Zwischen Impfbedenken und Vorbildwirkung

​Das veränderte Kimmich-Bild 

Bundesliga, Bayern München - TSG 1899 Hoffenheim, 9. Spieltag in der Allianz Arena. Joshua Kimmich von München steht nach dem Spiel auf dem Platz. Foto: Sven Hoppe/dpa
Bundesliga, Bayern München - TSG 1899 Hoffenheim, 9. Spieltag in der Allianz Arena. Joshua Kimmich von München steht nach dem Spiel auf dem Platz. Foto: Sven Hoppe/dpa

MÜNCHEN: Joshua Kimmich gilt als reflektierter Fußball-Profi. Seinen neuen Millionenvertrag handelte er ohne Berater aus. Viele sehen in ihm den Bayern- und DFB-Kapitän nach Manuel Neuer. Sein Nein zum Corona-Piks verpasst dem Bild vom Vorbild einen anderen Anstrich.

Joshua Kimmich gilt als besonders schlaues Kerlchen im Fußball-Business. Und das gar nicht mal deswegen, weil er einst in Stuttgart sein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,7 ablegte. Neulich etwa, als der Nationalspieler und Leistungsträger des FC Bayern beim Rekordmeister seinen neuen, bis 2025 verlängerten Millionen-Vertrag ohne die branchenübliche Hilfe eines Beraters ausgehandelt hatte, wurde der 26-Jährige dafür durchaus bewundert. Endlich mal ein mündiger, selbstbestimmter Spitzenkicker, ein «Vorbild-Profi», wie es in vielen öffentlichen Kommentaren hieß.

Und jetzt? Kimmich hat in einer Phase, in der die Impfquote in Deutschland stockt und die Corona-Infektionszahlen wieder rasant ansteigen, eingeräumt, nicht geimpft zu sein. «Ja, das stimmt.» Damit befeuerte er eine hitzige gesellschaftliche Debatte. Ist er beim Thema Impfen womöglich nur schlecht beraten? Oder hat er auch da auf kundige Beratung verzichtet? Oder hat er einfach nur Angst vor dem kleinen Piks? Fest steht: Impfen ist eine persönliche Entscheidung.

Kimmich aber ist ein Promi, ein exponierter Nationalspieler. Er gilt im Fußball als Wortführer, als Kapitän der Zukunft, in München und auch beim DFB-Team, das er erst zuletzt in Hamburg gegen Rumänien in Abwesenheit des angeschlagenen Torwarts Manuel Neuer mal wieder mit der Spielführerbinde am Arm ins Stadion führen durfte. Und Prominente sind eben nun mal Vorbilder - ob sie wollen oder nicht!

Von der Vereinsführung muss er zumindest keinen öffentlichen Druck fürchten, auch wenn Vorstandschef Oliver Kahn und Präsident Herbert Hainer sich klar für Impfungen aussprechen. «Letztendlich muss man das respektieren, wenn der eine oder andere eben eine andere Meinung hat», sagte Vorstandschef Oliver Kahn am Montagabend vor der Premiere der Doku-Serie «FC Bayern - Behind The Legend».

Auch Hainer wies einmal mehr auf die Bedeutung einer hohen Impfquote zur Bewältigung der Corona-Pandemie an, betonte aber auch: «Am Ende des Tages gibt es keinen Impfzwang bei uns. Es ist die Entscheidung eines jeden einzelnen, und das muss man akzeptieren.»

Kimmich schadet - vermutlich ungewollt - allerdings auch der Impfkampagne des DFB («Schiri, ich hab' schon Gelb»). Bundestrainer Hansi Flick agiert da ebenso in vorderer Reihe wie DFB-Kapitän Neuer. «Impfen ist unser sicherster und schnellster Weg zurück zur Normalität. Lasst ihn uns alle gemeinsam gehen», wirbt da Chefcoach Flick. Im Nationalteam geht ihn ausgerechnet ein Führungsspieler wie Kimmich nicht mit.

Kimmichs Aussagen im TV-Sender Sky nach dem Heimsieg der Bayern gegen Hoffenheim erweckten schon den Anschein, dass er sich mit dem Thema Corona-Impfung beschäftigt hat. Im Verein, in der Bundesliga und der Nationalelf ist Corona seit Frühjahr 2020 ein ständiger Wegbegleiter. Ohne Impfstoffe könnte auch Kimmich inzwischen nicht wieder in vollen Fußballstadien spielen. Sie sichern seinen Job und auch sein Gehalt.

Die Profis wurden umfangreich aufgeklärt. Kimmich hat Infektionen zumindest in seinem direkten Fußballumfeld unmittelbar miterlebt wie bei Thomas Müller oder seinem Kumpel Leon Goretzka. Aktuell befindet sich Bayern-Trainer Julian Nagelsmann - obwohl vollständig geimpft - nach einem Positivtest in häuslicher Isolation. Kimmich lässt sich lieber weiter regelmäßig testen. Er beruft sich bei seinen Bedenken auf «fehlende Langzeitstudien», womit er allerdings nach Angaben von Immunologen falsch liegt. Zudem versichert er: «Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst.» Und eine Impfung in Zukunft schließt Kimmich auch nicht ausdrücklich aus.

«Ich mag Spieler, die vorangehen und eine Meinung haben», sagte Bundestrainer Flick schon zu Bayern-Zeiten über die Leitfigur Kimmich. Der Mittelfeldspieler wirkt prägend, auf und neben dem Platz. Bayern-Chef Oliver Kahn äußerte sich nach dem erfolgreichen Vertragsabschluss mit Kimmich beeindruckt: «Was seine Verhandlungsqualitäten anbelangt, ist er wie als Spieler. Er hat genau gewusst, was er will, worauf er Wert legt. Das zeigt, dass er Verantwortung übernimmt, auch für sich selbst.» Und sein Umfeld?

«Werte» und «Verantwortung» - darum geht es in der aufgeladenen Corona-Debatte nun auch für Kimmich. Als Topstar der Fußballszene ist er ein Multiplikator. «Joshua Kimmich ist einfach ein Vorbild, zu ihm schauen Leute auf, ihm hören Millionen zu», sagte die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, am Montag bei Sky. Sie findet den Nationalspieler beim Thema Impfen «ganz schlecht beraten» und verweist auf eine «besondere Verantwortung» als Fußball-VIP. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert verwies auf die «Vorbildwirkung».

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, wies Kimmichs Bedenken hinsichtlich fehlender Langzeitstudien bei den Corona-Impfstoffen deutlich zurück. «Joshua Kimmich ist sicher ein ausgewiesener Fachmann in Fragen des Fußballs, aber kein Fachmann in Fragen der Impfung und der Impfstoffe», sagte Mertens der Deutschen Presse-Agentur. «Dennoch hat er mit seinen Bedenken einem Problem Ausdruck verliehen, das sicher bei manchen Menschen in unserer Gesellschaft so gesehen wird», fügte Mertens hinzu.

Klar ist: Impfen ja oder nein ist - ob bei Kimmich oder anderen ungeimpften Profis beim FC Bayern und in der Bundesliga - immer eine private Entscheidung. Sie muss nicht verstanden werden, aber sie muss respektiert werden. Klar ist ebenso, dass sie bei einer öffentlichen Person wie Kimmich ein gesellschaftliches Signal ist. Das Bild des Vorbild-Profis, der etwa für die mit Bayern-Kollege Goretzka ins Leben gerufene Hilfsinitiative «We kick Corona» gefeiert worden ist, erhält einen anderen Anstrich.

Kimmich muss damit leben, nun von Impfgegnern oder Politikern und Agitatoren als Symbolfigur instrumentalisiert zu werden, auch wenn er deren Gedankengut wohl nicht in sich trägt. Unterstützung für seine Impfskepsis erhielt er am Montag etwa von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. Er selbst bemerkte zu dieser Problematik: «Das finde ich in der Debatte ein bisschen schade. Nicht geimpft bedeutet dann oftmals gleich, dass man Corona-Leugner oder Impfgegner ist.»

Mit einem Piks könnte Kimmich - wie als Spielmacher auf dem Fußballplatz - das Corona-Spiel wieder in eine andere Richtung lenken. Alena Buyx nannte es wünschenswert, wenn er sich nochmal beraten lasse und «sich dann auch zur Impfung entscheidet. Das ist nicht nur für ihn selbst eine gute Sache, sondern auch für seine Mannschaft, seinen Verein und letztlich für uns alle.»

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ling Uaan 30.10.21 17:33
Khun Ole Bayern – bei allem Respekt,
aber Ihre Medienschelte ist mit Abstand das doofste was ich von Ihnen je gelesen habe. Wer die Regeln/Mechanismen der Medien nicht versteht oder akzeptiert sollte sich nie vor ein Mikrofon begeben bzw. drängen. Es gibt ja Leute die beantworten nur schriftlich eingereichte Fragen, wenn überhaupt.

Wenn das wirklich so schlimm wäre dann würde kein Sternchen mehr was sagen auf dem roten Teppich oder sonst wo. Die jungen Dinger z.B. bei Heidi Klum bekommen sogar ein Training wie sie mit Journalisten umgehen sollten und was sie da erwartet. Hat der FCB an der Ecke etwa gespart?

Was Sie als hinterfotzig bezeichne ist nichts anderes als einen vermeintlichen antivaxxer grillen. Glauben Sie mir, die würden auch jeden anderen antivaxxer grillen, einen prominenten allemal.

Ich wünsche Herr Kimmich bei den anstehenden Entscheidungen ein glücklicheres Händchen. Soll sich da mal den Özil als warnendes Beispiel nehmen, wie sowas enden kann. Gündoğan hat damals die Kurve gerade noch hinbekommen, Özil leider nicht.

Mein Rat: impfen und die Kuh ist vom Eis.

Just my five cents.
Ole Bayern 30.10.21 02:30
Herr Obermeier .....
... für Sie mag dies lächerlich sein , ok . Aber Eines sollte auch Ihnen klar sein, wenn nicht lesen Sie nach dem folgenden Satz einfach nicht weiter .
Jeder hat das Recht sich Impfen zu lassen oder eben nicht !!!!!
Und wenn ich etwas nicht Ernst meine in meinen Beiträgen, mache ich auch einen Hinweis hierzu !!!


So wollen Sie weiterlesen ?????



Dann ok ! Gehen Sie mal davon aus, daß der FCB weder Joshua Kimmich in Gefahr bringt aufgrund Corona, noch wird von Ihm Gefahr ausgehen.
Der FCB sorgt dafür 100 % , ich will und kann meine belastbaren Infos nur nicht hier breitreten.
Er hat das recht sich nicht impfen zu lassen, ob es anderen gefällt oder eben nicht !

So und nun zum Interview : Wenn ich zum Beispiel als Unternehmer bei einer Eröffnung eines Hauses oder Lokals etc. unvorbereitet von der Presse gefragt werde, was ich z.B. von einer Legebatterie für Hühner halte, werde ich auch ins Schwingen kommen, obwohl dieser Sachverhalt auch schon hinreichend jeden bekannt ist.
Es hat aber eben nur nichts mit der z.B. Einweihung des Bauwerkes zu tun. Dies nur als Beispiel.

Joshua wurde nach einem Fußballspiel ebenso, noch dazu wie ich bereits schrieb sicherlich mental nicht voll auf der Höhe nach der Anstrengung, gefragt, nach seiner Corona Impfung im Speziellen und Allgemeinen ,
Wie das Spiel selbst war, wollten die Journalisten gar nicht wissen...nein, Die wollten ihn - Joshua - auf´s Kreuz legen mit ihren hinterfotzigen Fragen . Und das ist eben nicht in Ordnung.

VG Ole
Ling Uaan 29.10.21 21:40
Khun Ole Bayern,
ich stimme Ihren Äußerungen weitestgehend zu - wieder einmal.

Aber das Herr Kimmich unvorbereitet war lass ich nicht durchgehen.
Hallo, wir impfen seit fast einem Jahr und da soll er zu dem Thema unvorbereitet gewesen sein - sie belieben zu bagatellisieren.
Ole Bayern 29.10.21 21:10
Herr Hasselhofer ...
.... es ist doch so genau gelaufen wie sich die Presse das so vorstellt . Joshua war unvorbereitet und hat das gesagt was er denkt und für richtig hält , und das nach einem Spiel mit womöglich noch genug Adrenalin intus.
Und was ist daraus geworden ? , hier u.a. im Forum kann man es ja nachlesen , ebenso in der Boulevardpresse in Deutschland .
Obwohl diese Presseleute u.a. selbst genug Dreck am Stecken haben , sie Reichelt von BILD.
Er - Joshua - wird verunglimpft , für doof hingestellt , und manche rücken ihn sogar in die rechte Ecke ... , obwohl die Meisten es nie erreichen werden , was er bereits schon erreicht hat mit seinen 26 Jahren .
Für mich ist es ein toller Kerl und begnadeter Fußballer , und dies nicht nur weil er beim FCB spielt.

Also ... Auflage erreicht " deutsche Qualitätspresse " ... bravo !!!!

So, ich habe fertig .... wieder einmal .

VG Ole
Jürgen Franke 29.10.21 16:50
Michael, auch Fußballer sind Menschen,
denen man es in einer Demokatie zugestehen muß, ihre Meinung äußern zu können. Leider ist nicht jeder Mensch so tolerant und läßt andere Meinungen zu.
Jürgen Franke 29.10.21 09:00
Michael, Kimmich hat Abitur
Siebert hat sich richtig informiert.
Josef Siebert 28.10.21 22:51
@michael meier
Man kann die Ansichten von Joshua Kimmich zwar infrage stellen, aber ihn als Mensch ohne Hirn und
Bildung abzustempeln ist nicht in Ordnung. Anscheinend hat er sein Abitur mit einem Notendurchschnitt
von 1,7 abgelegt. Das macht nicht jeder. Nachzulesen bei Wikipedia.
Ling Uaan 27.10.21 21:10
Leute
die Argumente sind ausgetauscht, die Positionen verhärtet.

Let's call it day.
Rudolf Lippert 26.10.21 21:00
Herr Berger
wir sind nicht nur heute, sondern seit einiger Zeit schon wieder soweit und werden immer soweiter. Wie war das nochmal? Warum ist das deutsche Grundgesetz entstanden? Alles wieder vergessen und fleissig weiter spalten, gegeneinander ausspielen und denunzieren. Presserecht einschränken und die Exekutive gibt die Macht an amerikanische Übermultis ab. M e i n u n g s-freiheit. Hallo. M e i n u n g Ist kein Fakt. Und trotzdem schlimm genug, dass freie Meinung verboten werden muss, in Spielarten, die letztlich zu diesem Ziel führen. Das beste Deutschland das es je gab... Haha. Und wer nicht laut lacht glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.
Horst Schumm 26.10.21 18:00
Herr Thomas Knauer, so unterschiedlich ...
ist die persönliche Wahrnehmung. Als Prof Bahkdi vor 18 Monaten die Wirkung der Spike-Proteine erklärte, war er noch der hochgeachtete erimitierte Professor, der 1000 Virologen als Thai in Deutschland zu besten Fachleuten ausgebildet hatte. Da er nicht die Regierungsmeinung vertritt, macht ihn jetzt logischerweise zu einem der extremen Schwurbler. Wie regierungshörig muss man sein, um Ihnen auf den Leim zu gehen.
Thomas Knauer 26.10.21 16:30
Herr Schumm, Bahkdi als Vertreter der extremen Schwurbler und vor allem der übelsten Art der Krisengewinnler hat sich durch die Diskrepanz von Reden und Handeln total ins Aus geschossen und seine Glaubwürdigkeit begraben.

Was Herr Kimmich tut oder nicht ist selbstverständlich seine Sache und ob er sich impfen lässt oder nicht hält die Gesellschaft sicher aus. Er kann es sich auch sicher leisten vor jedem Training oder Spiel seinen Test selbst zu zahlen.

Ich fände eine Impfpflicht besser um diese ganze Diskussionen zu vermeiden, ist sicher nicht allgemein umsetzbar, für gewisse Berufsgruppen wäre dies sicher jedoch machbar wie Frankreich, Italien und Griechenland zeigen. Fußballer gehören selbstverständlich nicht dazu
Horst Schumm 26.10.21 16:10
Freiwillig ist freiwillig, basta
Wir werden mal sehen, wie die Hetzkampagne weitergeht, wenn der "Tot-Impfstoff" zur Verfügung steht.
Prof Stöckert und Prof. Bahkdi werden ja auch als Verschwörungstheoretiker und Schwurbler verunglimpft, weil sie vor dem mRNA-Imstoff warnen, aber den Tot-Impfstoff bevorzugen.
Dr. Lauterbach will Joshua Kimmich ja wissenschaftlich "beraten", ich würde mich sehr darauf freuen, - besonders, wenn Kimmich mit Prof. Bahkdi als seinem Berater auftauchen würde. Das wäre mal ein Medien-Hype, nur den wird sich die deutsche Öffentlichkeit nicht zutrauen.
Die ganze Pandemie ist ist doch nur ein Mittel, massiv Werte von Arm zu Reich zu verschieben, wenn man den "Wolf of Wallstreet" dazu hört.
Bin gerne bereit, dieses komplette Thema mal breiter in Pattaya zu vertiefen.