Fall auf Phuket vor wenigen Wochen. Antragsteller von Langzeitvisa erhielten erstmals die strittigen Formulare. Die Fragebögen waren auf Altpapier kopiert. Dumm nur, dass auf der Rückseite noch die Daten vorhergehender Antragsteller sicht- und lesbar standen. Zum Beispiel eine Passkopie von Herrn Müller aus Zürich mit seinem Geburtsdatum und der Ausweisnummer. Nach hämischen Medienberichten steuerte die Immigration Phuket um und ließ die Altpapierformulare – wohl als Sparmaßnahme eingesetzt – in Windeseile verschwinden.

Das Unbehagen vieler wegen der Fragebögen wird nicht nur wegen solcher Vorfälle bleiben. Tröstet es, dass die meisten Daten längst bekannt sind und nur mit bestehenden Informationen der Thaibehörden abgeglichen werden? Wäre es eine Erleichterung, die optionale Angabe über Facebook- und Twitter-Accounts zu verweigern? Und könnte es einem Antragsteller nachträglich Ungemach bereiten, wenn seine Lieblingsrestaurants Mc Donalds und Seven-Eleven heißen?

Den Gewissenskonflikt muss jeder für sich ausfechten. Die Immigration kennt fast alle Antworten. Nachvollziehbare Transparenz oder der vermeintliche Verlust persönlicher Unantastbarkeit sind gefühlte Welten, in denen die Thais und ihre Gäste leben. Die einen unbeschwert und die anderen nun vermutlich noch schlechter.

Quelle: Fotos: privat, Archiv

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Peter Platzer 15.11.16 15:35
@Sam Gruber
In welchem Thailand, Pattaya, Jomtien waren sie? Heute dauerte meine 90 Tagemeldung genau 4 Minuten! Ausweis abgeben, warten und Tschüß!
Franz Maier 13.07.16 02:54
@Schäufele andere Welt
oder hinterm Mond?
Winnetou Schäufele 12.07.16 17:34
90 Tagemeldung online gemacht!
Man lebt in 2-Welten!
Wolfgang Kurt 25.06.16 17:04
Die Kernfrage ist was mit unseren Daten geschieht
Ok, sie wissen sowieso das Meiste oder könnten es zumindestens relativ leicht ermitteln. Dann fragt man sich natürlich wozu sie es denn dann machen. Die Kontaktpersonen in den Immigrations befolgen sicherlich nur Anweisungen, aber was haben sich die dabei gedacht, die diese Anweisungen erteilt haben? Diese Gründe sollten mal näher untersucht werden, wobei es uns Normalbürgern aber kaum oder garnicht möglich sein wird.
Angst und Bange kann einem aber werden, wenn man wie letztes Jahr geschehen, über Datenlecks erfährt, bei den Tausende Datensätze über uns Farangs für jedermann offen zugänglich sind, oder man hier liest, das alte ausgefüllte Formulare zweifach verwandt werden, indem man für den nächsten Antragsteller einfach nochmal die Rückseite des Blattes verwendet. Als ich vor Jahren, als die Immigration an ihren jetzigen Standort in Jomtien verzog, unwissend die alten Büros aufsuchte, traf ich dort einige andere Farangs an, die offensichtlich auch nicht informiert waren. Das Entscheidende war jedoch, das die Türen zum Gebäude sperrangelweit offen standen und in allen Büros stapelweise alte Visaanträge mit allen Daten, Fotos und Anhängen auf dem Boden lagerten. Diese Unterlagen waren für jedermann offen zugänglich und im Prinzip hätte sich dort jeder die Taschen vollpacken können und es hätte niemanden gestört. Fazit ist meines Erachtens, wenn sie schon solch ein zusätzliches System einführen, dann muss auch geschult werden, wie mit den Unterlagen umzugehen ist





Siegfried Naumann 25.06.16 15:18
Im Westen nichts Neues.....
...und so auch in Thailand. Ich gebe zu, auch ich war negativ überrascht, als ich von der Ankündigung des 2-seitigen Formulars las. Daher habe ich mir die Datei heruntergeladen und Punkt für für Punkt durchgelesen. Am Ende verstand und verstehe ich die Aufregung nun nicht mehr. Ich bin Rentner, 64, und lebe seit 4 Jahren in Thailand. Die Behörden wissen wo ich wohne und kennen meine Bankverbindung. Sie kennen die Adress meines (ehemaligen) deutschen Wohnsitzes, sowie meine hiesige Telefonnummer und meine Emailadresse. Ich war mehrfach im gleichen Krankenhaus hier in Chiang Mai - und ich bin mir absolut sicher: Das wissen "die" auch schon. Was sie (noch) nicht wissen sind die Namen der Kontaktpersonen im Falle eines Notfalls. (Unfall oder dgl.) Und wenn sie wissen wollen, in welche Bars ich gehe, dann schreibe ich mir heute abend ein paar Namen von Bars in der Loi Kroh (Chiang Mai´s kleine Walkingstreet...) auf. Und dann können sie mich...... suchen....meinen Namen kennt dort sowieso keiner. Ich habe (fast) weltweit gearbeitet. Nirgendwo ist das Leben leichter zu leben als hier in Thailand. Dafür gebe ich gerne ein paar Daten offiziell preis, die inoffiziell den Behörden sowieso bekannt sind. Und wenn sie die Daten meines verstorbenen Vaters haben wollen, bitte schön.....
Mike Dong 25.06.16 15:18
@Sitting Bull
Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft. Wäre aber interessiert welches Ziel sie sich wählen, wo's summa summarum besser ist. Danke für die Info.
Rainer Stutz 25.06.16 15:17
ok - da wäre noch was ....
Auf dem Formular im i-net habe ich ausser dem optionalen Punkt (facebook etc..) nichts entdeckt, was ich nicht auch beim Jahresvisum "O" abgeben muss als Rentner (inkl. Bankkonto Nr, Betrag, Branch, usw.)
Wenn ich mir erlauben darf, wäre da eine Bitte an die Immigration Thailands, vor allem in Chiang Mai;
- Bitte bringt die 90 Tage online Meldung zum Laufen. Eine so gute Idee aber ich habe selbst habe es nicht geschafft sie zu nutzen, auch nicht meine Freund und ich habe auch noch nie einen Farang gefunden, wo es geklappt hat.
- Die 90 Tage Meldung per Post hat sichtlich auch seine Tücken. Sichtlich funktioniert diese nicht termingerecht (auch bei der vorgeschriebenen Abgabe vor 15 Tage vor dem Ablauf). Wenn man bei Ablauf persönlich vorspricht, so bekommt die "Antwort", es ist besser persönlich.....

Nach wie vor erachte ich die Immigration in Chiang Mai als völlig überlastet (leider). Zum zweitem Mal im Januar (Saison) waren selbst morgens um 04.30 schon "6 Thai's am Warten" für zahlende Ausländer. Es ist auch klar, ab 09.30 "full - see you tomorrow" Und selbst wenn man drankommt, um 09.00, den Pass bekommst dann um 14.00 ......dann geht das anstehen für das Multiple entry los :-)

Es geht mir hier effektiv um die Optimierung bei meinem Beitrag. Bei einer Ersterfassung mag das ja noch o.k. sein mit diesen Formularen vor Ort, aber die Immigration sollte echt Ihre Beamten schonen. Hier würden sicher viele Ausländer "mitarbeiten" und das Resultat wäre "gespeichert" :-) Danke
Sitting Bull 25.06.16 15:16
Einfach noch mal den Artikel genau lesen....
vor allem den Teil mit dem Altpapier. Das hab ich schon oefters gehabt in den letzten Jahren. Da war ALLES dabei , von Passkopien bis Landpapiere, Hausbuchkopien usw. Datenschutz? Das kann man hier voellig vergessen. DA meine Daten nicht geschuetzt oder gar Missbrauch zugaenglich sind, werden , werde ich sie auch nicht rausruecken. Wer Facebook nutzt ist eh selbst schuld. Mein privates Leben geht Niemanden was an. Das kann jeder halten wie er will......oder?
Sitting Bull 25.06.16 15:16
Lieber Herr Con Carne
Es sei Ihnen ungenommen devot jeden Eingriff in Ihre Privatsphaere hinzunehmen. Ich gehoere nicht zu diesen Menschen. Stellen Sie sich vor , sie haben einen selbst verschuldeten Unfall und man hat Zugriff auf die Hoehe Ihres Bankguthabens und weiss das Sie relativ viel Geld besitzen. Was glauben Sie wie dann Ihre Strafe berechnet wird? Was glauben Sie wie hoch dann der Schadensersatz ausfaellt? Mir ist lange bekannt, das es hier praktisch keinerlei Bankgeheimniss gibt. Ein Freund von mir war klamm und konnte 2 Monate seine Miete nicht bezahlen. Nicht mal ER wusste das Geld auf seinem Konto eingegangen war. An diesem Morgens. um 9 klopfte der Vermieter und meinte sein Cousin haette aus der Bank angerufen. Es waere jetzt Geld da und er solle doch gefaelligst seine Miete bezahlen. Er nannte auch den genauen Betrag. Das ist echt shocking. Seither habe ich meine Konten an verschiedenen Orten und NICHT an meinem Wohnort. Sowas wie Datenschutz scheint hier voellig unbekannt. Was jetzt verlangt wird KOENNTE durchaus zu Problemen bei wohlhabenderen Farangs fuehren.
Sitting Bull 24.06.16 19:46
Meine Bankdaten und Internetverbindungen.....
an die Immigration Samui? Im Leben nicht. Wir verlassen das Land. Das wars liebe Thais. Unsere Milliineninvestitionen bauen wir langsam ab hier. Genug ist genug.
Martin Con carne 24.06.16 19:46
warum nicht ??
ich verstehe die aufregung nicht ?

wenn man in der eu ein visum beantragt muss man weitaus mehr "heikle persönlichen Details" angeben als die hier provisorisch angegebenen Daten.

als ich für meine thai freundin das 1. mal ein visum beantragt habe, wollten die ALLES von UNS wissen und daher ist es nur logisch das sich auch thailand dazu entscheidet über seine residenten daten zu speichern und in zukunft " gezielt" fitern wird.

viele residenten wünschen sich doch "demokratie nach deutschem vorbild" hier, also dann dürfen wir uns nicht wundern wenn sich die thais in gewohnter art die rosienen aus dem kuchen picken !

ich finde das sie das recht gut anstellen und sich nichts nachagen lassen müssen.